Beim Bau eines Einfamilienhauses ist ein Arbeiter 2021 in Großbottwar tödlich verunglückt. Foto: dpa//Soeren Stache

Zwei Männer wurden der fahrlässigen Tötung beschuldigt – das Amtsgericht Marbach hat sie nun freigesprochen. Im Prozess kamen die Hintergründe dafür zu Tage.

Zum tödlichen Verhängnis ist einem jungen Mann im März 2021 eine Baustelle in Großbottwar geworden. Auf den Arbeiter war ein mit Beton gefülltes Stahlrohr gefallen und trennte ihm die Bronchien ab, so dass der 33-Jährige erstickte. Bei der juristischen Aufarbeitung vor dem Amtsgericht Marbach wurden der Bauleiter und der Polier als die Verantwortlichen der Baustelle vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung eines Menschen freigesprochen.

Der junge Mann hatte für eine slowenische Baufirma gearbeitet, und kam, als diese zum Subunternehmer eines Baubetriebs aus Horb wurde, auf die Baustelle für ein Mehrfamilienhaus in Großbottwar. Die Horber Firma wiederum war als Subunternehmen für eine große Baufirma in Bietigheim-Bissingen tätig. An dem Tag im März vor zwei Jahren erhielt der Mann den Auftrag, Gussrohre abzubauen. Diese unterschiedlich hohen Stahlrohre sind mit Beton gefüllt und auch mit Beton ummantelt, und tragen die Rampe, die zu Beginn der Baustelle eine Zu- und Abfahrt zum Kellergeschoss bildet.

Wurde fachgerecht gearbeitet?

„Eine Fachfirma geht ganz anders vor, als es hier offenbar der Fall war“, erläuterte ein Zeuge aus dem Landratsamt Ludwigsburg vor Gericht. Danach werden die Rohre, bevor überhaupt an ihnen gearbeitet wird, an einem Bagger oder Kran aufgehängt. Zunächst wird der äußere Beton abgesprengt, das freigelegte Stahlrohr angeflext, und anschließend vom Bagger gefällt“, erläuterte der 64 Jahre alte Bauingenieur. Gemeinsam mit einem Fachmann von der Berufsgenossenschaft hatte er den Unglücksort einen Tag später begutachtet.

Wie war der genaue Ablauf des Unfalls?

Der Arbeiter hatte bereits einige der kleineren Rohre abgetragen, die noch zu sehen waren. Dabei fiel den Fachleuten auf, dass alle diese Rohre ringsherum eingeschnitten waren, und nicht wie üblich, nur angeschnitten. Der Bauingenieur führte im Gerichtssaal weiter aus, wie die Verantwortlichkeiten geregelt sind, und schnell wurde klar, wenn Subunternehmen und Sub-Subunternehmen beauftragt werden, wird es schwierig: „Aber die beauftragende Firma, in dem Fall das Bietigheimer Unternehmen, kommt aus dem Arbeitsschutz nicht raus.“ Zum entscheidenden Zeugen wurde ein Baggerfahrer der Bietigheimer Firma, der den mitangeklagten Polier mit seinen Angaben entlastete. „Am Morgen hat der Polier, der den ganzen Tag auf der Baustelle war, die Anweisung gegeben, die Pfähle freizulegen, den Beton wegzumeißeln, die Rohre anzuflexen und anschließend mit dem Greifer des Baggers wegzudrücken“, erklärte der 52-Jährige.

Staatsanwaltschaft prüft Rechtsmittel

Als gebürtiger Rumäne hatte er dem jungen Mann die Anweisungen übersetzt. Während dessen Betonarbeiten habe er andere Arbeiten gemacht. Just in dem Moment, als der Arbeiter das längere Rohr wohl bearbeitete, war der Baggerfahrer nicht in der Nähe. Er kam seinen Angaben zufolge erst hinzu, als der junge Mann bereits unter dem Rohr lag.

Der 52 Jahre alte Bauleiter des Bietigheimer Unternehmens erhielt einen Strafbefehl über 12 000 Euro, der 61 Jahre alte Polier einen über 15 400 Euro, gegen den die Männer fristgerecht Einspruch eingelegt hatten.

Die Richterin sprach beide Männer vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei, ob die Anweisungen des Poliers sach- und fachgerecht gewesen seien, hätte ein Gutachten klären müssen, es spiele jedoch keine Rolle. Der Geschädigte habe sich vielmehr über die getätigten Anweisungen hinweggesetzt und damit einen neuen Kausalzusammenhang in Gang gesetzt. Das Unglück sei im eigenverantwortlichen Verhalten des Geschädigten geschehen. Die Staatsanwaltschaft prüft nun Rechtsmittel.