Weiter vorne dabei: Emanuel Buchmann (rechts) Foto: AFP

Auf dem legendären Col du Galibier hält Emanuel Buchmann erneut mit der absoluten Weltspitze mit – und verteidigt Rang sechs. Die Entscheidung bei der Frankreich-Rundfahrt ist indes auf das Wochenende vertagt.

Valloire - Die Höhe? Die Hitze? Die Herausforderungen der dritten Woche? Vor der Alpentrilogie der Tour de France gab es viele Fragezeichen. Auf der Königsetappe am Donnerstag über Col de Vars (2109 m), Col d’Izoard (2360 m) und Col du Galibier (2642 m) folgte die Antwort von Emanuel Buchmann. „Es ging wieder gut bei mir“, sagte der Kapitän des deutschen Rennstalls Bora-hansgrohe, nachdem er auf den 208 Kilometern von Embrun nach Valloire Rang sechs verteidigt hatte, „und es gibt keinen Grund, warum es an den beiden nächsten Tagen in den Alpen schlechter laufen sollte.“

Buchmann hatte erneut problemlos in der Gruppe der Favoriten mitgehalten, zumindest bis einen Kilometer unter dem Gipfel das Galibier. Dort attackierte Titelverteidiger Geraint Thomas. „Da war ich voll am Limit“, meinte Buchmann, „aber der Rest auch.“ Den Verfolgern gelang es, das Loch wieder zuzufahren – zumindest zu Thomas. Zwei Kolumbianer waren zu diesem Zeitpunkt allerdings schon enteilt.

Quintana und Bernal greifen an

Nairo Quintana hatte sich sieben Kilometer vor der Passhöhe aus einer Ausreißergruppe verabschiedet, fuhr einen Solo-Sieg ein, mit dem er sich von Rang zwölf auf Platz sieben der Gesamtwertung schob. Ein Ausrufezeichen setzte auch dessen Landsmann Egan Bernal. Der Mitfavorit und Ineos-Teamkollege von Thomas attackierte 2,7 Kilometer vor dem Gipfel des Galibier, machte eine halbe Minute auf die Konkurrenten gut. Er liegt nun 1:30 Minuten hinter Julian Alaphilippe. Der Franzose musste am Galibier zwar abreißen lassen, gab in der 20 Kilometer langen Abfahrt ins Ziel aber richtig Gas und schloss schnell wieder auf. Ob er das Gelbe Trikot auch am Freitag und Samstag verteidigen kann? Buchmann glaubt nicht daran: „Irgendwann wird er einbrechen.“

Buchmann hat seinen Spaß

Im Gegensatz zum Mann aus Ravensburg? Zumindest wäre es für Gregor Mühlberger keine Überraschung, sollte Buchmann sein Ding weiter durchziehen. Der Österreicher ist der wichtigste Helfer des Bora-Kapitäns, am Donnerstag geleitete der 25-Jährige seinen Chef noch in den letzten Anstieg hinauf zum Col du Galibier. Und als er schließlich doch abreißen lassen musste, tat er dies im Gefühl, dass Buchmann den Rest alleine erledigen würde. „Emu ist unvorstellbar stark. Er hat bei dieser Tour noch keine Schwäche gezeigt“, meinte Mühlberger, „es macht Spaß zu sehen, wie viel Spaß er hat. Wie selbstbewusst er ist. Und wie er sein Rad beherrscht.“ Was Buchmann erreichen könne? „Alles!“

Diese Aussage gründete auf ein Gefühl. Aber die Leistung von Buchmann lässt sich auch mit Daten unterfüttern. Sagt zumindest sein Trainer – aus dessen Sicht sich der 26-Jährige auf einem Niveau bewegt, das zu erwarten war. „Er fährt hier nicht plötzlich auf einem anderen Level“, sagt Dan Lorang, „was er zeigt, ist nicht unmenschlich. Es ist genau das, was wir im Training erarbeitet haben.“

Ergebnis der Trainingsarbeit mit Lorang

In der dritten Saison ist Buchmann nun mit Lorang zusammen, der auch noch einen anderen prominenten Klienten hat: Jan Frodeno. Den Triathleten führte der 39-jährige Luxemburger, der früher Triathlon-Bundestrainer war, zum Triumph beim Ironman auf Hawaii. Nun sieht Lorang Parallelen zwischen Frodeno und Buchmann: „Sie glauben an das, was sie tun. Ohne Kompromisse. Beide wollen den maximalen Erfolg. Und beide geben dir als Trainer das Gefühl: Wir wollen Rennen gewinnen.“

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Davon ist Buchmann bei dieser Tour zwar weiterhin 2:14 Minuten entfernt. Doch noch hat er alle Chancen, der Abstand auf den Zweitplatzierten Egan Bernal beträgt nur 44 Sekunden. Und es bleibt ja hammerhart bei der Tour. An diesem Freitag geht es zuerst über den Col de l’Iseran, mit 2770 Meter das Dach der Tour, dann hinauf zur Bergankunft nach Tignes (2113 m). Und am Samstag wartet der 33,4 Kilometer lange Schlussanstieg nach Val Thorens (2365 m). Nicht nur Buchmann selbst geht davon aus, dass die Entscheidung über den Tour-Sieg erst am finalen Berg fallen wird. Ob er selbst dann noch im Rennen um einen Platz auf dem Podium sein wird? Lorang ist sich zwar sicher, dass Buchmann für Extrembelastungen wie gemacht ist. Er sagt aber auch: „Bergetappen in dieser Höhe sind eine große Unbekannte. Es geht nicht nur darum, dass er gut durchkommt, sondern auch darum, was die anderen machen.“

Deshalb haben sie bei Bora betont, dass sich an Buchmanns Ziel, einen Platz unter den besten zehn zu belegen, nichts geändert hat. „Emu ist kein Überflieger, bei dem die Werte durch die Decke gehen“, so Lorang, „mir ist klar, dass er es weit bringen kann. Wie weit, kann man nicht vorhersagen.“ Auch nicht für die Tour 2019.