Rolf Brack (li., neben dem Sportlichen Leiter Christian Schöne) und Frisch Auf Göppingen: Die Zusammenarbeit wird vorzeitig beendet. Foto: Baumann

Erst den Vertrag verlängert, vier Monate später heißt es Kommando zurück: Die Trennung von Trainer Rolf Brack kommt für unseren Redakteur Jürgen Frey einem Trauerspiel gleich, auch wenn sie unausweichlich war. Der Zickzackkurs um diese Personalie zeigt auch, dass Frisch Auf Göppingen einen Neustart mit durchdachten und zukunftsfähigen Konzepten braucht.

Göppingen - Handball-Bundesligist Frisch Auf Göppingen und Trainer Rolf Brack? Das kann einfach nicht gutgehen –prophezeiten viele im September 2017. Und die Skeptiker behielten recht. Wie schon beim ersten Versuch Mitte der 1990er Jahre ging auch die zweite Ehe in die Brüche. Das Traurige an dem Scheitern ist der Zickzackkurs der Frisch-Auf-Verantwortlichen: Zu Beginn der wochenlangen Verhandlungen um eine Verlängerung des ursprünglich am Saisonende auslaufenden Vertrags des Trainers hieß es: Wer sich den Eigenheiten und der Philosophie eines Rolf Brack ausliefert, müsse dies langfristig tun. Anfang Februar gab der Verein dann aber lediglich eine weitere Zusammenarbeit bis zum 30. Juni 2019 bekannt. Und jetzt kommt es sogar zur sofortigen Trennung. Ein Trauerspiel.

Göppingen ist nicht Pfullingen und nicht Balingen

Rolf Brack hat das nicht verdient. Trotz aller Vorwürfe, dass er polarisiert statt zu integrieren, herrscht statt zu führen, nur seine eigene Meinung zulässt. Zumal es sportlich durchaus in einigen Bereichen Fortschritte gab. Aber Göppingen ist nicht Scharnhausen. Göppingen ist nicht Pfullingen und auch nicht Balingen. In dem Traditionsclub mit einer beachtenswerten Geschichte herrscht eine andere Gemengenlage als bei Bracks Ex-Clubs. Es reden mehr Leute mit. Der Druck ist größer. Er hat es mit international erfahrenen Spielern zu tun, die Erfolge aufzuweisen haben. Bei Frisch Auf wuchs die Zahl seiner Kritiker in der Mannschaft und in der medizinischen Abteilung rasant an – und selbst mit dem Athletiktrainer (mit dem Brack seit vielen Jahren auch an der Uni Stuttgart zusammenarbeitet) war das Tischtuch am Ende zerschnitten. Es ging nicht mehr um Streit und Diskussionen, die oft eine reinigende Wirkung haben und den Blick fürs Notwendige schärfen. Es war von Einzelnen fast schon tiefe Abneigung im Spiel, die die Gräben weit aufriss. Von daher blieb dem Verein nichts anderes übrig, als die Reißleine zu ziehen.

Neustart mit zukunftsfähigen Konzepten muss her

Dass die Schwierigkeiten um Brack nicht schon früher erkannt wurden, passt ins Bild. Denn die Probleme liegen tiefer. Dem Verein laufen die Zuschauer davon (Schnitt 4147 in der abgelaufenen Saison gegenüber 4612 in der Runde davor). Es braucht einen Neustart mit zukunftsfähigen und realistischen Konzepten: Wofür steht dieser Verein? Wo will er hin? Mit welcher Spielidee will er begeistern? Mit welchem Personal können sich die Fans identifizieren? Auf dem Weg, diese Fragen zu beantworten, ist es wenig hilfreich, den Verein erst komplett in Trümmern zu legen, aber frischer Wind muss dringend her. In vielen Bereichen. Was vor allem fehlt ist ein kluger, erfahrener, durchsetzungsfähiger und branchenkundiger Fachmann mit neuen Ideen in der Vereinsspitze. Der sollte vor Fehlern warnen und ohne Rücksicht auf Animositäten nicht nur über Ziele reden, sondern auch in der Lage sein, sie entschlossen anzustreben und umzusetzen.