Hat in Norwegen überzeugt: die U-Boot-Klasse 212 A – hier U 35 während der Indienststellung am 23. März 2015 in Eckernförde: Norwegen hat eine Zusammenarbeit mit Deutschland beschlossen, die weit über den Kauf solcher Boote hinausgeht. Foto: dpa

Nach 25 Jahren Schrumpfkur und Total-Optimierung auf Auslandseinsätze hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen der Bundeswehr eine neue Richtung gewiesen. Die ersten Ergebnisse werden deutlich sichtbar. Und am 8. März spricht sie beim Treffpunkt Foyer unserer Zeitung darüber.

Stuttgart/Berlin - Pauken und Trompeten des Marinemusikkorps schmetterten den Marsch-Klassiker „Gruß an Kiel“. Flaggen flatterten flott im Wind. Rainer Brinkmann, Befehlshaber der Flotte und stellvertretender Inspekteur der Marine, schritt die Ehrenformation ab und richtete ermutigende Worte an die deutschen U-Boot-Fahrer, sprach von einem „Tag der Freude für die Marine“. Kurzum: Der 10. Oktober 2016, an dem die Bundeswehr mit U 36 im schleswig-holsteinischen Eckernförde das vorläufig letzte von sechs Unterseeboten der Klasse 212 A in Dienst stellte, war in der Tat so etwas wie ein kleiner Marine-Feiertag. Und ein weiteres Signal: Die Bundeswehr wächst wieder und sie beschreitet neue Wege.

Nach 25 Jahren Schrumpfkur und weitestgehender Ausrichtung auf Einsätze in fernen Ländern sind Landes- und Bündnisverteidigung wieder in den Mittelpunkt gerückt. Einer der Planer von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) drückt es so aus: „Wir haben uns von dem Gedanken verabschiedet, hinter irgendwelchen möglichen Einsatzszenarien herzurüsten, weil das zu langsam, zu unsicher und zu teuer ist und den aktuellen und absehbaren Bedrohungen weniger als zuvor entspricht.“ Jetzt strebe die Bundesregierung eine Grundstruktur des Militärs an, „die vor allem den Aufgaben genügt, die wir in Nato und EU übernommen haben.“ Darüber hinaus müsse es möglich sein, aus dieser Struktur passgenaue Einsatzpakete zusammenzustellen, wie die derzeit mehr als 1000 Soldaten, die im afrikanischen Mali im Einsatz sind.

Eher beiläufige Erwähnung fand während der Indienststellung von U 36 im Oktober, dass man immer noch auf eine Zusammenarbeit mit Norwegen im Bereich U-Boote der Klasse 212 A hoffe. Doch nichts sei beschlossen. Das hat sich geändert: Am 3. Februar kündigte Verteidigungsministerin Ine Eriksen Söreide an, dass sich Norwegen nach zehn Jahren Orientierung für Deutschland als „strategischen Partner für neue U-Boote“ entschieden habe. Ihr aufschlussreichster Satz: „Es ist auf allen Ebenen klar gesagt worden, dass das Allumfassende des Angebots ausschlaggebend sein wird.“

Sogar neutrale Staaten erwägen Formen militärischer Zusammenarbeit mit Deutschland

Damit war erklärt, warum Frankreich als Mitbewerber unterlegen ist. Die Franzosen hatten in den Vordergrund gerückt, U-Boote an die Nordeuropäer zu verkaufen. Der rüstungspolitische Aspekt – die Boote sollen von Thyssenkrupp Marine Systems gebaut werden, mindestens zwei davon für die deutsche Marine – spielt selbstverständlich auch auf deutscher Seite eine große Rolle. Aber ähnlich große Bedeutung hat der Ansatz, möglichst große Teile der Logistik, der Ausbildung, der Bewaffnung und Instandsetzung bis ans Ende des Verwendungszyklus dieser Boote gemeinsam zu betreiben, die zwischen 2025 und 2030 geliefert werden sollen. Mit zwei herausragenden Zielen: Kosten drücken und einen möglichst hohen gemeinsamen Ausbildungsstand erreichen, weil der die beste Voraussetzung ist für gemeinsame Einsätze. Das kam in Norwegen an. Und es steht für die neue Entwicklungsrichtung der Bundeswehr:

