Das Messegeschehen, hier die CMT in Stuttgart, kommt nach Corona mit Verzögerung in Schwung. Foto: Imago/Arnulf Hettrich

In Baden-Württemberg ist die Region Stuttgart am weitesten entfernt von den Übernachtungszahlen von vor Corona. Warum die Landeshauptstadt dennoch zuversichtlich ist.

Nach der Coronadelle erholt sich der Tourismus in Baden-Württemberg wieder. Ganz vorne liegen das Allgäu und Oberschwaben sowie der Bodensee. Die Landeshauptstadt und die Region Stuttgart verzeichnen für das Jahr 2022 die höchsten Zuwächse im Land, aber ihr Nachholbedarf ist auch hoch.

Um 78 Prozent sind die Übernachtungszahlen in der Region gegenüber 2021 gestiegen. Dennoch ist das Minus gegenüber dem Vorcoronajahr 2019 noch so hoch wie in keiner anderen Region im Land. 17,9 Prozent niedriger ist die Zahl der Übernachtungen als vor vier Jahren. Der Landesdurchschnitt weist ein Minus von 8,6 Prozent aus. Das württembergische Allgäu und Oberschwaben haben den Stand von vor der Pandemie fast schon wieder erreicht. Sie liegen nur noch 0,2 Prozent unter dem bisherigen Rekordwert von 2019.

Stuttgart holt auf

Stuttgart stellt die positive Entwicklung in den Vordergrund. „Die Erholung vom Einbruch während der Corona-Krise ist in volle Gange“, erklärt Matthias Fatke, der Leiter des Statistischen Amtes der Landeshauptstadt. Wenn es so weitergehe, sei auch das Niveau aus dem Rekordjahr 2019 „wieder in Reichweite“. Die Landeshauptstadt liegt derzeit noch 19 Prozent unter den Zahlen des Jahres 2019, gegenüber dem Jahr 2021 stiegen die Übernachtungszahlen in der Stadt 2022 allerdings um 103 Prozent.

Hotels, Pensionen und Gasthöfe mit zehn und mehr Betten verbuchten zusammen mit dem Campingplatz in Stuttgart 3,3 Millionen Übernachtungen. 388 000 fielen auf den Oktober. Da lockten das Volksfest und die Motek, die Fachmesse für Produktions- und Montageautomatisierung, im Jahresverlauf die meisten Gäste in die Stadt. Stark waren demnach auch der Juli und der September.

Geschäftsreisen hinken hinterher

In der Region zählten die Statistiker 7,61 Millionen Übernachtungen. Davon entfielen 43,5 Prozent auf die Landeshauptstadt, der Landkreis Esslingen zählte 1,2 Millionen Übernachtungen, der Kreis Böblingen 997 000, Ludwigsburg kam auf 977 000, Göppingen auf 572 000 und der Rems-Murr-Kreis auf 554 000 Übernachtungen.

Die größten Rückstände gegenüber 2019 haben der Landkreis Esslingen und der Rems-Murr-Kreis mit einem Minus von jeweils mehr als 24 Prozent. Ludwigsburg ist noch mit 8,6 Prozent im Rückstand, Göppingen mit 5,7.

Das erklärt Armin Dellnitz, der Geschäftsführer der Stuttgart-Marketing Gesellschaft, auf Anfrage so: „Destinationen, die weniger vom Messe- und Geschäftstourismus abhängen erholen sich schneller, als beispielsweise die Landeshauptstadt oder Esslingen“. Im ersten Quartal 2022 habe es praktisch keine Messe- und Geschäftsreisen gegeben.

Kleinstes Minus in Göppingen

Der Landkreis Göppingen lebt touristisch stark von seinen Löwenpfaden, den zertifizierten Rad- und Wanderwegen. „Wandern hat schon in den Coronajahren einen starken Boom verzeichnet“, berichtet Holger Bäuerle, der Leiter der Tourismusförderung im Landkreis Göppingen. „Inzwischen bleiben die Gäste auch übers Wochenende“.

Die Gäste kommen meist aus dem Inland. Das ist der Trend im Land. Von den 20,2 Millionen Reisenden in Baden-Württemberg kamen nur 4,3 Millionen aus dem Ausland, hat das Statistische Landesamt erhoben.

In Ludwigsburg sind die Veranstaltungen zurück

„Ludwigsburg hat von der Rückkehr der Events und Veranstaltungen profitiert“, sagte Elmar Kunz, der stellvertretende Geschäftsführer des städtischen Eigenbetriebs Tourismus und Events. Er nannte vor allem den Weihnachtsmarkt, den besuchten jedoch auch viele Gäste aus Italien und der Schweiz. Auch das Blühende Barock, die Kürbisausstellung und 2022 das Riesenrad machen laut Kunz den „gewissen Charme-Faktor“ Ludwigsburgs aus. Dazu kamen „eine Reihe von größeren Kongressen, was so nicht erwartbar war“.

Alles in allem blickt Armin Dellnitz von der Stuttgart-Marketing Gesellschaft für die Region zuversichtlich nach vorn. „Mit dem Jahresverlauf 2022 sind wir sehr zufrieden“, erklärt er und formuliert als Ziel: „Es muss uns gelingen als Städtereiseziel noch attraktiver und bekannter zu werden“. Man wolle den Freizeittourismus ausbauen und für Geschäftsreisende „Mehrwerte“ schaffen.