Peta hatte am Donnerstag zu einer Demonstration gegen den Hühnerhofbesitzer in Ludwigsburg aufgerufen Foto: Simon Granville/Simon Granville

Hat ein Gerlinger Landwirt gegen das Tierschutzgesetz verstoßen? Das Veterinäramt prüft – und schließt ein Tierhalteverbot nicht aus. Peta hat den Mann angezeigt.

Der Hofladen in Gerlingen ist ein idyllischer Ort: Das zum Kauf angebotene Pflanzensortiment wandelt sich mit dem Lauf der Jahreszeiten. Der Hofladen selbst zeigt das breite Angebot bäuerlicher Erzeugnisse. Die Vorwürfe, die gegen den Hühnerhof-Besitzer im Raum stehen, mögen nicht dazu passen. Doch sie wiegen schwer.

Tote und verletzte Tiere im Stall

Er soll zum wiederholten Mal die Tiere vernachlässigt und mangelhaft gepflegt haben. Die Tierschutzorganisation Peta spricht von „verletzten, teilnahmslosen Tieren, die einen stark vernachlässigten Eindruck machen“. Zudem habe „jedes zweite bis dritte Huhn“ ein „durch Federpicken geschädigtes Gefieder. Etliche leiden unter tiefen Wunden im Bereich der Kloake.“ Mehrere Tierleichen befänden sich inmitten eingesperrter Artgenossen, mindestens zwei Tiere würden bereits seit mehr als zwei Wochen verwesen. Laut dem Kreisveterinäramt hält der Gerlinger Landwirt insgesamt 5000 Hühner. Dieser äußert sich trotz mehrfacher Nachfrage dieser Zeitung nicht zu den Vorwürfen. Eine telefonische Kontaktaufnahme blockt er ab, er beendet das Gespräch abrupt. Auf Mails reagiert er nicht.

Anfang Februar hatte die Tierrechtsorganisation Peta das Kreisveterinäramt in Ludwigsburg informiert. Zuvor waren Peta nach eigener Aussage Videoaufnahmen aus den Stallungen zugespielt worden. Die Aufnahmen, die ekelerregende Bilder aus den Stall enthielten, wurden wenig später auch in einem SWR-Fernsehbericht gezeigt.

Veterinäramt entdeckt herumliegende Kadaver

Das Veterinäramt reagierte nach eigenen Angaben noch am selben Tag. „Herumliegende Kadaver wurden in die Tonnen getan“, teilt der Behördensprecher Andreas Fritz mit. Mündlich sei angeordnet worden, die Volieren zu öffnen, zu misten, die Kadaver aus den Stallungen zu entfernen, tote Tiere zu entsorgen. Zudem sei der Hofbesitzer zur Vorlage der Dokumentation über den Hühnerbestand aufgefordert worden.

Vor Ort seien alle Maßnahmen zum Schutz der Tiere getroffen worden, sagt Fritz. Damit ist die Sache für die Behörde allerdings nicht erledigt. „Das Veterinäramt prüft ergebnisoffen. Grundsätzlich sieht das Tierschutzgesetz neben vielen anderen Maßnahmen auch ein Tierhalteverbot als Maßnahme vor. Der Sachverhalt wird zudem der Staatsanwaltschaft vorgelegt, bußgeldbewehrte Verstöße werden geahndet.“

Aktivisten demonstrieren für Tierhalteverbot

Die Tierrechtsorganisation Peta fordert schon jetzt ein Tierhalteverbot für den Hühnerhofbesitzer. Sie habe Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart erstattet. Die Tierrechtsorganisation fordert zudem die Veterinärbehörde auf, „ihrer Verantwortung für den Tierschutz nachzukommen“ und „endlich ein Tierhalteverbot auszusprechen“. Dieser Landwirt habe nichts gelernt – „als Konsequenz muss endlich ein Tierhalteverbot folgen“, sagt die Peta-Fachreferentin Scarlett Treml. Um diese Forderung zu unterstreichen, hatte Peta für Donnerstag zu einer Demonstration vor dem Kreisveterinäramt in Ludwigsburg aufgerufen.

Im Jahr 2015 hatte Peta schon einmal Aufnahmen des Hofes öffentlich gemacht. „Verletzte und traumatisierte Tiere wurden gezwungen, zwischen verwesenden Artgenossen ihr Dasein zu fristen“, beschrieb Peta den Inhalt der Aufnahmen und warf dem Mann einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor. Peta erstattete Anzeige „wegen fortgesetzter Tierquälerei durch Vernachlässigung und fehlender Pflege (...)“.

Hof zuletzt November 2022 tierschutzrechtlich untersucht

Das Veterinäramt verhängte ein Bußgeld, über dessen Höhe es keine Auskunft gab. Insider schätzten die Höhe damals auf mehrere hundert Euro. Drei Jahre nachdem Peta Anzeige erstattet hatte, stellte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ein Verfahren ein. Ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz sei nicht mit der „nötigen Sicherheit“ festzustellen, so der Staatsanwalt – und gab die Akte an das Veterinäramt weiter, das für Ordnungswidrigkeiten zuständig ist.

Seitdem hatte das Veterinäramt nach eigenen Angaben den Betrieb „vermehrt kontrolliert“. Aber es sagt auch: „Die Verantwortung für die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Anforderungen liegt beim Tierhalter.“ Kontrollen „sollen und können die Wahrnehmung dieser Eigenverantwortung prüfen, aber nicht ersetzen.“ Und weiter: „Eine lückenlose amtliche Überwachung ist im Rahmen des amtlichen Kontrollsystems nicht vorgesehen und auch nicht leistbar.“ Zuletzt sei der Hof im November 2022 tierschutzrechtlich kontrolliert worden.