Kostendruck, Schuldenkrise und ein in vielen Nato-Ländern ähnliches Verständnis von den sicherheitspolitischen Herausforderungen, die vor den Bündnispartnern liegen, machen eine erstarkende und sich weiter öffnende Bundeswehr für die Armeen der Partner attraktiv. Inzwischen erwägen sogar neutrale Staaten Formen von militärischer Zusammenarbeit mit Deutschland, wie Norwegen sie gerade beim Thema U-Boote in Angriff nimmt.

Worum es in der Rüstungszusammenarbeit geht, hat von der Leyen vergangene Woche deutlich gemacht, als sie ankündigte, dass Norwegen und Deutschland – diesmal unter norwegischer Führung – die Schiff-Schiff-Rakete Naval Standard Missile weiterentwickeln und beide Länder diese dann beschaffen werden. Das zeige, „dass eine wirkliche gemeinsame Entwicklung und Beschaffung von gleichen Waffensystemen möglich ist“, so die Ministerin.

Im Einsatz funktioniert nur selten etwas, das vorher nicht geübt wurde

Wenn, wo immer möglich, die gemeinsame Ausbildung hinzukommen soll, beschert das der Bundeswehr zusätzliche Aufgaben. Schließlich bedeutet ein solches Konzept auch, dass deutsche Verbände Soldaten kleinerer Bündnispartner möglichst intensiv in den Standard-Übungsbetrieb integrieren. Weil im Einsatz selten funktioniert, was vorher nicht gemeinsam geübt wurde.

Vieles entwickelt sich derzeit in diese Richtung, die Bundeswehr liegt auf Kurs. Aber sie ist noch keineswegs angekommen. Zwar steigen die möglichen Rüstungsinvestitionen vom vergangenen zu diesem Jahr um elf Prozent von 5,4 Milliarden auf sechs Milliarden, von 2015 bis 2020 gar um 66 Prozent von fünf auf 8,3 Milliarden Euro. Aber es stellt die Bundeswehr vor gewaltige Herausforderungen, dieses Geld jeweils rechtzeitig in sinnvolle Projekte zu kanalisieren. Um eine Größenordnung zu nennen: Zum Stichtag 12. Dezember 2016 hatte das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr im Jahr 2016 413 000 Aufträge an die Privatwirtschaft vergeben. Die wollen alle gesteuert, geprüft und betreut sein.

Noch anspruchsvoller gestaltet sich die Aufgabe, in ausreichender Zahl das passende Personal zu finden für eine Bundeswehr, die wieder erstarken und wieder stärker auf ihre Kernaufgaben konzentriert sein soll. Die Forderung nach 7000 zusätzlichen militärischen und 4400 zivilen Stellen bis 2023 ist das eine. Das andere ist die Möglichkeit, diese Stellen zu besetzen. Zumal die Stimmen lauter werden, die sagen, auch dieser Zuwachs reiche nicht. Und wenig geht im Personalbereich auf die Schnelle. Braucht die Bundeswehr in 20 Jahren einen Bataillonskommandeur, muss sie heute die geeignete Frau oder den geeigneten Mann finden und einstellen.

Ministerin kommt zum Treffpunkt Foyer.

Die Investitionen in marode Kasernen, neue Jobangebote, mobiles Arbeiten und Kinderbetreuung inklusive – all das zielt darauf, dass die Bundeswehr ihren Kurs halten kann. Wie sie an ihr Ziel kommen will – das können Leser unserer Zeitung am 8. März aus erster Hand erfahren: Dann wird die Ministerin Gast sein auf dem Podium von Treffpunkt Foyer in der Stuttgarter Liederhalle. http://www.stn.de/foyer