Tourist in Ephesus: Die Türkei ist als Reiseland wieder beliebt. Foto: Caro/Hoffmann

Die Touristikbranche verbucht trotz der Insolvenz von Thomas Cook ein kleines Umsatzplus – und bleibt auch für 2020 zuversichtlich.

Berlin - Viele 100  000 Kunden werden wegen der Pleite von Thomas Cook kaum etwas von ihren Anzahlungen zurückbekommen und damit Geld verlieren. Dennoch hat die Reisebranche die Insolvenz des zweitgrößten Veranstalters offenbar glimpflicher überstanden als befürchtet. Zumindest die Umsätze haben im abgelaufenen Touristikjahr, das am 31. Oktober endete, nach ersten Hochrechnungen um rund zwei Prozent zugelegt. 2018 lagen die Erlöse der Veranstalter bei rund 36 Milliarden Euro.

Damit sei nach vorläufigen Zahlen das bereits sehr gute Ergebnis des Vorjahres nochmals gesteigert worden, sagte der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig, auf der Jahrestagung in Hamburg – die erstmals auf einem Kreuzfahrtschiff im Hafen stattfindet. In der abgelaufenen Saison waren besonders Seereisen, Badeurlaub am Mittelmeer und Fernreisen gefragt. Zudem konnten sich die Reisebüros über ein lebhaftes Last-Minute-Geschäft freuen. Denn viele Kunden von Thomas Cook suchten kurzfristig noch Alternativen.

Online-Vertrieb legt weiter stark zu

Die Umsätze umfassen pauschale und als Bausteine gebuchte Urlaubsreisen, die in stationären Agenturen oder online gekauft werden. Nach den Auswertungen des Marktforschungsinstituts Travel Data+Analytics (TDA) stagnierten die Erlöse der Reisebüros, während der Online-Vertrieb weiter stark zulegte. Die Deutschen haben demnach allein in den letzten beiden Jahren zehn Prozent mehr für Reisen ausgegeben. Zudem spaltet sich der Markt zusehends auf: Günstige Reisen werden eher auf den Internetplattformen gekauft, teurere Angebote lieber mit Beratung im Reisebüro.

Das abgelaufene Touristikjahr sei nicht einfach gewesen, betont Fiebig. Doch die Pleite von Thomas Cook und zuvor der Airline Germania habe den Deutschen die Reiselust nicht verdorben. Besonders der Urlaub auf dem Wasser bleibt der Wachstumsmotor, das Umsatzplus bei Kreuzfahren wird mit neun Prozent angegeben. Damit liege der Anteil am gesamten Veranstaltergeschäft bereits bei 15 Prozent. Laut Kreuzfahrtverband CLIA stieg die Zahl deutscher Passagiere allein im ersten Halbjahr um 17 Prozent auf knapp 1,1 Millionen. Besonders beliebt: Mittelmeer, Kanaren und Nordeuropa.

Türkei feiert Comeback

Erfreulich für die Sonnenbranche: Die Türkei liegt auch dank vieler Schnäppchen wieder hinter Spanien auf Platz 2 der beliebtesten Destinationen, der Umsatz kletterte um 24 Prozent. Dagegen ging die Nachfrage bei den Kanaren und Balearen deutlich zurück. Für Fernreisen dagegen wird immer mehr Geld ausgegeben, die Umsätze wuchsen um vier Prozent im Schnitt. USA und Mexiko liefen noch besser, die Inseln der Karibik dagegen schwächer, ebenso wie Thailand.

Für die begonnene Saison bleibt Fiebig optimistisch. Die Buchungen für den Winter liegen dem DRV-Chef zufolge bisher „knapp unter Vorjahr“, nach den Kanaren sei Ägypten das meistgefragte Ziel der Sonnenhungrigen. Bei den Fernreisen stehen derzeit die Malediven, Kapverden und Südafrika hoch im Kurs. Für den Sommer 2020 will der Verband erst zur Reisemesse ITB im März eine Prognose wagen.

Immer mehr Deutsche machen Urlaub im eigenen Land

Immer mehr Deutsche verbringen ihren Urlaub aber auch gerne in heimischen Gefilden. Der Deutschland-Tourismus peilt das zehnte Rekordjahr in Folge an. Bis Ende Oktober wuchs die Zahl der Gästeübernachtungen zwischen Ostsee und Schwarzwald um 3,6 Prozent auf 432 Millionen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. 2018 zählten die Hotels und Pensionen knapp 478 Millionen Gäste.

In der Debatte um bessere Absicherung von Kundengeldern warnt Fiebig vor Schnellschüssen der Politik. Die Pauschalreise habe sich viele Jahre bewährt und ihre Leistungsversprechen zum Beispiel bei Rückholaktionen im Falle von Naturkatastrophen oder Terroranschlägen in Urlaubsgebieten eingehalten. Im Falle von Thomas Cook aber habe der Schutz der Kundengelder nicht funktioniert, das sei nicht vertretbar und bessere Lösungen seien unstrittig nötig.

Im Kern gehe es um höhere Haftungssummen für sechs große Veranstalter, so Fiebig. Hier haften die Versicherer wie im Falle der Cook-Pleite nur bis 110 Millionen Euro, die Schadensmeldungen belaufen sich aber bereits auf rund 250 Millionen Euro. Hinzu kommen die immensen Rückholkosten für gestrandete Urlauber. Damit ist bereits klar, dass die Kunden nur einen Bruchteil ihrer Anzahlungen zurückerhalten.

Dennoch hofft die Branche, dass das Vertrauen in die Pauschalreise nicht dauerhaft erschüttert ist. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des DRV waren 94 Prozent der Befragten, die in den letzten drei Jahren ein Angebot gebucht hatten, damit zufrieden. Nach dem Handwerk liegen demnach die Veranstalter auf Platz 2 beim Ansehen einzelner Wirtschaftsbranchen.