Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft im Jahr 2010 Präsident Scheich Khalifa Bin Zayed Al Nahyan im Präsidentenpalast Al Mushrif in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Reiche Touristen vom Golf kommen auch gerne nach Deutschland. Foto: dpa

Urlauber vom Persischen Golf sind gern gesehene Gäste. Sie bleiben überdurchschnittlich lange und geben viel Geld aus. Hotels und Einzelhändler stellen sich auf die exotischen Besucher ein.

Stuttgart - Steffen Waldmann, der stellvertretende Hoteldirektor des Europapark-Resorts, freut sich schon jetzt auf Mitte August, weil dann wieder etliche arabische Touristen in den Freizeitpark strömen dürften. Dann endet der Ramadan, der am 9. Juli begonnen hat. Der fällt in diesem Jahr mitten in die Hauptsaison der Touristen aus den arabischen Golfstaaten. Die versuchen zwar im Sommer der Hitze in ihren Heimatländern zu entkommen, doch im Ramadan wollen sie zuhause sein. Deswegen gibt es dieses Jahr zwei Besucherwellen vom Persischen Golf, einmal vor und einmal nach dem Ramadan. „Wir hatten in diesem Jahr schon viele Besucher vom Persischen Golf und wir rechnen damit, dass sich das nach dem Ende des Ramadan noch einmal wiederholt“, sagt Steffen Waldmann.

Auch andere Hoteliers in Deutschland warten schon auf die Touristen vom Golf – eine Kundengruppe, die immer wichtiger wird. Schon seit Jahren steigt die Zahl der Übernachtungen beinahe jedes Jahr zweistellig an. Verstärkt wird die Entwicklung in den letzten Jahren durch den Bürgerkrieg in Syrien und dessen Auswirkungen auf den Libanon. Die beiden Staaten galten als klassische Urlaubsländer für Touristen aus den Golfstaaten, heißt es beim Handelsberatungsunternehmen BBE.

Deswegen haben viele Menschen als Urlaubsziel inzwischen Mitteleuropa entdeckt. Neben den Alpen und Metropolen wie München oder Berlin rückt auch Baden-Württemberg immer mehr in den Fokus der arabischen Touristen. Im vergangenen Jahr waren es im Südwesten mehr als 153 000 Übernachtungen von Touristen aus der Golfregion. Das sind fast viermal so viel wie vor zehn Jahren, als es 39 000 waren, heißt es beim Statistischen Landesamt in Baden-Württemberg. Der Südwesten liegt damit auf Platz vier hinter Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Trend zum westlichen Lebensstil bei arabischen Touristen

Reiseveranstalter und Tourismusagenturen aus der Region sind inzwischen auf den wichtigen Messen am Golf vertreten. Beliebt unter ihren Kunden sind in Baden-Württemberg die Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitparks, wie der Europapark in Rust. Grund dafür ist, dass Urlauber vom Persischen Golf auf die Wünsche ihrer Kinder besondere Rücksicht nehmen. Auch die Frauen üben eine stärkere Rolle auf die Urlaubsplanung aus, als es das traditionelle Rollenbild in ihren Heimatländern vermuten lässt, so die Deutsche Zentrale für Tourismus.

Überhaupt lässt sich ein Trend zum westlichen Lebensstil bei den arabischen Touristen feststellen. Zwar werden traditionell gekleidete Araber stärker wahrgenommen, aber laut einer Umfrage der BBE tauscht ein Viertel der Besucher das traditionelle Gewand und den Schleier schon am Flughafen in Deutschland gegen Jeans und T-Shirt. Das sind Freiheiten, die sich insbesondere die Frauen in ihren Heimatländern nicht herausnehmen könnten.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum arabische Touristen verhältnismäßig lange bleiben. Im Schnitt sind die Besucher vom Golf dreizehn Tage in Deutschland und geben 4415 Euro aus. Laut dem World Travel Monitor der International Tourism Consulting Group, die diesen Statistiken erhebt, liegen die arabischen Touristen weit vor denen aus Russland. Die bleiben zwar einen Tag länger, aber geben nur 997 Euro aus. Chinesische Touristen sind zwar noch ausgabefreudiger als die Araber, aber sie bleiben nur eine Woche und kommen dabei auf 2996 Euro pro Reise.

Aus keiner anderen Region ist der Zuwachs an Besuchern – im vergangenen Jahr waren das 27,5 Prozent - so groß wie aus den Golfstaaten. Grund genug für deutsche Hotels und Einzelhändler, sich auf diese attraktive Kundschaft einzustellen.

Kein Alkohol in der Minibar

Steffen Waldmann vom Europapark gilt als Experte für die Gäste vom Golf. Er schult inzwischen nicht nur die eigenen Mitarbeiter sondern auch andere Hoteliers. „Oft kommen die Araber gleich mit der ganzen Familie, mieten Suiten oder mehrere Zimmer mit Durchgangstüren“, sagt er.

Die Gäste sollen sich wohlfühlen. Deswegen wird der Alkohol aus der Minibar entfernt. Man kommt auch gern dem Wunsch der Gäste nach, einen Mitarbeiter als persönlichen Ansprechpartner zu haben. Die Rezeption verleiht einen Kompass, der anzeigt, in welcher Richtung Mekka liegt, damit die Besucher wissen, wohin sie sich beim Gebet wenden müssen. In den Restaurants des Europaparks gibt es inzwischen mehr Gemüse und Fisch im Angebot. „Das unterliegt nicht den islamischen Speisevorschriften, wie das Fleisch“, sagt Waldmann.

Unter den Großstädten liegt Stuttgart nach Heidelberg mit rund 22 000 Übernachtungen von Touristen aus den Golfstaaten auf Platz zwei im Südwesten. Ein Besuchermagnet ist das Stuttgarter Klinikum. Jedes Jahr lassen sich hier über 1000 Menschen aus den arabischen Golfstaaten behandeln. Die Patienten kommen meist mit einer ganzen Entourage aus Verwandten und Bediensteten. Davon profitieren Hotels und Einzelhandel. Beispiel Kaufhof: „Unsere Filiale in der Königstraße hat bei den Touristen aus den Golfstaaten im ersten Halbjahr 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Umsatzzuwachs von 150 Prozent verzeichnet“, sagt Frank Tumler vom Kaufhof. Beliebt sind vor allem Markenkleidung und Schuhe. Durchschnittlich geben die Araber in Stuttgart bei jedem Einkauf 224 Euro aus, wie das Unternehmen Global Blue errechnet hat, das sich auf mehrwertsteuerfreie Einkäufe spezialisiert hat. Das ist fast der gleiche Betrag, den die Deutschen laut der Unternehmungsberatung Ernst and Young 2012 für Weihnachtsgeschenke ausgegeben haben.