Mit der Freitreppe des Kleinen Schlossplatz ist das Geschichtsprojekt Stuttgart-Album vor zehn Jahren gestartet. Foto: K/thomas Hörner

Am 28. September 2012 ist das Stuttgart-Album im Netz gestartet. Zum zehnten Geburtstag unseres Geschichtsprojekts, das zum Familienalbum einer ganzen Stadt geworden ist, blicken wir mit der Top Ten der Klicks auf die Höhepunkte zurück.

Wer Nostalgie kuschelig findet und sich an Erinnerungen erwärmt, so dachte man bisher, muss schon etwas älter sein. Von wegen. Bei der Facebook-Seite unseres Geschichtsprojekts Stuttgart-Album bilden die unter 35-Jährigen mit 19 Prozent die größte Altersgruppe, wie die Statistik des sozialen Netzwerks belegt. Die Jüngeren wollen wissen, wie Stuttgart ausgesehen hat, als sie noch gar nicht auf der Welt waren. Etliche von ihnen sind sich einig mit den älteren Kommentatoren und Bildgebern: Historische Bauten prägen eine Stadt und sollten erhalten werden. Zu einer Stadt gehören junge und alte Häuser – wie auch junge und alte Menschen. Die Mischung macht’s.

Die einstmals schönste Straßenbahnstrecke in Europa

Fotos erzählen Geschichten. Auf den Fotos des Stuttgart-Albums sieht man, wie die Straßenbahn auf der Neuen Weinsteige ruckelt, auf der „schönsten Straßenbahnstrecke Europas“, wie man damals sagte. Man sieht „Mythen in Tüten“ – die Tüten von unvergessenen Plattenläden wie Lerche und Barth. Man sieht, wie sich Fußgänger, Autos und Straßenbahn die Königstraße teilen, Menschen noch im Neckar planschen und erkennt, wie leicht es früher gewesen wäre, von der Besuchsterrasse des Flughafens aufs Rollfeld zu marschieren.

Das Stuttgart-Album dokumentiert Stadtgeschichte aus persönlicher Sicht

Das Geschichtsprojekt ist eine Fundgrube für alle, die Stuttgart lieben, selbst wenn sie auch mal an der Stadt verzweifeln. Wer in die Vergangenheit zurückblickt, kommt mit der Gegenwart besser klar, will sich im besten Fall einmischen, damit aus der Zukunft was wird. Das Stuttgart-Album, in dem Leserinnen und Leser ihre ganz persönlichen Erinnerungen austauschen, dokumentiert Stadtgeschichte aus persönlicher Sicht. Tausende von Fotos wurden seit dem Start dem Geschichtsprojekt anvertraut, ob datenreich digital oder kistenweise analog – es sind Postkarten, eigene Aufnahmen aus Familienalben sowie Schätze aus Nachlässen. Mit knapp 18 000 Facebook-Fans ist das Stuttgart-Album eine starke Stimme in den regionalen Blogs. Menschen erzählen und berichten in den sozialen Netzwerken, wie sie Ereignisse vor Ort erlebt haben.

Das Foto von der Freitreppe ging vor zehn Jahren viral

Zu verdanken ist dies der Freitreppe vom Kleinen Schlossplatz, die von 1993 bis 2002 Stadtgeschichte geschrieben hat. Ende September 2012 ging ein Foto dieser im Gedächtnis noch immer zentralen Stufen in den sozialen Medien viral. Immer mehr Kommentare,immer mehr Erinnerungen, immer mehr Fotos sind auf einer zunächst privaten Facebook-Seite gepostet worden. Daraus entstand immer mehr – am Ende eine Zeitungsserie in Print und im Netz. Obendrein sind drei Bücher dazu erschienen.

Heimatliebe ohne Tümelei. Zum zehnten Geburtstag blicken wir auf Fotos und Themen, die seit 2012 die meisten Menschen bewegt haben. Die Klickrekorde sind in unserer Bildergalerie zu sehen. Die Heimatverbundenheit und das Interesse an der Vergangenheit gerade auch von jüngeren Menschen ist zugleich die Sehnsucht nach Freundschaft, nach Familie und nach Geborgenheit in hektischer Zeit. Ist es Nostalgie, Heimatliebe oder ein Protest gegen digitale Zwänge? Aus gutem Grund sind die Bilder und Kommentare, Erzählungen und Berichte aus früheren Zeiten so wichtig: Eine Stadt ohne Erinnerungen hat keine gute Zukunft.