Wenn sich der Schlitten des Anhängers in den Boden fräst, ist das Geschick des Fahrers gefragt. Foto: Frank Eppler

Nach zwei Jahren Pause fuhren die Traktorenfans auf dem Bittenfelder Böllenbodenhof wieder um die Wette. Ein eindrucksvolles Event.

Ein Fleischbrot mit Zwiebeln zum Frühstück, dazu ein kühles Bier, ein bisschen Dieselduft und ganz viel satt tuckernder Motorenlärm: Wer zum Treckertreff auf den Böllenbodenhof zwischen Bittenfeld und Leutenbach kommt, der freut sich auf genau diese Mischung.

Vor etwas mehr als 30 Jahren haben sich hier ein paar Traktorfahrer nach der Ernte getroffen, um aus Spaß nach amerikanischem Vorbild schwer beladene Anhänger über ein abgeerntetes Stoppelfeld zu ziehen. Aus der spontanen Gaudi ist inzwischen ein professionell organisiertes Fest geworden, für das sogar eigens ein Verein gegründet worden ist – das Trecker Team Bittenfeld. Zu dem Treckertreffen Ende August kommen inzwischen mehr als 100 Teilnehmer und mehrere Tausend Zuschauer aus ganz Baden-Württemberg. Wie viele es dieses Jahr sein werden, kann Organisator Bernd Brudermüller am Sonntagmorgen noch gar nicht sagen – denn kommen darf jeder, anmelden muss sich keiner.

Das Ziel ist es, überhaupt ins Ziel zu kommen – mit einem „Full Pull“

Auf zwei Bahnen treten die Traktorpiloten gegeneinander an. Das Ziel ist nicht etwa, die gut 75 Meter so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Das Ziel ist, überhaupt anzukommen – dann sprechen die Eingeweihten von einem sogenannten Full Pull. Denn die Traktoren müssen einen langen Anhänger ziehen, der zusätzlich mit einem Schlitten versehen ist. Die Kunst ist also, das Gas so zu dosieren, dass sich dieser Schlitten möglichst nicht in den Boden gräbt. Das war am Sonntag nicht gerade einfach: Der steinharte Boden war am Vortag durch einen Gewitterregen angefeuchtet worden, bei dem es zwölf Liter geregnet hatte. Aus Sicht von Organisator Bernd Brudermüller ideale Bedingungen: „Der Boden ist hart, aber nicht so trocken, dass es staubt“, freut er sich.

Horst Blatt tut sich mit seinem zierlichen Kramer, Baujahr 1955, trotzdem schwer. Im ersten Durchgang schafft er 13 Zentimeter. Im zweiten Lauf bringt er es auf 37 Zentimeter. „Heute läuft es schlecht“, sagt der Rentner, der im Hauptberuf Rollladenmonteur war und den Traktor wegen seiner Nebenerwerbslandwirtschaft besitzt. Er ist ein Teilnehmer der ersten Stunde – am Wochenende ist er zum dreißigsten Mal mit seinem elf PS starken Oldtimer von Hohenacker nach Bittenfeld getuckert.

Dass er die Reise nur gemacht hat, um am Ende weniger als einen Meter weit zu kommen, das macht ihm rein gar nichts aus. „Dabei sein ist alles“, lacht der 82-Jährige. Für den Moderator ist er ein Held: „Horst Blatt ist die treueste Seele, die der Trecker Treck kennt“, ruft er.

Bejubelt wird auch, wer gar nicht erst vom Fleck kommt

Auch die Zuschauer bejubeln nicht nur jene Starter, die es schaffen, bis ins Ziel zu kommen. Das Trecker Team Sontheim beispielsweise hat einen Pritschenwagen mitgebracht, den sie zu einer eigenen Tribüne umfunktioniert haben – mit einer Plane als Sonnenschutz, Trittleiter und ausrangierten Sesseln zum Sitzen. Als Tisch dienen Bierkisten. Und angefeuert wird auch, wer sich mit seinen Reifen sofort in den Boden gräbt und gar nicht erst vom Fleck kommt. „Wir kommen schon jahrelang hierher“, sagt der 70-jährige Nebenerwerbswinzer Josef Bauer. Zehn Sontheimer Schlepper sind dabei – und einen davon fährt Bauers Enkel.

Ist es zeitgemäß, nur zum Spaß Treibstoff zu verblasen – obwohl ganz Deutschland gerade versucht, 20 Prozent Energie einzusparen? Diese Kritik hört Bernd Brudermüller nicht zum ersten Mal. Und er versteht sie sogar. Trotzdem hält er sie für falsch. „Solange eine Formel 1 und eine Fußballweltmeisterschaft in Katar stattfinden dürfen, muss man uns nichts verbieten“, antwortet Brudermüller diesen Kritikern. Er zeigt auf das Fahrerlager. „Das hier sind die Leute, die alles am Laufen halten in der Landwirtschaft.“ Das Treffen sei das erste seit drei Jahren. „Die Leute brauchen das, die müssen jetzt einfach mal raus.“ Das merkt er nicht nur bei den Besuchern, sondern auch daran, dass er keine Probleme hatte, Helfer zu finden. Gut 150 Leute packen mit an – und das, obwohl sie alle auch noch in anderen Vereinen aktiv sind.