Der türkische Staatspräsident Erdogan empfängt Bundeskanzlerin Merkel in Istanbul. Foto: dpa/Guido Bergmann

Die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara waren nicht immer einfach. Das zeigte sich auch beim Abschiedsbesuch von Kanzlerin Angela Merkel. So gab es vom türkischen Staatspräsidenten einen ganz besonderen Rat.

Istanbul - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei ihrem Abschiedsbesuch in der Türkei auf zahlreiche unbewältigte Konflikte im deutsch-türkischen Verhältnis hingewiesen – vom Thema Menschenrechte über Migration bis zu Deutschen in türkischer Haft. „Wir haben hier noch eine Menge Schwierigkeiten zu überwinden“, sagte die scheidende Regierungschefin in Istanbul. „Dafür haben 16 Jahre nicht ausgereicht“.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wünschte Angela Merkel alles Gute – und empfahl den Deutschen sein Präsidialsystem. Mit der Bundeskanzlerin habe er sich stets verstanden, sagte er. Die deutschen Koalitionsregierungen hätten die Verständigung allerdings erschwert; ohne Koalitionspartner wären die deutsch-türkischen Beziehungen unter Merkel noch viel besser gewesen. Die Türkei habe solche Probleme nicht mehr, seit sie das Präsidialsystem eingeführt habe. Merkel lehnte den Rat ab: „Wir haben keine Absicht, ein Präsidialsystem einzuführen, und trotzdem wollen wir gute Beziehungen mit der Türkei.“

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Aus Erdogans Kritik an den Berliner Koalitionen sprach seine Befürchtung, dass er es mit Deutschland künftig schwerer haben wird. Merkel und Erdogan arbeiten seit dem Amtsantritt der Kanzlerin zusammen. Beide betonten nach ihrer mehrstündigen Begegnung ihr gutes Arbeitsverhältnis. Das habe auch dann gegolten, „wenn es Meinungsverschiedenheiten gab und gibt“, sagte Merkel. Das gemeinsame Gespräch über schwierige Fragen lohne sich.

So sprach Merkel Erdogan auf die inhaftierten Bundesbürger in der Türkei an. Einige Fälle habe man im Laufe der Zeit durch Gespräche lösen können, sagte Merkel, auch wenn immer wieder neue dazu kämen. Wenige Tage vor ihrem Besuch war ein weiterer Deutscher von einem türkischen Gericht wegen Äußerungen in sozialen Medien zu einer Haftstrafe verurteilt worden. „Alles in allem würde ich sagen, die Gespräche haben sich ausgezahlt“, sagte die Kanzlerin.

Merkel betont die gegenseitige Abhängigkeit

Auch in anderen Fragen sei der Dialog der richtige Weg, sagte die Kanzlerin. Beide Länder seien geostrategisch voneinander abhängig. Als Beispiele nannte sie die Lage in Afghanistan: Die Türkei und Deutschland hätten ein gemeinsames Interesse daran, eine Massenflucht zu verhindern. Beim EU-Gipfel in dieser Woche will sich Merkel für eine Anschlussregelung für den Flüchtlingspakt von 2016 einsetzen.

Erdogan sagte bei Merkels zwölftem Türkei-Besuch, er habe mit der Kanzlerin „schwierige Zeiten“ durchgestanden. Er habe die Hoffnung, dass sie nach ihrem Abschied aus dem Kanzleramt in der internationalen Politik aktiv bleiben werde.