Bei der Disziplin Tram-Bowling gilt es, mit der Bahn einen auf den Gleisen platzierten Plastikball anzuschubsen, der dann viele Kegel umwerfen soll. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

24 Teams aus 19 Ländern nehmen Anfang Mai an der Tram-Europameisterschaft in Stuttgart-Möhringen teil. Die SSB möchte mit ihrer Mannschaft einen Podestplatz erreichen.

Stuttgart - Der sportliche Ehrgeiz ist groß, das Gesetz der Serie zu brechen. Noch nie haben die Gastgeber einer Tram-Europameisterschaft den Sieger gestellt. Viola Diederichs und Kevin Holubar wollen das ändern. Die beiden Straßenbahnfahrer vertreten Stuttgart bei der siebten EM-Austragung, die am 5. Mai in der Landeshauptstadt stattfindet. 24 Teams aus 19 Ländern sind zu Gast. Der Wettstreit im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 150. Geburtstag der Stuttgarter Straßenbahnen AG wird auf dem SSB-Betriebsgelände in Möhringen ausgetragen.

Sechs Disziplinen hat jedes Team, das aus einer Fahrerin und einem Fahrer sowie einem Betreuer besteht, zu bewältigen. Da geht es unter anderem um die richtige Einschätzung der Geschwindigkeit oder um die Bemessung des genauen Abstands zu einem Gegenstand in der Kurve. „Der Wettstreit soll die Leistungsfähigkeit und Kompetenz der Mitarbeiter im Fahrdienst zeigen“, sagt SSB-Vorstand Wolfgang Arnold, es sei in erster Linie „ein Fest für das Können von Fahrerinnen und Fahrer“. Aber natürlich hätte auch Arnold nichts dagegen, wenn sein Team den Sieg erringen oder es zumindest auf das Podest schaffen würde. Zwei vierte Ränge waren bislang die besten Platzierungen von SSB-Vertretungen bei der seit dem Jahr 2002 jährlich stattfindenden Straßenbahner-EM.

Zwei Teilnehmer aus 1300 Fahrerinnen und Fahrern

Unter den 1300 Fahrern im Betrieb fand kein Wettbewerb und auch kein Bewerbungsverfahren um die beiden Plätze im Stuttgarter Team statt. Der SSB-Vorstand traf ganz alleine die Entscheidung. Belohnt werden sollte mit einer Berufung die gute Arbeit im Dienst, sprich neben der fahrerischen Zuverlässigkeit auch ein besonders hohes Maß an Pünktlichkeit, Kundenfreundlichkeit und Ausstrahlung. „Das war eine schwierige Auswahl, da wir viele gute Mitarbeiter haben“, sagt Arbeitsdirektorin Sabine Groner-Weber. Schließlich fiel die Wahl auf Viola Diederichs aus Möhringen und Kevin Holubar aus Remseck. „Die Kollegen freuen sich für uns und drücken die Daumen“, erzählt Holubar und sieht keinen Neid in der Belegschaft. „Ich stelle mich der Herausforderung“, sagt Diederichs, die nach der Nominierung erst einmal überrascht war.

Sind fünf Disziplinen recht eng mit dem beruflichen Alltag der Schienenprofis verbunden, fällt eine völlig aus dem Rahmen: Tram-Bowling. Hier gilt es, mit der Bahn einen auf den Gleisen platzierten großen Plastikball anzuschubsen, der dann möglichst viele Kegel umwerfen soll. „Die Kunst dabei besteht darin, die richtige Geschwindigkeit bei der Anfahrt zum Ball zu wählen und den Bremsweg zu kalkulieren“, weiß Viola Diederichs. Ist die Bahn zu langsam, bekommt der Ball zu wenig Kraft und kann kaum Kegel abräumen. Fährt die Bahn zu schnell und kommt nicht rechtzeitig vor den Kegeln zum Stehen, wird der Versuch als ungültig gewertet.

Heimvorteil für die Stuttgarter

Der natürliche Heimvorteil des jeweiligen EM-Gastgebers soll dadurch abgemildert werden, dass die auswärtigen Teams am Vortag ausreichend Zeit zum Training und Kennenlernen der für sie ungewohnten Schienenfahrzeuge bekommen. „Für unsere Gäste wird es eine ziemliche Umstellung sein“, ahnt SSB-Vorstandsmitglied Stefanie Haaks. In Stuttgart kommen Hochflurbahnen zum Einsatz (im Wettkampf ist es der Typ DT8.14), in vielen europäischen Metropolen verkehren dagegen Niederflurbahnen.

Am Samstag um 11 Uhr starten die Wettkämpfe, gegen 17 Uhr wird mit der Siegerehrung der Europameister 2018 gekürt. Bereits von 10 Uhr an läuft ein großes Begleitprogramm. „Wir hoffen auf viele Besucher. Vor zwei Jahren in Berlin war es ein wundervolles Spektakel“, so Stefanie Haaks.