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Einsatzkräfte in der Sindelfinger Altstadt blockiert - Auch andere Städte betroffen.

Sindelfingen - Die Ursache des Wohnungsbrandes, bei dem ein 68-Jähriger in Sindelfingen ums Leben kam, ist auch am Montag noch ungeklärt. Klar aber ist für die Feuerwehr, dass dringend etwas gegen Falschparker getan werden muss.

Dramatische Szenen in der Stumpengasse in Sindelfingen: Es brennt im dritten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses in der Altstadt, eine 57-jährige Bewohnerin muss aus dem Fenster gerettet werden. Doch falsch geparkte Autos stehen dem Drehleiterfahrzeug der Feuerwehr im Weg. Es kommt nicht durch zum Brandort. "Ich hab' das mit der Polizei vorsorglich geklärt", sagt Stadtbrandmeister Wolfgang Finkbeiner, "wenn es dringend notwendig wird, fahren wir mit Vollgas rein."

In solchen Fällen zählt jede Minute

Die beiden Falschparker bleiben dann doch unversehrt. Mit tragbaren Leitern rennen die Feuerwehrleute zum brennenden Haus, bringen die Frau in Sicherheit. Für einen 68-jährigen Bewohner aber kommt jede Hilfe zu spät: Er wird leblos im Badezimmer gefunden. Die Ursache des Brandes am Sonntag gegen 18.30 Uhr ist unklar. Der Schaden wird auf 80 000 Euro geschätzt.

Ob der 68-Jährige womöglich hätte gerettet werden können, wenn die Feuerwehr mit der Drehleiter ungehindert direkt vors Haus hätte fahren können, ist ungewiss. Tatsache ist aber, dass in solchen Fällen jede Minute zählt. Eine starke Viertelstunde sei so etwa der Zeitraum, in dem eine Person mit einer Rauchvergiftung unter günstigsten Umständen noch reanimiert werden könne. Das sagt Finkbeiner schon seit Jahren, immer und immer wieder fallen ihm Sündenfälle in der Altstadt auf. "Auch in diesem Fall werden wir uns mit Polizei und Ordnungsamt zusammensetzen müssen."

Die beiden falsch geparkten Fahrzeuge in der Stumpengasse wurden abgeschleppt. Sie tragen auswärtige Kennzeichen, vielleicht Gäste eines nahen Hotels, heißt es. Doch ortsunkundig zu sein entschuldigt nichts: Die Fahrbahnmarkierungen sind eindeutig. "Leider machen sich die Autobesitzer überhaupt keine Gedanken darüber, dass hier im Notfall ein 2,50 Meter breites Feuerwehrfahrzeug durch muss", sagt Finkbeiner. Mehr Verbotsschilder? "Die werden doch gar nicht beachtet", klagt der Stadtbrandmeister.

Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr kämpfen immer wieder gegen Hindernisse

Probleme allüberall. Die Feuerwehr in Herrenberg musste Ende Dezember 2010 auf der Einsatzfahrt in die Altstadt umkehren, weil Falschparker den Weg versperrt hatten. "Damals verloren wir zwei bis drei Minuten", erinnerte sich Stadtbrandmeister Werner Widmayer. Zum Glück war's nur ein durchgeschmorter Transformator.

Auch in der Landeshauptstadt ist das Thema bei der Feuerwehr ein Dauerbrenner. Viele erinnern sich noch an die Brandkatastrophe in der Geißstraße im März 1994, als sieben Menschen ums Leben kamen. Ob Bohnenviertel, Stuttgarter Westen oder Bad Cannstatt - Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr kämpfen immer wieder gegen Hindernisse und Schikanen. "Aus diesem Grund haben wir zusammen mit Ordnungs- und Tiefbauamt sogenannte Feuergassen-Pläne erarbeitet", sagt der Stuttgarter Feuerwehrsprecher Sebastian Fischer. Darin seien Korridore festgelegt, die bei der Genehmigung von Straßenfesten oder der Errichtung von Laternen als Grundlage verwendet werden. Freilich: Gerade beim Parkkonzept im Westen "war das natürlich ein heißes Eisen", so Fischer.

Als besonders drastisches Beispiel gilt der Stadtteil Rotenberg auf dem Württemberg. "Da geht im Brandfall gar nichts mehr", klagt ein Feuerwehrmann. Natürlich: Bei Lebensgefahr steht die Feuerwehr auf der rechtlich sicheren Seite, wenn ein im Weg stehendes Auto weggeräumt werden muss. Feuerwehrsprecher Fischer betont allerdings, dass es dann nicht so zugeht wie in amerikanischen Actionfilmen. "Augen zu und durch? Dann wäre auch unsere Drehleiter mit der sensiblen Hydraulik demoliert", sagt er, "und das hilft uns nicht weiter." In der Vergangenheit habe es höchstens Kratzer oder abgerissene Spiegel gegeben.

Im Fall des tödlichen Feuers in der Sindelfinger Altstadt bleiben Fragen offen. Der Brandherd liegt im Bereich von Flur und Bad, der Auslöser ist unklar. Am Dienstag soll ein Sachverständiger die Spuren unter die Lupe nehmen. Die Todesursache steht noch nicht endgültig fest: Die Staatsanwaltschaft hat eine Obduktion angeordnet.