Seit einem halben Jahr sitzt ein 48-Jähriger aus Remseck in Untersuchungshaft, weil er seine Ehefrau erstochen haben soll. Nun hat der Prozess vor dem Landgericht Stuttgart begonnen.
Diese Tat hat nicht nur die Menschen im Remsecker Stadtteil Neckargröningen erschüttert: Am Morgen des 20. März soll ein 48-Jähriger seine gleichaltrige Ehefrau, die wegen ihres ehrenamtlichen Engagements im Ort gut bekannt war, erstochen haben. Nach der Tat fügte er sich selbst schwere Verletzungen zu, die dazu führten, dass er längere Zeit im Krankenhaus lag und erst am 11. April in die Untersuchungshaft überführt wurde. Am 23. Mai wurde Anklage gegen ihn erhoben.
Am Dienstag hat der Prozess gegen den gelernten Raumausstatter begonnen. Die Staatsanwältin schilderte dabei die Einzelheiten der blutigen Tat. Gegen 5.50 Uhr, so der Vorwurf, habe der Angeklagte, der die Nacht auf der Couch verbracht habe, das gemeinsame Schlafzimmer betreten und mit einem japanischen Küchenmesser mit 13,5 Zentimeter langer Klinge unvermittelt auf seine wehrlose Frau eingestochen. Diese habe entweder noch geschlafen, da ihr Wecker immer erst um 6 Uhr auslöste, oder sei aus dem Schlaf hochgeschreckt.
Fest stehe, dass sie versucht habe, den Angriff abzuwehren und dabei schwerste Schnittverletzungen erlitten habe. Insgesamt habe der Körper der Frau mehr als 25 Stich- und Schnittverletzungen aufgewiesen. Zum Tod hätten ein Stich ins Herz und der hohe Blutverlust geführt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei der Tat um eine heimtückische Tötung und damit um Mord. Zunächst hatte der Vorwurf „Totschlag“ gelautet.
Der Neckargröninger verfolgte die Anklageverlesung aufmerksam und gefasst. Auch auf die Fragen des Richters zu seiner Person gab er offen und äußerlich ruhig Auskunft, bis sein Verteidiger ihn ausbremste, weil er fand, dass manche Fragen schon den Tatvorwurf betrafen. „Er hat das alles schon sehr ausführlich vor dem Gutachter dargestellt und will sich jetzt, auch angesichts der nicht geringen Öffentlichkeit, auf die Erklärungen zur Person beschränken“, so der Verteidiger.
Normale Laufbahn in bürgerlichem Milieu
Was der Angeklagte berichtete, klingt nach einer ganz normalen Laufbahn in bürgerlichem Milieu. Aufgewachsen in Neckargröningen, dort auch den Hauptschulabschluss gemacht, zunächst eine Lehre zum Elektriker begonnen, aber schon nach einem Monat stattdessen eine Lehre zum Raumausstatter gemacht. In diesem Beruf arbeitete er seitdem auch, wobei er bei den Firmen jeweils mehrere Jahre blieb. Zwischendurch sei er zwei Monate bei der Bundeswehr gewesen, den Rest seiner Pflichtzeit habe er als Zivildienst abgeleistet.
Von Trennungswunsch der Frau wohl überrascht worden
Seine Frau habe er mit Ende Zwanzig in einer Ludwigsburger Diskothek kennengelernt, berichtete der 48-Jährige auf weitere Fragen des Richters. Sie habe damals in München gelebt, stamme aber ebenfalls aus dem Raum Ludwigsburg und habe seinerzeit ihre Eltern besucht. Im Jahr 2009 hätten sie geheiratet, aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Da beide zusammen recht gut verdienten, habe man sich 2011 eine Eigentumswohnung gekauft, in der die Familie lebte.
Das Verhältnis zu seiner Frau bezeichnete der Angeklagte als „insgesamt sehr harmonisch eigentlich“. Man habe viel gemeinsam unternommen, sei gern Rad gefahren, ins Freibad oder zum Wandern gegangen. Später habe man allerdings im Alltagsstress „vielleicht zu wenig gemeinsam gemacht. Man hat gemerkt, dass man sich bemühen muss, dass wir auch für uns wieder Zeit haben“, berichtete der Mann. Aus Sicht der Ehefrau war es dafür aber wohl zu spät – sie habe sich trennen wollen. Das habe sie ihm bei einem gemeinsamen Wochenendausflug mitgeteilt. Zuvor sei man noch zusammen in Urlaub gewesen.
Angeklagter wollte sich offenbar selbst töten
Auf die Frage des Richters, ob Alkohol oder andere Drogen bei ihm eine Rolle gespielt hätten, entgegnete der Neckargröninger, er habe gelegentlich etwas getrunken und auch Marihuana geraucht, aber manche Jahre auch gar nicht. Problematisch sei das aus seiner Sicht nie gewesen. Auch sonst sei er immer gesund gewesen.
Aufgrund der Stichverletzung, die er sich am Tattag selbst zugefügt hat, müsse er nun allerdings dreimal wöchentlich zur Dialyse, sagte er auf weitere Nachfragen nüchtern und ohne Selbstmitleid. Der hohe Blutverlust habe dazu geführt, dass seine Nieren so gut wie gar nicht mehr funktionierten.
Im Zuschauerraum äußerte eine Frau nach der Verhandlung Verständnis für den Angeklagten: „Ich glaube, eine Kurzschlussreaktion kann keiner für sich ausschließen.“ Der Prozess wird am 9. Oktober fortgesetzt.