Heidelberg ist attraktiv und bei Touristen beliebt. Ob eine Übernachtungsgebühr die Anziehungskraft schmälert, ist umstritten. Foto: dpa

Die Hoteliers laufen Sturm gegen die Bettensteuer, der Gemeinderat ist uneins, ob sie eher schadet oder nützt. Am Donnerstag soll das Stadtparlament in Heidelberg entscheiden. Der Ausgang der Abstimmung ist offen – es wird ein äußert knappes Ergebnis erwartet.

Heidelberg - Sie haben auf einem Schiff am Neckar protestiert, sie haben die Chefin des ersten Hauses am Platz, ins Rathaus entsandt, um ihre Argumente gegen eine Bettensteuer in Heidelberg vorzubringen und vor deren Auswirkungen für das Gastgewerbe und die Gäste zu warnen. Große und kleine Hoteliers in der Stadt befürchten den zusätzlichen Aufwand und die Kosten der geplanten Abgabe, die diese unstreitig mit sich bringen wird. In ihrem eigenen Haus werde die Steuer am Ende „über ein Plus oder Minus in der Bilanz entscheiden“, hat Caroline von Kretschmann, die Geschäftsführerin des „Europäischen Hofs“, im Hauptausschuss des Gemeinderats vorgerechnet.

Heidelberg erwartet 1,4 Millionen Euro Einnahmen

Schon seit einigen Jahren wird in Heidelberg darüber diskutiert und gestritten, ob die Stadt als eine der Tourismushochburgen in Baden-Württemberg eine Übernachtungsabgabe für private Gäste einführen soll oder nicht. Rund 1,4 Millionen Euro Einnahmen erwarten sich die Befürworter. Die Kritiker warnen, der Aufwand werde am Ende auf beiden Seiten höher sein als der Nutzen der Steuer. „Wir sind eine weltoffene Stadt, wir hätten gern noch mehr Übernachtungen – das konterkarieren wir mit einer solchen Abgabe“, sagt Jan Gradel, der Fraktionsvorsitzende der CDU. „Was steuern wir da? Den Tourismus weg von Heidelberg.“ Am Donnerstag soll der Gemeinderat seine Entscheidung treffen. Wie sie ausfallen wird, ist offen. Klar scheint nur, es dürfte ein knappes Ergebnis werden. „Es wird am Ende an ein, zwei Stimmen hängen“, meint die SPD-Fraktionsvorsitzende Anke Schuster.

Grüne und SPD sind dafür

Den Antrag für die Einführung der Abgabe, über die derzeit auch in Esslingen diskutiert wird, haben in Heidelberg die Grünen gestellt, um auf diese Weise die vielen Touristen an den Kosten für die Infrastruktur, die Kultur oder den öffentlichen Personennahverkehr der Stadt zu beteiligen. Auch die SPD ist mehrheitlich für die Abgabe. „Wir verstehen, dass die Hoteliers Einwände wegen des erwarteten Aufwands haben“, erklärt die SPD-Sprecherin. „Aber wir glauben, dass die positiven Faktoren überwiegen: Wir unterstützen den Tourismus durch unser Marketing, wir haben in Heidelberg mit die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Kultur unter den großen Städten. Davon profitieren auch die Besucher – und es ist nicht einzusehen, dass wir sie nicht auch an diesen Kosten nicht beteiligen.“

Das Vorbild der Befürworter ist Freiburg. Die Stadt im Schwarzwald war landesweit Vorreiter bei dem nach wie vor umstrittenen Thema, und sie hat die Steuer bis vor das Bundesverwaltungsgericht erfolgreich verteidigt. Seit Anfang 2014 müssen daher die Hoteliers und Gastwirte der Stadt fünf Prozent des Übernachtungspreises als Steuer erheben und an die Stadt abführen. „Das hat sich bisher absolut bewährt, die Übernachtungszahlen sind nicht zurückgegangen“, erklärt die Rathaus-Pressesprecherin Edith Lamersdorf. Nach ihren Angaben lagen die Einnahmen aus der Abgabe im ersten Jahr bei 2,1 Millionen Euro, die Ausgaben der Verwaltung aufgrund zusätzlicher Personal- und Sachkosten haben 240 000 Euro betragen. Im vergangenen Jahr hat die Bettensteuer dann 2,4 Millionen Euro gebracht, der Aufwand der Stadt wurde auf 200 000 Euro gesenkt. „Mit der Abgabe werden jetzt auch diejenigen in die Pflicht genommen, die von der Attraktivität der Stadt profitieren. Wir stärken mit ihr die Stadtkasse und bekommen zusätzliche Mittel für den Tourismus.“

Die Freiburger Hoteliers sind hingegen alles andere als glücklich. „Die Rechnungslegung für die Stadt ist viel zu umständlich und zeitaufwendig“, bemängelt Christoph Glück, der Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes. „Der einzige Vorteil ist, dass man sich nun hier überhaupt wieder einmal mit dem Tourismus und einem Tourismuskonzept für die Stadt befasst - und dass ein Teil der Einnahmen auch dafür verwendet werden soll“, sagt er.

Bundesverfassungsgericht muss entscheiden

Noch liegt das dafür vorgesehene Geld allerdings „auf Eis“, weil noch immer nicht endgültig geklärt ist, ob die kommunale Bettensteuer in Deutschland dem Grundgesetz entspricht. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat diese Frage im Fall von Freiburg zwar im Januar 2016 bejaht. Einige Hoteliers und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) haben daran allerdings nach wie vor Zweifel. Neben einer Hotelbesitzerin aus Freiburg haben drei weitere Betroffene aus Hamburg und Bremerhaven, wo es gleichfalls lokale Bettensteuern gibt, daher Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, um diese Frage höchstrichterlich entscheiden zu lassen. Alle vier Verfahren sind nach Auskunft eines Sprechers des Karlsruher Gerichts noch anhängig. Wann eine Entscheidung fällt, sei derzeit nicht absehbar, erklärte er auf Anfrage. Kenner der Szene sind sich einig: Sollte sie am Ende zugunsten der Bettensteuer ausfallen, wären Heidelberg und Esslingen sicher nicht die letzten Städte im Land, in denen über deren Einführung gestritten wird.

Kurtaxe, Bettensteuer und die Kritik der Hoteliers

Nach Paragraf 43 des Kommunalabgabegesetzes von Baden-Württemberg können Kur- und Erholungsorte eine Kurtaxe erheben. Dabei sind ihnen allerdings relativ enge Grenzen gesetzt, weil die damit erzielten Einnahmen nur zweckgebunden für die Bereithaltung von touristischer Infrastruktur und touristische Veranstaltungen verwendet werden dürfen. Von der Übernachtungssteuer erhoffen sich die Kommunen Einahmen, die im Gegensatz zur Kurtaxe in den allgemeinen Haushalt fließen und über die sie je nach Bedarf – auch für weitergehende Zwecke, von der Kultur bis zum Nahverkehr, einsetzen können.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Besteuerung bereits grundsätzlich für rechtens erklärt – allerdings beruflich bedingte Übernachtungen ausgenommen, weil die der der Einkommenserzielung dienen. Zahlen müssen demnach nur Privatreisende. Die Hoteliers bemängeln unter anderem den hohen bürokratischen Aufwand. Vor allem kleine Betriebe aber auch Reisende mit kleinem Budget würden dadurch zu sehr belastet. In Heidelberg übt auch die Uniklinik Kritik, weil ihre Patienten oder deren Angehörige, die von auswärts zu Spezialbehandlungen kommen, auf Hotelübernachtungen angewiesen sind.