Urlaub auf Bauern- und Landhöfen wird in Baden-Württemberg immer beliebter. 1600 Höfe – Tendenz steigend – bieten Ferienunterkünfte an, das sind 3,8 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe. Wichtigste Zielgruppe sind Familien. Paare interessieren sich aktuell verstärkt für Winzerhöfe.
Stuttgart - Die Landesarbeitsgemeinschaft Urlaub auf dem Bauernhof in Baden-Württemberg beobachtet einen interessanten Trend: Immer häufiger fahren Großeltern mit ihren Enkeln in den Urlaub – um ihre Kinder während der teils langen Ferienzeit zu entlasten, in denen die Kinderbetreuung nicht immer gewährleistet ist. Doch wo kommen sowohl Großeltern als auch Enkel auf ihre Kosten? Wo ist die Anfahrt überschaubar kurz? Und ganz wichtig bei Kindern: Wo gibt es Tiere?
Vielen scheint ein Bauernhof ideal. Und die Auswahl wächst ständig. Die Landesarbeitsgemeinschaft Urlaub auf dem Bauernhof bietet über ihr Internet-Portal einen Überblick über das Angebot. unterteilt nach Regionen , Themen oder Art der Unterkunft. Dort werden auch Gütesiegel und Zertifizierungen gezeigt. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Urlaub auf dem Bauernhof verleiht selbst alle drei Jahre ihr Qualitätssiegel.
„Hintergrund ist, die Erwartungen der Gäste zu erfüllen“, sagt Constanze Bröhmer, Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft. So sei ein reiner Ackerbaubetrieb zwar auch ein Bauernhof. Die meisten Gäste erwarteten aber Tiere, Milchkühe etwa, die man im Stall melken oder mitversorgen könne.
So erhalten jetzt nur Höfe das Siegel, auf denen mindestens fünf für ländliche Betriebe typische Tiere leben wie Schafe, Ziegen, Schweine, Milchkühe oder Hühner. Ein weiteres Kriterium ist, dass regionale Produkte erworben werden können und dass mindestens einmal pro Woche eine bäuerlich-ländliche Aktivität angeboten wird, wie Brot backen, Marmelade kochen oder Stockbrot grillen am Holzfeuer. Stichwort sei die „erlebbare Landwirtschaft“, sagt Bröhmer. Es müsse zumindest das Angebot da sein, frühmorgens im Stall mitzuhelfen, auch wenn es in der Praxis dann vielleicht gar nicht genutzt werde.
Im Übrigen sei der Bauernhof die Attraktion an sich. Die noch vor fünf Jahren extrem gefragten Wellness-Angebote sind inzwischen rückläufig. Einige Landfrauen und Bäuerinnen hätten sich eigens weitergebildet etwa zu Kneipp-Anwendungen oder zur Wirkung von Kräutern. Andere hätten Saunen eingebaut und „mit enormen Kosten investiert“. Doch das habe sich für die meisten nicht rentiert, meint Bröhmer.
Reiterhöfe liegen dagegen dank der Kinder weiter im Trend. Und als Nischensegment neu ist der Urlaub auf dem Winzerhof. „Das Thema Wein wird sehr stark gefördert“, erklärt Constanze Bröhmer. So sei etwa die Badische Weinstraße neu belebt worden durch eine Stabsstelle, angedockt bei der Schwarzwald-Tourismus. Aber auch die Baden-Württemberg Tourismus-Marketing unterstütze das Thema Weintourismus. „Die Winzer- und Obsthöfe spüren das schon“, so Bröhmer. Vor allem Paare – egal welchen Alters – interessierten sich für eine immer breiter werdende Angebotspalette zu den Themen Wein, Küche und Kultur. So würden in Baden eigens Erlebnisführer ausgebildet zum Thema Kochen und Wein.
Die meisten Bauern- und Landhöfe werden in den klassischen Urlaubsregionen Schwarzwald, Bodensee und westliches Allgäu gebucht. Was nicht heiße, dass die anderen das Nachsehen hätten, so Bröhmer. „Die meisten Gäste suchen gar nicht vorrangig nach der Region, sondern nach ihrem Thema für einen Landurlaub.“ Und so seien viele Höfe auch im Winter gut gefragt – natürlich vor allem jene in den Wintersportgebieten im Schwarzwald.
Das Ministerium für Ländlichen Raum und die Europäische Union fördern den Betriebszweig Urlaub auf Bauernhöfen über das Agrarinvestitionsförderungsprogramm. 2014 gingen 600 000 Euro an neun Betriebe mit einem Investitionsvolumen von 2,8 Millionen Euro. In Qualifizierungsmaßnahmen flossen zwischen 2007 und 2014 insgesamt 510 000 Euro. Bauernhoftourismus sei ein Zukunftsmarkt, sagt Minister Alexander Bonde (Grüne). „Unsere heimischen Betriebe erfüllen die Wünsche ihrer Gäste mit höchster Qualität.“ Der Bauernhoftourismus sei ein wichtiges Spezialsegment des Tourismus im Land, der 2014 19,5 Millionen Ankünfte und 49 Millionen Übernachtungen verzeichnete.