Steillagen wie bei Mundelsheim zählen zu den wichtigsten touristischen Attraktivitäten im Kreis Ludwigsburg. Doch die Zahl der Übernachtungen ist stark zurückgegangen. Foto: imago/Panthermedia

In den ersten sieben Monaten ging die Zahl der Ankünfte und Übernachtungen stark zurück. Die Dehoga warnt, die städtischen Tourismusorganisationen zeigen sich dagegen gelassen.

Der Sommer ist vorbei, seit zwei Wochen ist nicht nur kalendarisch der Herbst erreicht, sondern auch wettertechnisch. Mit durchschnittlich 19 Grad war der Sommer in Baden-Württemberg recht mild – eigentlich die perfekte Voraussetzung für Ausflüge. Doch laut Zahlen des Statistischen Landesamtes verzeichneten die Beherbergungsbetriebe im Kreis Ludwigsburg in den ersten sieben Monaten starke Rückgänge.

 

Demnach gab es rund 250.000 Ankünfte – ein Minus von 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Noch drastischer ist der Rückgang bei der Zahl der Übernachtungen, die um 10,8 Prozent auf rund 517.000 sank. Bei Gästen aus dem Ausland lag der Rückgang sogar bei 17 Prozent. Sind Ludwigsburg und die Region nicht mehr attraktiv genug? Die Beteiligten haben dazu ganz unterschiedliche Meinungen.

Die Deutschen fahren lieber ins Ausland

Die Zahlen sind sogar noch niedriger als jene aus dem Jahr 2019, als im Landkreis noch deutlich weniger Wert auf Tourismus gelegt wurde und die Menschen auch noch lieber nach Barcelona statt Bietigheim gefahren sind. Zum Vergleich: Stuttgart konnte bei den Ankünften in den ersten sieben Monaten dieses Jahres minimal zulegen, bei den Übernachtungen lag das Minus nur bei 2,4 Prozent. Auch der Landkreis Esslingen steht besser da.

Für den Dehoga-Kreisvorsitzenden Marcos Angas ist das eine gefährliche Entwicklung: „Wir merken ganz deutlich die Unsicherheit in der Bevölkerung, was das Finanzielle angeht. Da versucht man natürlich, sein Geld zusammenzuhalten. Dann streicht man eher mal die kleinen Ausflüge.“ Für Reisen ins Ausland gelte das paradoxerweise nicht. „Leider ist bei den Deutschen jetzt wieder die Reiselust aufgekommen. Das ist für uns natürlich nicht so förderlich.“

In Ludwigsburg sind die Zahlen nicht so stark gesunken

Spricht man mit den zuständigen Tourismusorganisationen, fällt das Fazit ganz anders aus. Elmar Kunz, stellvertretender Geschäftsführer von Tourismus & Events Ludwigsburg, ist zufrieden mit dem bisherigen Jahr. Das liegt auch daran, dass die Zahlen in der Stadt Ludwigsburg besser aussehen als im gesamten Landkreis. Bei den Ankünften lag der Rückgang bei 0,8 Prozent, bei den Übernachtungen bei 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Das Residenzschloss Ludwigsburg ist die größte original erhaltene barocke Schlossanlage Europas. Foto: imago/Arnulf Hettrich

„Die Ankünfte sind weitgehend stabil geblieben, das ist vor dem Hintergrund des schwächelnden Geschäftsreiseverkehrs und der sehr stark gewachsenen Konkurrenz durch neue Hotels in Stuttgart bemerkenswert“, erklärt Kunz. Fast 80 Prozent der Übernachtungen gehen in Ludwigsburg auf das Konto von Geschäftsreisenden. Der Tourismus sei dagegen stabil geblieben. Hinzu komme der Tagestourismus, der in den Zahlen nicht auftaucht und seit Corona stark zugelegt habe. Bei den Touristenattraktionen wie dem Residenzschloss oder dem Blühende Barock müsse man sich eher schon fragen, wie man die Besucherströme lenken kann, sagt Kunz.

Sinkende Hotelkapazitäten im Bereich des 3B-Tourismus

Im Bereich des 3B-Tourismus, also Bietigheim-Bissingen, Besigheim und Bönnigheim, sind die Zahlen stärker gesunken. Das liegt nach Auffassung der Tourismusorganisation einerseits am sinkenden Geschäftsreisenanteil, der in Bietigheim 70 Prozent, in Besigheim und Bönnigheim 60 Prozent aller Übernachtungen ausmacht. Andererseits aber auch an Hotels, die in letzter Zeit geschlossen haben. Gerade wegen Letzterem sei es schwierig, die Zahlen mit dem Vorjahr zu vergleichen.

Im Gegensatz zu den weniger werdenden Hotelbetten kommen demnach immer mehr Ferienwohnungen und Airbnbs neu hinzu, die aber nicht meldepflichtig sind und deswegen in den Zahlen nicht auftauchen. Die Zahl der Teilnehmer an Stadtführungen sei dagegen stabil geblieben. „Auch dies spricht dafür, dass die Touristen alternative Übernachtungsmöglichkeiten nutzen“, erklärt eine Sprecherin der Stadt Bietigheim-Bissingen, bei der der 3B-Tourismus angesiedelt ist.

Das Eisenbahnviadukt ist zum Wahrzeichen von Bietigheim-Bissingen geworden. Foto: imago/YAY Images

Auch das Landratsamt zieht eine „sehr positive Bilanz“ zum bisherigen Jahr. Insbesondere der Radtourismus nehme einen immer größeren Stellenwert ein, hinzu komme die seit der Corona-Pandemie „verstärkte Orientierung auf Naherholung“. „Das Interesse an regionalen Freizeit- und Kulturangeboten ist ungebrochen hoch.“

Forderung nach Bewusstseinswandel in der Bevölkerung

Alles gut also? Nicht ganz, denn in Zeiten angespannter Haushaltslage wird auch die Förderung des Tourismus betroffen sein. Der Landkreis will sich fortan darauf konzentrieren, die Mittel „möglichst effizient“ einzusetzen. „Künftig wird der Schwerpunkt noch stärker auf der touristischen Vermarktung der Steillagen liegen – dieses herausragende Kulturgut direkt vor unserer Haustüre verdient besondere Aufmerksamkeit“, erklärt ein Sprecher des Landratsamtes.

Und auch Dehoga-Vorstand Angas hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben: Der Austausch mit den Behörden im Landkreis laufe konstruktiv. Dazu gebe es bei allen ein Bewusstsein dafür, dass der Tourismus angekurbelt werden müsse. „Aber das funktioniert nur im Zusammenschluss: Auch der Kunde muss erkennen, dass es in Deutschland Möglichkeiten gibt, vernünftig Urlaub zu machen.“