Im Kloster Banz: Viktor Orban und Horst Seehofer. Foto: dpa

Die CSU gibt dem ungarischen Regierungschef und Zaunbauer Viktor Orbán die Gelegenheit, seine Sicht der Flüchtlingslage darzustellen. Der Empfang ist freundschaftlich.

Banz - Auf dem Plakat ist der ungarische Stacheldraht an der Grenze zu Serbien abgebildet, dahinter drängen sich Flüchtlinge. Daneben steht: „Herr Seehofer: Ist das Ihr Vorbild für Bayern?“ Bayerns Grüne, die SPD, Gewerkschaften und auch die Katholische Jugend haben dazu aufgerufen, am oberfränkischen Kloster Banz zu demonstrieren. Denn die CSU empfängt an diesem Tag den umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán als Gast der Klausurtagung der Landtagsfraktion.

Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Anton Hofreiter, kritisiert, dass Orbán von CSU-Chef Horst Seehofer „hofiert“ werde. Orbán steht innerhalb der EU mit seinem nationalistischen Kurs, mit seinem Zaun und Wasserwerfereinsätzen gegen Flüchtlinge und mit seinem zweifelhaften Demokratieverständnis am Pranger.

Nicht so beim bayerischen Ministerpräsidenten, der den „lieben Viktor“ bei der Pressekonferenz nach den Gesprächen begrüßt. Er sei „froh und dankbar“, dass dieser gekommen sei, sagt Seehofer. Orbán bemühe sich „außerordentlich“, um gegen die „chaotischen Verhältnisse in Europa und den Ausnahmezustand in Deutschland und in Bayern vorzugehen“. Diese seien „durch eine deutsche Entscheidung“ verursacht worden – eine offene Attacke gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bereits am Vortag hatte Seehofer in einer Grundsatzrede erklärt, die Bundesregierung sei schuld an dem „Chaos“.

Orban pocht auf ungarischen Weg

Orbán wiederum gibt den entschlossenen Staatschef. Er sei ein „Grenzschutzkapitän“, sagt der 52-Jährige. Der europäische Schengen-Raum müsse an den Außengrenzen gesichert werden, das sei geltende Rechtslage. Ohnehin macht Orbán deutlich, dass er die Dinge ganz anders sieht als die Bundesregierung. Von Merkel und anderen flüchtlingsfreundlichen Politikern verlangt er, dass sie „keinen moralischen Imperialismus“ ausüben: So jedenfalls empfindet er deren Forderungen nach Humanität. Wie Deutschland sich entscheide, sollte nur für Deutschland gelten. „Wir sind Ungarn.“

Und: „Ungarn möchte keine Änderung aufgrund massenhafter Einwanderung. Wir wollen uns nicht ändern.“ Man müsse den Menschen helfen, zu Hause zu leben, meint Orbán. Das sei für ihn „christliche Verantwortung“. Denn „jeder gehört dorthin zurück, von wo er weg musste“. Seine Ablehnung fester Flüchtlingsquoten begründete er mit einem etwas seltsamen Vergleich: Wenn wegen eines kaputten Rohres Wasser in die verschiedenen Zimmer eines Hauses eindringe, habe die Debatte keinen Sinn, wie viel Wasser wohin fließen soll. Vielmehr müsse das Rohr dicht gemacht werden.

Die Stimmung beim Treffen der Landtagsfraktion mit Orban in Kloster Banz wird von einem Teilnehmer als „freundschaftlich und anständig“ beschrieben. Aus der Fraktion gibt es vier, fünf unverfängliche Fragen an Orban. „Man muss jetzt nicht restlos zufrieden sein“, sagt als Fazit der CSU-Abgeordnete Oliver Jörg über den Besuch.

CSU hinter Seehofer

Hochrangige CSU-Politiker stellen sich in Kloster Banz allesamt hinter Horst Seehofer. Es werde „mehr Zäune geben müssen“, sagt etwa Manfred Weber, Vorsitzender der christdemokratischen EVP-Fraktion im EU-Parlament und designierter CSU-Vize. Bayerns Finanzminister Markus Söder verlangt von Merkel ein Signal, „dass sie die Sorgen der Menschen ernst nimmt und nicht nur die der Flüchtlinge“.

Orban ist sehr gut mit der CSU verbandelt. Er trägt den „Franz-Josef-Strauß-Preis“ der parteinahen Hanns-Seidel-Stiftung. Er ist mit Edmund Stoiber befreundet, er kennt Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Deutlich kritische Stimmen gibt es aber an der CSU-Basis – vor Ort, wo man sich bemüht, die neu ankommenden Flüchtlinge ordentlich und menschenwürdig zu behandeln. Über die Orban-Einladung sagt etwa der Leiter eines Ortsvereins: „Es war eine abstruse Idee, sich mit dem an einen Tisch zu setzen.“ Dieser sei ein Menschenverächter, „mit dem ich nicht einmal zusammen im Bus ins nächste Dorf fahren würde“.