So richtig glücklich sehen Angela Merkel und Horst Seehofer nicht miteinander aus auf diesem Bild. Beide wollen jedoch „konstruktiv“ in die gemeinsamen Gespräche gehen. Foto: dpa

Bevor es zu Koalitionsgesprächen mit FDP und Grünen kommen kann, müssen CDU und CSU sich erst untereinander einig werden. Dieses Wochenende kommt es zum Showdown.

Berlin - Am Sonntag soll der Startschuss für die erste schwarz-gelb-grüne Jamaika-Koalition auf Bundesebene fallen. So jedenfalls sieht das optimale Szenario auf Seiten der CDU von Kanzlerin Angela Merkel aus: Bei einem Treffen im Berliner Konrad-Adenauer-Haus mit der bayerischen Schwester CSU, voran deren Chef Horst Seehofer, sollen unionsinterne Unstimmigkeiten beiseite geräumt werden. Im Anschluss würden FDP und Grüne zu Sondierungsgesprächen eingeladen und noch vor der Niedersachsen-Wahl am 15. Oktober Zeitpläne und Delegationen bestimmt – um direkt nach der Landtagswahl loslegen zu können.

Duellanten mit konträren Vorstellungen

Die Zusammenkunft mit offenem Ende beginnt um 12 Uhr mittags – high noon sozusagen. Wie im Western stehen sich dabei zwei Duellanten mit konträren Vorstellungen gegenüber. Die vom Wähler noch stärker als die CDU abgestrafte CSU will ihre profilbildenden Positionen mehr denn je in einem Koalitionsvertrag verankern. So geht es am Sonntag auch um die Rente, speziell die Mütterrente, um Europas Zukunft, die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und – natürlich – die Obergrenze.

Der Streit um die von Seehofer geforderte und von Merkel abgelehnte Jahresmaximalzahl von Flüchtlingen entzweit die Union seit bald zwei Jahren, im Wahlkampf wurde der Zwist ausgespart, vor den Koalitionsverhandlungen ist er, wie zu erwarten war, wieder aufgebrochen. Seehofer wäre mit klar definierten europäischen „Kontingenten“ zufrieden – eine Antwort auf die Gretchenfrage, was mit dem grundgesetzlich garantierten Asylanspruch passiert, wenn die Obergrenze überschritten wäre, gibt es aber immer noch nicht. „Ich bin ganz sicher, dass CDU und CSU geschlossen in die Verhandlungen gehen werden“, meint Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth optimistisch: „Die Zuwanderung muss dauerhaft auf ein Maß begrenzt sein, das die Integrationsfähigkeit unseres Landes nicht überschreitet. Die von der CSU genannte Obergrenze von 200 000 ist nach meiner Auffassung keine trennscharfe Grenze, sondern ein Ziel, das es durch einen strengen Maßnahmenkatalog zu sichern gilt.“

Merkle und Seehofer suchen einen Kompromiss

In mehreren Telefonaten der vergangenen Tage haben Merkel und Seehofer einen Kompromiss gesucht, möglich, dass die Kanzlerin am Samstag beim Jahrestreffen der Jungen Union in Dresden erste Hinweise darauf gibt. Ein Vier-Augen-Gespräch mit Seehofer vor der großen Runde am Sonntag soll dann die erhoffte Einigung bringen – so wurde es gegenüber dieser Zeitung im Kanzleramt und in der Münchner CSU-Zentrale bestätigt. Eine einheitliche Linie der Chefs soll auch Kanzleramtschef Peter Altmaier, Finanzminister Wolfgang Schäuble, Fraktionschef Volker Kauder und Generalsekretär Peter Tauber auf Seiten der CDU sowie Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Bayerns Innenminister Joachim Hermann, Generalsekretär Andreas Scheuer und Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer auf CSU-Seite überzeugen.

Alle wollen konstruktiv sein

Beide Seiten versichern, „konstruktiv“ in die Vorgespräche mit der Schwesterpartei und anschließende Koalitionsverhandlungen gehen zu wollen. Dass Dobrindt gerade gegen den potenziellen grünen Partner gegiftet hat, wird dabei als Taktiererei gewertet, um den Preis hochzutreiben. „Wir werden nicht nur so tun, als ob wir verhandeln und heimlich mit einer Rückkehr zur großen Koalition liebäugeln“, heißt es aus Seehofers Umfeld: „Wenn eine Einigung inhaltlich möglich ist, wird die CSU nicht eine Regierung für Deutschland verhindern.“ Eine Einigung um jeden Preis soll es am Sonntag aus Münchner Sicht aber nicht geben: „Entscheidend ist der Inhalt und nicht, ob es zwei oder drei Wochen länger dauert.“