Die Stadt Eislingen reagiert auf neue Bedürfnisse von Hinterbliebenen und spricht über die Zukunft der Friedhofsbestattung. Zunächst wird ein Gräberfeld unter Bäumen angelegt. Ein Experte stellte im Gremium Konzepte vor.
Friedhöfe sind oft Parks in Innenstädten. Sie bieten nicht nur Hinterbliebenen die Möglichkeit, um ihre Verstorbenen zu trauern, sie sind auch Grünoasen. Hier können Besucher unter alten Bäumen angenehme Ruhe und an heißen Tagen kühlenden Schatten finden. Aber der eigentliche Zweck der Friedhöfe ist im Wandel. Die Gräberreihen lichten sich, immer größere Flächen bleiben auf Friedhöfen ungenutzt, weil eine Bestattung im Reihengrab teurer ist als im Urnengrab oder in einer Nische in einem Kolumbarium. Zudem entsteht beim Urnengrab kaum Pflegeaufwand für die Hinterbliebenen. Viele ältere Menschen wollen nach dem Tod ihren Hinterbliebenen nicht zur Last fallen. Auf die Änderung der Trauer und Friedhofskultur müssen die Kommunen regieren. Eislingen hat jetzt einen Masterplan für den Friedhof beschlossen.
„Es geht um Zukunftsformen der Friedhofsgestaltung“, sagte Oberbürgermeister Klaus Heininger im Gemeinderat. Zur Friedhofskultur der Zukunft referierte Günter Czasny. Der Co-Geschäftsführer der Süßener Firma Strassacker ist ein Experte in Sachen Bestattungskultur, Friedhofsdesign und Trauerarbeit. Er hat sich intensiv damit befasst, sich mit Theoretikern und Praktikern ausgetauscht.
Czasny ist auch Chef der bei Strassacker angesiedelten Vivorum GmbH. Die Agentur für Friedhofsplanung hat für die Friedhöfe in Eislingen Süd und Nord Gestaltungsvorschläge entwickelt. Die Stadt arbeitet seit einigen Jahren an einer Weiterentwicklung. Bei Neubelegungen wurde darauf geachtet, dass mehr Freiflächen entstehen, die später einer zukunftsorientierten Friedhofsentwicklung dienen können. Neben neuen und alten Grabformen soll es auch grabunabhängige Bereiche geben.
Eindrücke, wie ein Friedhof der Zukunft aussehen kann, sahen Vertreter der Eislinger Verwaltung in Süßen. Auf dem Firmengelände von Strassacker wurde der Campus Vivorum besichtigt. Das im Sommer 2023 eröffnete Experimentierfeld zeigt, wie Friedhöfe gestaltet werden können. „Wir haben das Verhalten von Menschen untersucht“, erläuterte Czasny im Gemeinderat. Es wurde ermittelt, was Trauer mit den Menschen macht und was für sie heilsam sein kann.
Zahl der Urnenbestattungen dürfte weiter steigen
Bei allen Wünschen nach wenig Pflegeaufwand, nach anonymen Grabfeldern, Friedwäldern, halbanonymen Urnengemeinschaftsgräbern oder Kolumbarien zeige sich auch, dass sich trauernde Menschen oft anders verhalten: „Es gibt Bedarf an einem persönlichen Platz zur Trauer“, sagte Czasny. Er zeigte Fotos von Gräbern, an denen Hinterbliebene unerlaubt Kerzen, Blumen, Engelchen oder Stofftiere an Grabstellen ablegen. Verbote werden ignoriert. Daraus hat er in der Vergangenheit gelernt: „Man kann eine gelebte Beziehung nicht loswerden. Sie schwingt nach.“
Diese Beobachtungen führen die Vivorum-Experten zur Frage: „Was hilft den Menschen und was brauchen die Menschen“. Der Friedhof der Zukunft müsse ein „selbstbestimmtes Handeln ohne Pflegeverpflichtung“ ermöglichen. Deshalb soll ein Friedhof Bereiche für Trauernde mit Grabbezug haben, Bereiche für ein Gespräch, solche, in denen auch ein Bier getrunken werden dürfe und wo Kinder spielen können. Die verschiedenen Funktionsbereiche müssten so gestaltet werden, dass sich andere Besucher nicht gestört fühlen.
Für Eislingen erwartet Czasny, dass die Zahl der Urnenbestattungen weiter steigt: „Es wird mehr Leerbereiche geben.“ Diese Flächen werden neu gestaltet. Ziel eines Masterplans sollen menschenfreundliche Friedhöfe sein, die zu lebendigen Oasen, so paradox dies klingen mag, in den beiden Stadtteilen werden. In einem ersten Schritt wird es in Nord ein „Grabstättenkonzept unter Bäumen geben“. Dort können Gräber für Urnen und Särge entstehen. Sie erhalten Natursteinplatten oder Quader und eine kleine Ritualfläche, auf der Hinterbliebene Blumen oder Kerzen stellen können.
Das Konzept sei sehr flexibel und es entspreche den Erkenntnissen der Friedhofsentwicklung und der Trauerforschung, stellt die Eislinger Stadtverwaltung fest. Die Stadträte lobten im Gremium das Konzept. Der Gemeinderat hat einstimmig den Masterplan gebilligt.
Friedhöfe bleiben nachts offen
Öffnungszeiten
Seit mehr als 20 Jahren werden die Eislinger Friedhöfe nachts geschlossen. Damals reagierte die Stadt auf Vandalismusschäden. Die Schließung führt laut Stadtverwaltung zu Kosten, während Diebstähle dadurch nicht verhindert würden, da fast ausschließlich tagsüber gestohlen werde.
Umland
Die Verwaltung hat sich in anderen Kommunen erkundigt. Die große Mehrheit lässt ihre Friedhöfe nachts offen. Daher bleiben ab jetzt auch die beiden Eislinger Friedhöfe nachts offen.