Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid holt SPD-Leute in seine Behörde. Foto: dpa

Wirtschafts- und Finanzminister Schmid holt Parteifreunde in sein neues Grundsatzreferat und verärgert damit das eigene Haus.

Stuttgart - Die Stellenausschreibung im Mai dieses Jahres versprach einen Top-Job. Das Wirtschafts- und Finanzministerium suche zum nächstmöglichen Zeitpunkt drei Volljuristen, Wirtschafts-, Verwaltungs- oder Sozialwissenschaftler „mit überdurchschnittlichem Abschluss“. Der Bewerber sollte „berufliche Erfahrungen im strategischen Management“ haben und in der Lage sein, die Politik entsprechend zu beraten“. Damit war klar: Superminister Nils Schmid (SPD) sucht erstklassige Leute für das neue Referat Strategie und Planung, auf dass sein Haus schlagkräftiger werde.

Der Vorstoß kam nicht von ungefähr. Wochenlang hatte der Vizeministerpräsident Rückschläge hinnehmen müssen, vom Thema Schlecker bis zu den Entgleisungen seines Amtschefs Daniel Rousta. Mit dem neuen Referat Nummer 97 sollte alles besser werden. Und Schmid verteidigte die Schaffung des dreiköpfigen Teams. Erstens würden dafür keine neuen Stellen geschaffen, sondern freie Stellen im Doppelministerium neu zugeordnet. Zweitens sei es strategisch nötig, dass „alles in einer Hand liegt“. Soll heißen: Grundsatzfragen müssten in dem mehr als 700 Mitarbeiter starken Superministerium künftig zentral geklärt werden.

„Man vertraut den Beamten aus dem eigenen Haus nicht“

Und so dauerte es nicht lange und die Bewerbungen fluteten – intern wie extern. Das sei im „dreistelligen Bereich“ gewesen, erinnert sich einer, der Job sei „ja auch hochinteressant“ , zumal an einer Schaltstelle des Ministeriums. Doch viele, die da ihre Zeugnisse samt Lichtbild abgegeben hatten, machten sich vergeblich Hoffnungen. Denn zwei der drei Stellen gingen an Kandidaten, die ein SPD-Parteibuch haben. Als Referatsleiter wurde Christoph Schwerdtfeger auserkoren, Jahrgang 1976, laut Ministerium Harvard-Absolvent, vier Jahre bei der Unternehmensberatung McKinsey beschäftigt. Schwerdtfeger war für die SPD bei der Landtagswahl 2006 vergeblich im Wahlkreis Konstanz angetreten. Den Zuschlag für eine der beiden Referentenstellen erhielt Daniela Harsch, Diplomvolkswirtin, ihre Doktormutter gehört laut Ministerium zu den Wirtschaftsweisen der Bundesregierung. Auch Harsch hat SPD-Blut: Sie ist seit 2008 Vorsitzende der Reutlinger SPD, zudem Mitglied des Landesvorstands, von 2004 bis 2008 war sie Juso-Vizechefin im Land. Trotzdem weist man im Ministerium den Verdacht zurück, da seien Posten nach Parteibuch vergeben worden. „Wir haben die Besten ausgewählt“, sagt Schmids Sprecher.

Allein, im Doppel-Ministerium sehen das manche ganz anders. Sie fürchten, dass das Haus nur noch ein verlängerter Arm der SPD sein wird, auf dass Schmid gegenüber dem übermächtigen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) besser in Erscheinung tritt. Andere stören sich vor allem an den Umständen der Personalentscheidungen. „Man vertraut den Beamten aus dem eigenen Haus nicht“, sagt eine verärgerte Vertreterin der Mitarbeiterschaft über die Tatsache, dass interne Bewerbungen nicht berücksichtigt wurden. Was für zusätzlichen Ärger sorgt: Die Entscheidung für Schwerdtfeger wurde ohne Beteiligung des Personalrats getroffen, was rechtlich erlaubt ist, intern aber für weiteren Ärger sorgt. „Es passt nicht zusammen, dass die SPD einerseits immer das Hohelied der Mitbestimmung singt, solche Entscheidungen aber ohne die Mitarbeitervertretung trifft“, lauten die Kommentare im Superministerium. Der Auserwählte freilich darf sich freuen. Er muss nicht die beamtenübliche Wartezeit ertragen, sondern springt sofort von der Gehaltsklasse A 13 (monatlich: rund 4400 Euro) nach A 15 (rund 5500 Euro).

Inzwischen haben die Neuen ihre Posten angetreten, die Debatte um die Personalpolitik ist deshalb aber nicht verstummt. Denn ein anderer Fall sorgt für zusätzlichen Gesprächsstoff. Ein Mitarbeiter der Zentralstelle, der dort einst bei Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) begann und Politologe ist, wurde jetzt ins Referat Denkmalpflege versetzt. Eine ganz normale Rochade? Drei Monate war die Stelle ausgeschrieben, es gab 16 Bewerber, darunter Experten aus dem Bereich Architektur. Aber die Hausspitze entschied sich für den Mann aus der Zentralstelle. Ein Schelm, der vermutet, das habe mit dessen FDP-Parteibuch zu tun.