Vor dem EU-Sondergipfel zur Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron nachdrücklich zur Lieferung von Kampfjets gedrängt.
Vor dem EU-Sondergipfel zur Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron nachdrücklich zur Lieferung von Kampfjets gedrängt. Die militärische Ausrüstung müsse „so schnell wie möglich“ geliefert werden, sagte der ukrainische Staatschef bei einem Dreier-Treffen in Paris. Scholz und Macron gingen auf die Forderung nicht ein - diese dürfte aber den am Donnerstag startenden EU-Gipfel bestimmen, an dem auch Selenskyj teilnimmt.
„Es ist nur noch wenig Zeit“
Je eher die ukrainische Piloten Flugzeuge bekämen, „desto schneller wird diese russische Aggression enden und wir können zum Frieden in Europa zurückkehren“, sagte Selenskyj im Elysée-Palast. „Es ist nur noch wenig Zeit.“ Scholz und Macron gingen auf die Kampfjet-Forderung nicht ein, versicherten der Ukraine aber ihre andauernder Unterstützung.
Deutschland stehe „eng an der Seite der Ukraine“, betonte der Bundeskanzler. Kiew werde so lange unterstützt, „so lange es nötig ist“. Macron versprach Selenskyj, Frankreich werde der Ukraine zum Sieg im Kampf gegen die russische Invasion verhelfen. Frankreich sei „entschlossen“, die Ukraine bei der „Wiederherstellung ihrer legitimen Rechte“ zu unterstützen. Paris werde sich „weiter bemühen“, Waffen an Kiew zu liefern.
Selenskyj spricht im Westminster Hall
Zuvor hatte Selenskyj bereits in London um Kampfjets geworben. „Ich richte an Sie und die Welt den Appell (...) für Kampfflugzeuge für die Ukraine, Flügel für die Freiheit“, sagte er in der Westminster Hall vor Mitgliedern beider Parlamentskammern. Nach seiner Rede vor dem Parlament wurde Selenskyj von König Charles III. im Buckingham-Palast empfangen.
Die britische Regierung kündigte im Zusammenhang mit Selenskyjs Besuch an, dass sie eine Ausbildung für fortgeschrittene ukrainische Kampfjet-Piloten anbieten werde. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj sagte dann Premierminister Rishi Sunak, bei der britischen Militärhilfe für die Ukraine sei „nichts vom Tisch“. Auch Kampfjets seien „Teil der Gespräche“ gewesen.
Nach diesen Ankündigungen warnte die russische Botschaft in London vor einer „blutigen“ Eskalation. „Russland wird eine Antwort finden auf jeden unfreundlichen Schritt durch die britische Seite“, hieß es in einer von russischen Medien verbreiteten Erklärung. Sollte London Kampfflugzeuge liefern, dann wäre es verantwortlich für die „blutige Ernte“ sowie die „militärischen und politischen Konsequenzen für den europäischen Kontinent und die ganze Welt“.
Scholz reist mit klarer Botschaft nach Brüssel
Es waren die ersten Besuche Selenskyjs in London und Paris seit Beginn des russischen Aggressionskrieges in seinem Land vor knapp einem Jahr. Am Donnerstag wird er in Brüssel erwartet, wo ein zweitägiger EU-Sondergipfel über weitere Ukraine-Hilfen stattfindet.
„Es ist ein starkes Signal, dass der (ukrainische) Präsident persönlich an diesem ersten Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in diesem Jahr teilnimmt - ein Signal der europäischen Solidarität und Gemeinschaft“, betonte Scholz in Paris. Er selbst reise mit einer ganz klaren Botschaft nach Brüssel: „Die Ukraine gehört zur europäischen Familie.“
Zweite Auslandsreise von Selenskyj
Deutschland lehnt es derzeit ab, Kampfflugzeuge an die Ukraine zu liefern. SPD-Parteichef Lars Klingbeil warb vielmehr am Donnerstag für diplomatische Initiativen zur Beendigung des Krieges. „Mich ärgert, wie in der politischen Debatte der Begriff der Diplomatie oftmals fast verächtlich gemacht wird“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zugleich bekräftigte Klingbeil das Nein Deutschlands zu Kampfjet-Lieferungen und warnte davor, „dass sich die Debatten über Waffenlieferungen überschlagen“.
Selenskyjs Reise durch Westeuropa ist - nach einem Besuch in Washington - seine zweite Auslandsreise seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar 2022. Die ukrainische Führung fürchtet rund um den Jahrestag der Aggression in zwei Wochen eine neue Großoffensive der russischen Armee.