15 Kilogramm Klopapier verbraucht ein Bundesbürger durchschnittlich im Jahr. In Europa sind es pro Kopf 13 Kilo – dass sind 5,5 Millionen Tonnen jährlich in Europa und rund 22 Milliarden Rollen Toilettenpapier. Foto: dpa

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Nirgendwo zeigt sich das so deutlich wie bei der alltäglichen Frage, ob man die Klopapierrolle lieber von vorne oder von hinten abrollt.

Stuttgart - Jeder Deutsche verbraucht pro Jahr durchschnittlich 15 Kilogramm Toilettenpapier. Mit einem Umsatz von knapp 3,9 Milliarden Euro liegt die Klopapier-Nation Deutschland weltweit auf Platz vier. Nur in China (12,3 Milliarden Euro), den USA (9,2 Milliarden Euro ) und Japan (3,9 Milliarden Euro) wird mehr WC-Papier konsumiert.

Alte Zeitungen fein säuberlich in kleine Stücke zerrissen – das war einmal. Heute verwendet man Tissue-Papier: saugfähiges, feingekrepptes Hygienepapier aus Zellstoff. Das auf Papphülsen aufgewickelte bunte, bedruckte oder blütenweiße Papier mit Standardnormgröße zerfällt in der Kanalisation zu Brei. Es besteht aus bis zu fünf Papierlagen und ist Gegenstand aufwendiger Forschung.

Sanft zur Haut, gut faltbar, anschmiegsam und weich-faserig

Die großen Toilettenpapier-Hersteller gehen mit wissenschaftlicher Akribie und Hightech an die Optimierung ihrer Produktpalette. Reißfest muss Klopapier sein, sanft zur Haut und gut faltbar, anschmiegsam, weich-faserig und perforiert, so dass man es leicht abreißen kann und der Kunde sich rundum wohlfühlt.

Vorne oder hinten? In Hotels ist es Standard, das Papierende nach vorne aufzuhängen. Ein Bepper auf der Rolle signalisiert dem Gast: Hier war ein aufmerksames Zimmermädchen am Werk und hat die Klopapierrolle gewechselt.

Die Deutschen sind Falter

Die meisten Bundesbürger falten ihr WC-Papier (78 Prozent). Nur acht Prozent knüllen es zum Ballen. Weitere acht Prozent greifen mal zu der einen, mal zu der anderen Methode. Der Rest wickelt das Papier irgendwie um die Hand.

Statistisch gesehen hängen 72 Prozent der Deutschen das erste Blatt einer neuen Rolle nach oben auf, 28 Prozent lassen es lieber hängen. „Over or under“ – über oder unter? In den USA wird dieses Thema seit einigen Jahren in der „The Great Toilet Paper Roll Debate“ (Die große Toilettenpapier-Abroll-Debatte) diskutiert. Im Rahmen seiner Werbekampagnen fragte ein großer Hygieneartikel-Hersteller nach den Präferenzen der US-Bürger gefragt. Die Vorne-Abroller lagen dabei mit 72 Prozent deutlich vorne. Vor allem Frauen zwischen 21 und 34 sowie 55 plus zupfen mit Vorliebe von vorne, wenn sie auf dem stillen Örtchen hocken.

Lieber nach vorne oder nach hinten?

Für beide Varianten gibt es gute Gründe: Das Papierende nach vorne zu legen ist hygienischer, weil das lose Ende nicht mit der Wand und Keimen in Berührung kommt. Zudem kann man besser danach greifen. Die meisten reißen das perforierte Papier schräg zur Wand ab. Laut Herstellern entspricht die Vorne-Lösung der werkseitig vorgesehenen Abroll-Methode und passt zu den entsprechenden Papiermustern.

Aber auch die Hinten-Orientierung hat ihre Vorzüge. Das Klopapier kann nicht komplett abrollen, weil sich die Rolle an die Wand anschmiegt. Außerdem wirkt es für manche aufgeräumter, wenn das flatternde Ende versteckt ist.

Nach hinten aufgehängt ist kraftsparender

Welche Variante effizienter ist, wurde auch schon untersucht. Im Rahmen der 45. Internationalen Physik-Olympiade 2014 in Kasachstan ging es in der ersten Runde des deutschen Auswahlverfahrens um die Frage, bei welcher Rolltechnik man weniger Kraft aufwenden muss. Die Antwort: „Es muss weniger Kraft zum Ziehen aufgewendet werden, wenn das lose Ende des Papiers hinten herunterhängt.“

In diese Berechnung sind Variablen wie etwa Reibungsverlust durch die spezifische Oberflächenbeschaffenheit der Wand oder die Haftreibung zwischen Papier und Kacheln miteinberechnet. Wenn man das Papier leicht seitlich abzupft, werde die „Reaktionskraft der Wand und damit die Reibungskraft verringert“, heißt es weiter. Damit ist wissenschaftlich erwiesen: Die meisten Deutschen wenden fürs Po-Säubern mehr Energie und Kraft auf als notwendig.