„Wir haben diesen Bereich ehrenamtlich von Müll befreit. Jeder kann das“, steht auf den Müllsäcken von Susanne Orlich. Foto: Susanne Orlich

Im Internet kursiert derzeit die Challenge Trashtag – und Müllsammeln liegt plötzlich im Trend. Die Grünen Engel in Herrenberg säubern ebenfalls ehrenamtlich ihre Lieblingsplätze und dokumentieren ihr Werk in den sozialen Netzwerken.

Herrenberg - Internet-Challenges gibt es viele – die wenigsten sind sinnvoll, manche sogar gefährlich: Mal filmen sich Leute beim Verspeisen von Zimt, mal springen sie aus fahrenden Autos und tanzen. Unter dem Hashtag #trashtag verbirgt sich jedoch eine sinnvolle Herausforderung.

Trashtag setzt sich zusammen aus Hashtag und Trash, also Müll. Auf Instagram, Facebook oder Twitter posten die Nutzer darunter Fotos von verschmutzten Orten. Anschließend sammeln sie den Müll ein und machen vom sauberen Ort ein weiteres Foto. Manche zeigen sich dabei selbst in stolzen Posen vor ihrem Werk. Frei nach dem Motto: Tue Gutes und poste es.

„Ich sehe diesen Trend sehr positiv und hoffe, dass es sich dabei nicht nur um ein Strohfeuer handelt“, sagt Susanne Orlich. Sie steht mit einer Gruppe Gleichgesinnter – den Grünen Engeln – auf einem Spielplatz in Herrenberg. Dort, wo Kinder spielen wollen, liegen Plastikverpackungen, Glasscherben, scharfkantige Dosen und allerlei anderer Müll herum. Die Grünen Engel haben es sich an diesem Tag zur Aufgabe gemacht, den Spielplatz und die umliegenden Felder zu säubern – ehrenamtlich.

Nicht mit erhobenem Zeigefinger auf die Menschen zugehen

„Mir liegt diese Gegend am Herzen“, lautet die schlichte Begründung von Susanne Orlich für ihr Vorhaben. Die Gruppe stärkt sich mit Brezeln, dann werden Handschuhe, Zangen und Müllbeutel verteilt. Jeder hilft, so lange er Zeit hat. „Wir wollen ein bisschen Spaß dabei haben, quälen muss sich keiner“, sagt Orlich. Auch wolle sie nicht mit erhobenem Zeigefinger auf andere Menschen zugehen. „Wenn man jemanden ermahnt, erreicht man oft das Gegenteil“, findet die 47-Jährige. Sie wolle einfach mit gutem Beispiel voran gehen.

Die Wahl-Herrenbergerin hat schon vor Jahren begonnen, Müll aufzusammeln, den andere unachtsam oder mit voller Absicht in die Gegend geschmissen haben. Der Auslöser für ihr Handeln war, dass ihr Hund in eine Glasscherbe trat und sich verletzte. Ohne großes Aufsehen zu machen, sammelte sie den Müll ein, der sich an ihren Lieblingsplätzen ansammelte.

Vorher-Nachher-Bilder auf Instagram

Irgendwann erkannte die alleinerziehende Mutter, dass die sozialen Netzwerke die Möglichkeit bieten, auf die gute Sache aufmerksam zu machen. Sie gründete die Grünen Engel und postete fortan ihre Vorher-Nachher-Bilder bei Instagram. „Je sichtbarer wir sind, desto eher werden wir von anderen als Vorbilder wahrgenommen“, erklärt Orlich. Schnell fand sie Gleichgesinnte, mit denen sie hin und wieder Aktionen plant. So kam sie beispielsweise auch mit der Stuttgarter Initiative Cleanup Network in Kontakt.

Auch die Stadt Herrenberg unterstützt die freiwilligen Sammler mit der Initiative „Aktiv gegen Müll“. Wenn die Müllsäcke beim Spazierengehen beispielsweise zu schwer werden, kann man sich an Schadensmelder unter der Internetadresse www.herrenberg.de/schadensmelder wenden. „Dann kann ich die Säcke abstellen und sie werden abgeholt“, sagt Orlich. Bei ihren Müll-Sammelaktionen trifft sie aber auch auf Unverständnis. Warum den Müll anderer Leute aufheben? Ist dafür nicht die Stadt zuständig?

Nicht meckern, sondern etwas tun

Tatsächlich kümmert sich Orlich nicht um den Müll, der in der Stadt liegt. Denn dort kommt auch die Stadtreinigung hin. „Mir geht es um die Plätze in der Natur“, sagt sie. Wenn diese vermüllen, wolle sie nicht nur meckern, sondern etwas tun. Ebenso wie die Menschen, die die umweltbewusste Herausforderung im Internet angenommen haben. Dabei ist die Trashtag-Challenge nicht neu. Schon 2015 hatte ein Outdoor-Ausrüster die Aktion gestartet. Doch erst als der Nutzer „thescientistfacts“ vor wenigen Wochen gelangweilte Teenager zu der Herausforderung aufrief, wurde das Müllsammeln zum Trend.

Seitdem posten Menschen aus der ganzen Welt ihre Vorher-Nachher-Bilder. Ob der Trend nachhaltig wirkt oder nicht – Susanne Orlich und ihre Grünen Engel werden auch weiterhin ihre Lieblingsplätze von Müll befreien – und darauf hoffen, dass andere ihrem Beispiel folgen.