Ein Ort der Ruhe für Angler, Naturfreunde und Spaziergänger ist der Sulzbachstausee geworden. Foto: factum/Simon Granville

Mit einer Aussichtsbrücke will der Landrat Roland Bernhard den Sulzbachstausee zu einer Touristenattraktion machen. Bevor das Bauwerk stehen kann, muss der Landrat vermutlich eine andere Brücke bauen: die zu den Naturschützern und Anglern.

Schönaich - Sie könnte das touristische Highlight des westlichen Schönbuchs werden: eine Brücke, 170 Meter lang und 20 Meter hoch, über den Sulzbachstausee, eine Mischung aus Baumwipfelpfad und Aussichtsplattform. Der Böblinger Landrat Roland Bernhard hat in der Kreistagssitzung Mitte Oktober noch einmal betont, wie sehr er daran interessiert sei, den Landkreis touristisch zu stärken und neben dem Herrenberger Schönbuchturm „ein zweites herausragendes Ausflugsziel zu schaffen“.

Doch regt sich inzwischen Widerstand gegen das Projekt. Der Naturschutzbund Ortsgruppe Steinenbronn/Waldenbuch (Nabu) fühlt sich teilweise übergangen, und auch der Fischereiverein Schönaich-Steinenbronn hält wenig von den Plänen des Landratsamtes.

Zehn verschiedene Fledermausarten

Die Naturschützer haben vor wenigen Jahren das Gebiet um den Stausee von Fledermaus-Experten kartieren lassen und haben zehn verschiedene Fledermausarten gefunden. Das berichtet Leif Schall, der Mitglied im Vorstand des Naturschutzbunds Schönaich ist. Ihn stört, dass die Naturschützer nicht von Anfang an ins Boot geholt, sondern erst später zu dem Projekt hinzugezogen wurden.

Sollte die große Brücke gebaut werden, müssten für die Fundamente sicherlich etliche Bäume am Ufer gefällt werden. Weil Fledermäuse für die Tagesruhe sogenannte Quartierbäume benutzen, wäre die Gefahr groß, dass die Schlafplätze der geschützten Tiere einfach abgeholzt würden. Nicht zu vergessen, dass touristischer Hochbetrieb und Lärm den Fledermäusen zusetzen könnten.

Zudem werde ein intensiver Tourismus dazu führen, dass es mit dem Idyll bald vorbei sei, sagt Leif Schall. Die Wege würden zugeparkt und die Landschaft vermüllt, von echter Erholung in der Ruhe des westlichen Schönbuchs könne da keine Rede mehr sein. Darüber hinaus ist Leif Schall sicher, dass im Sulzbachtal noch weitere seltene Schätze der heimischen Tier- und Pflanzenwelt lebten.

Nicht gerade wohlgesinnt sind auch die Angler den Plänen des Landrats. Zwar gehen sie nicht davon aus, dass der Fischfang durch eine touristische Nutzung gefährdet ist, doch die Angler selbst fühlen sich bedrängt, sollten sich Touristenmassen ins Sulzbachtal ergießen.

Angler helfen den Wasseramseln

Sie haben den See direkt vom Land Baden-Württemberg gepachtet, um dort ihrem Hobby nachzugehen, zumindest dann, wenn der See nicht gerade trockengelegt ist, um eine Verschlammung zu vermeiden. Darüber hinaus betätigten sich die Angler auch als Naturschützer: „Wir haben Nistplätze und Brutplätze für die Wasseramsel angelegt und versuchen dort die Population zu stärken“, sagt Lutz Reiber, der Vorstandsvorsitzende der Sportfischer Schönaich-Steinenbronn. Ihn stört vor allem die Dimension des Projekts. „Gegen eine kleine Aussichtsplattform am See hätten wir nichts“, sagt er.

Allerdings steht die Idee erst ganz am Anfang, es gibt weder einen Entwurf noch einen Plan, noch eine Kostschätzung für die Brücke. Der Landrat, der das Projekt bei einer Begehung Anfang September vorgestellt hat, will zunächst einmal die Werbetrommel für die Brücke rühren. Seit dieser Zeit seien auch noch keine weiteren Schritte unternommen worden, bestätigt Simone Hotz von der Pressestelle des Böblinger Landratsamtes.

Wenn der Plan weiter gedeiht, dann scheint sich also ein echter Zielkonflikt für die Nutzung des Sulzbachstausees anzubahnen. Zumindest aber in einem sind sich die Beteiligten einig: Der Sulzbachstausee ist ein Idyll, das den Kreis Böblingen extrem bereichert.