Der VfB Stuttgart genießt im Trainingslager die Bergluft im Chiemgaus. Die großen Clubs zieht es weiter weg.
Stuttgart - Der Ort, an dem sich der VfB Stuttgart jetzt die sportliche Basis für die neue Fußballsaison erarbeiten will, liegt 320 Kilometer entfernt von der heimatlichen Mercedesstraße. Grassau. Dort im idyllischen Chiemgau hat sich der Bundesliga-Rückkehrer bereits im vergangenen Sommer vorbereitet und gute Erfahrungen gemacht. Zuletzt absolvierte auch die deutsche U-21-Nationalmannschaft ihr Trainingslager im Oberbayerischen, ehe das Team von Trainer Stefan Kuntz wenig später Europameister wurde.
Nun grüßt ganz Grassau die erfolgreichen Juniorenfußballer und kann neben den kurzen Wegen, den hervorragenden Bedingungen und der angenehmen Atmosphäre mit dem Zusatz für sich werben, dass dort, umgeben von schroffen Bergen, sich ein guter Mannschaftsgeist entwickeln lässt. Das ist wichtig für die Clubs, die minutiös ihre Übungseinheiten planen – aber ebenso bedeutsam für die Hotels, die auf einem umkämpften Markt um neue Trainingslager-Gäste ringen.
Alle Clubs sind unterwegs
Alle 18 Bundesligisten sind in den Tagen vor dem Saisonstart am 18. August mal weg. Viele sogar zweimal. Das begehrteste Reiseziel ist Österreich. So fährt auch der VfB noch ins Stubaital. Doch für die großen Vereine liegt das Gute offenbar nicht ganz so nah: Den FC Bayern, Borussia Dortmund und den FC Schalke zieht es nach Asien, Eintracht Frankfurt in die USA. Was sicher damit zu tun hat, dass der Ligaverband DFL seit einigen Jahren genau solche Fernreisen finanziell unterstützt, um die Internationalisierung der Liga voranzutreiben.
Aber bei den Frankfurtern heißt der Sportvorstand eben auch Fredi Bobic und der 45-jährige Ex-Nationalspieler bevorzugt in der Vorbereitungsphase Abenteuer statt Altbewährtes. Schon zu seiner Zeit als VfB-Manager war das so, weshalb in diese Ära das Trainingslager der Stuttgarter in Südafrika fällt. Im Januar 2014 war es, als sich der schwäbische Tross auf nach Kapstadt machte. Und die Erinnerung daran kann den Beteiligten noch immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Schön war’s – und für die Spieler hart. Selbst wenn anschließend sieben Spiele nacheinander verloren gingen und sich Bobic und der damalige Trainer Thomas Schneider den Vorwurf eines Wellnessurlaubs am Kap der guten Hoffnung gefallen lassen mussten.
Kritik wird laut
Auch jetzt gibt es wieder Kritik. Wegen der Reisestrapazen, da die Mannschaft von Eintracht-Coach Niko Kovac in knapp zwei Wochen drei Testpartien in Amerika bestreitet und dazu kreuz und quer über den Kontinent fliegt. Seattle, San José und Columbus lauten die Stationen. Doch das ist der Preis, wenn es um Globalisierung und Reichweitensteigerung geht. So beabsichtigt der FC Bayern sich im Vergleich mit Real Madrid, dem FC Barcelona oder Manchester United weiter als Weltmarke zu profilieren. Büros in New York und China haben die Münchner deshalb eröffnet und Werbetouren mit ihren Stars organisiert.
Die Strategie scheint aufzugehen. Der FC Bayern gehört in China zu den beliebtesten Vereinen, auch dank seiner Aktivitäten in den sozialen Medien. Was sich laut einer Studie positiv auf den Markenwert auswirkt. In einem Ranking liegt der deutsche Rekordmeister (1,08 Milliarden Euro) auf Platz fünf. Es führt ManUnited (1,54 Milliarden) und auf Rang 34 taucht der VfB (152 Millionen) auf, noch vor dem Hamburger SV oder RB Leipzig. Aber hinter dem BVB, der dem FC Bayern nacheifert. Und die Frankfurter streben nun zumindest danach, etwas bekannter zu werden.
Hier sind die Bundesligisten im Trainingslager
Im Windschatten von Daimler
Aspekte der wirtschaftlichen Entwicklung, mit denen sich der VfB nach Aufstieg und Ausgliederung ebenfalls wieder beschäftigt. „Wir wollen im Windschatten von Daimler unsere Vermarktungsaktivitäten ausbauen“, sagt der Präsident Wolfgang Dietrich. Nicht gleich, aber perspektivisch soll die Verbindung zwischen der VfB 1893 AG mit dem Ankerinvestor von nebenan dazu führen, dass die Stuttgarter zum einen sportlich von der Zusammenarbeit mit dem Weltunternehmen profitieren, zum anderen sind gemeinsame PR-Trips denkbar. Zum Beispiel nach Atlanta, wo das Mercedes-Benz-Stadium fertig gestellt wurde und wo neben den Footballern der Falcons auch die Fußballer von United antreten.