Zahlreiche Menschen haben an dem Trauermarsch für den vor knapp einer Woche in Offenburg getöteten Arzt teilgenommen. Foto: dpa

Knapp eine Woche nach dem gewaltsamen Tod eines Arztes sind Hunderte Menschen zum Gedenken durch Offenburg gezogen. Sie legten Blumen nieder und distanzierten sich von Versuchen, die Tat zu instrumentalisieren. Der Innenminister schickt derweil mehr Polizei.

Offenburg - Knapp eine Woche nach dem gewaltsamen Tod eines Arztes in Offenburg haben zahlreiche Menschen bei einem Trauermarsch durch die Stadt des Getöteten gedacht.

Rund 130 Menschen versammelten sich am Mittwochnachmittag an einer Flüchtlingsunterkunft, entlang der Strecke kamen etwa noch einmal doppelt so viele dazu, so dass sich bis zu 400 Menschen an dem Gedenken beteiligten. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer auf etwa 300.

Vor der Praxis des 51-Jährigen, der am vergangenen Donnerstag erstochen worden war, verharrten die Teilnehmer minutenlang schweigend und legten Blumen und Kerzen nieder. Eine Nachbarin und Kollegin des Getöteten spielte dazu auf dem Cello Bachs Solo Suiten.

Um das Sicherheitsgefühl der Menschen zu verbessern, schickte das Innenministerium zusätzlich eine achtköpfige Einsatzgruppe der Polizei nach Offenburg. „Damit reagieren wir umgehend - auch auf die Sorgen und Bedürfnisse der Bevölkerung, die nach dem Tötungsdelikt an einem bekannten Arzt in Offenburg an das Polizeipräsidium herangetragen wurden“, sagte Innenminister Thomas Strobl. Damit stehen der Offenburger Polizei nun zwei Einsatzgruppen für verstärkte Präsenz an Brennpunkten zur Verfügung.

Prüfung von Videoüberwachung an Brennpunkten

Oberbürgermeisterin Edith Schreiner (CDU) begrüßte die Ankündigung Strobls. Sie habe der Landesregierung in Stuttgart in den vergangenen Monaten, Wochen und Tagen den Handlungsbedarf in Offenburg „nachdrücklichst dargelegt“, teilte sie mit. „Die jetzt getroffene Entscheidung ist ein wichtiger Erfolg, eine gute Nachricht für Offenburg“, sagte Schreiner. In Kürze werde außerdem geprüft, ob eine Videoüberwachung der Brennpunkte in der Stadt machbar ist.

Die Teilnehmer des Trauermarsches distanzierten sich von Versuchen, aus der Tat politisches Kapital zu schlagen. „Es geht uns darum, in aller Stille und fernab aller politischen Ziele unsere Solidarität mit dem Opfer und seinen Angehörigen zu zeigen“, sagte Heribert Schramm von der Flüchtlingshilfe Rebland, der den Marsch mit anderen organisierte. „Wir wollen unsere Trauer und unser Mitgefühl ausdrücken und auch den Geflüchteten einen Raum dafür geben, viele von ihnen waren ja Patient bei ihm“, sagte Philipp Bürken, der sich ebenfalls für Flüchtlinge engagiert und an der Organisation des Marsches beteiligt war.

Bei dem Angriff in der Praxis war außerdem eine Arzthelferin verletzt worden. Die Polizei nahm wenig später einen 26 Jahre alten Asylbewerber aus Somalia fest. Er sitzt unter Mordverdacht in Untersuchungshaft. Das Motiv der Tat ist noch unklar. Der Verdächtige äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen.

Familie Mitgefühl ausdrücken

Nachdem bekannt wurde, dass ein Flüchtling der Tat verdächtigt wird, hatten verschiedene Gruppen die Asylpolitik der vergangenen Jahre für die Tat verantwortlich gemacht. Auf einer Kundgebung am Samstag hatten AfD-Politiker Schreiner zum Rücktritt aufgefordert.

Politische Forderungen wurden am Mittwoch nicht laut, ohnehin war es sehr still auf dem Marsch und auch während der Mahnwache vor der Praxis. Natürlich gehe es bei dem Gedenkmarsch in erster Linie darum, der Familie des Opfers Mitgefühl auszudrücken, sagte eine Teilnehmerin. „Aber es geht auch um einen stillen Protest gegen Rechtsradikale, die versuchen, dieses Verbrechen für ihre Zwecke zu nutzen.“

Ihr Mann war seit etwa zehn Jahren Patient des 51-Jährigen. „Er war so ein richtiger Kiez-Arzt - keiner, der mit einem teuren Auto aus dem Vorort hier angefahren kam“, berichtete er. Der Arzt habe viele Flüchtlinge und viele Ältere behandelt.