Darf zweifellos als Vorbild gelten: Der VfB-Stuttgart-Trainer Hannes Wolf. Foto: Pressefoto Baumann

Der Druck ist groß, deshalb ist im Geschäft Profi-Fußball vielen jedes Mittel recht. Dem wollen die Bundesliga-Trainer nach eigener Auskunft nun Einhalt gebieten.

Freiburg - In der Vergangenheit, sagt Lutz Hangartner, habe er sich „oft schwer getan, bei Trainern das Wort Vorbild-Funktion über die Lippen zu bekommen“. Wenn der Präsident des Bundes Deutscher-Fußballlehrer (BDFL) um Fair-Play warb, bekam er meist zu hören: „Bei uns geht es um alles, wir sind Profis, ich will kein Vorbild sein, ich will Erfolg haben.“

Neue Solidarität unter den Trainern soll die grassierenden Unarten nun mindern. Das klare Ziel: Die Schwalben sollen aussterben, die Rudelbildungen der Vergangenheit angehören und die Fußball-Lehrer endlich Vorbilder sein. „Den Trainern ist bewusst, dass bestimmte Dinge erschreckende Ausmaße angenommen haben. Das Bewusstsein ist geschult, dass es so nicht weitergeht“, sagt Hangartner der Deutschen Presse-Agentur.

Nach Anregungen von Mönchengladbachs Dieter Hecking verständigten die Trainer sich kürzlich darauf, den Fair-Play-Gedanken mehr in den Vordergrund zu stellen und sich ihrer Verantwortung als in der Öffentlichkeit stehende Personen bewusst zu sein. Den Ball hat der BDFL aufgenommen, das Thema will er nun „immer wieder aufgreifen“ und im Bewusstsein verankern. „Ich bin nicht so blauäugig, zu glauben, dass eine Sitzung Grundlegendes ändert“, sagt Hangartner: „Man muss sehen, wie es in der Realität und der Hektik eines Spiels umgesetzt wird. Aber das Thema ist angestoßen, und die Trainer haben ihre breite Unterstützung zugesagt.“

Neun Entlassungen in der 1. Bundesliga in der Saison

Der Erfolgsdruck auf die Trainer wird aber nicht geringer. Auch in der abgelaufenen Saison erkannte der frühere Freiburger Zweitliga-Coach Hangartner „eine grundsätzlich unveränderte Hire-and-fire-Mentalität. Neun Entlassungen in der ersten Liga und acht sowie drei Rücktritte in der zweiten sind Zahlen, die man als Trainer-Verband kritisieren muss.“ Erfreulich sei, dass Mainz und Augsburg zumindest in kritischen Phasen am Saisonende an ihren Coaches festhielten. „Ich habe mich gefreut, dass beide sich gerettet haben“, sagt Hangartner: „Nun kann man sagen, dass sie alles richtig gemacht haben.“

Insgesamt hat der Trainerjob in den vergangenen Jahren eine deutliche Wandlung erfahren. „Es ist ein absoluter Ausbildungsjob geworden“, erläutert Hangartner. Von den 18 aktuellen Trainern spielte nur die Hälfte als Profi in einer ersten Liga, manche wie Thomas Tuchel oder Julian Nagelsmann nicht einmal in einer zweiten. „Angefangen hat alles mit Volker Finke, Christoph Daum oder Ralf Rangnick. Sie waren damals vielen ein Dorn im Auge“, sagt der BDFL-Boss: „Lange Zeit war man im deutschen Fußball der Meinung, wer ein guter Trainer sein will, muss selbst einmal den Adler auf der Brust gehabt oder eine große Anzahl an Spielen in der höchsten Liga absolviert haben. Das ist längst ad acta gelegt.“

Ein Problem sei die Einstellung von manchem Ex-Profi, „dass er ja schon alles erlebt habe und nicht mehr die Schulbank drücken müsse. Mit dieser Einstellung wird es schwer werden, den Anforderungen des modernen Fußballs gerecht zu werden. Wenn sich aber ein ehemals großer Fußballer bewusst ist, dass er sich noch viel Wissen aneignen muss und bereit ist, sich Erkenntnisse der Trainingswissenschaft, Psychologie oder Pädagogik anzueignen, hat er sicher Vorteile gegenüber einem Namenlosen.“