Der Fahrer des zweiten Mercedes ist nach dem tödlichen Autorennen in Ludwigsburg weiter auf der Flucht. Im Netz häufen sich die Hinweise zum mutmaßlichen Täter, die Polizei hält sich bislang aber zurück.
Der tragische Tod der beiden jungen Frauen, die am Donnerstag ums Leben kamen, beschäftigt die Menschen weit über die Stadt Ludwigsburg hinaus. Zwei Fahrer von Mercedes S-Klassen hatten sich ein illegales Autorennen in der Schwieberdinger Straße geliefert. Das Fahrzeug eines 32-jährigen Türken kollidierte mit dem Ford, in dem die beiden 22 und 23 Jahre alten Frauen saßen, als sie aus einer Tankstelle auf die Schwieberdinger Straße fuhren. Für die beiden Frauen kam jede Hilfe zu spät.
Die sozialen Netzwerke werden überschwemmt von Beileidsbezeugungen und Wünschen für die Familie und die Freunde der Verstorbenen. Eine von ihnen lebte in Möglingen, bestätigt Bürgermeisterin Rebecca Schwaderer. Sie zeigt sich tief betroffen. „Es ist erschütternd und macht mich wütend, wie durch unvernünftiges Handeln zwei junge Menschen ohne eigene Schuld aus dem Leben gerissen wurden. Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer. Die Gemeinde trauert mit ihnen“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung.
Eines der Opfer soll schwanger gewesen sein
Eine der beiden jungen Frauen soll schwanger gewesen sein. Auch von einer bevorstehenden Hochzeit ist im Netz die Rede. Die Polizei bestätigt diese Angaben am Samstagvormittag nicht und verweist auf die Ermittlungen. Eine 15-köpfige Ermittlungsgruppe arbeite auf Hochtouren.
In die Trauer und das Entsetzen mischt sich in vielen Posts auf Instagram und Facebook sowie in den Kommentaren zu unserer Berichterstattung auch Wut. Wut auf die beiden Männer, die die Straße in der Ludwigsburger Innenstadt zur Rennstrecke gemacht haben. Von einer Höchstgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern ist die Rede. Auch das bestätigt die Polizei aktuell jedoch nicht.
Leidenschaft für hochmotorisierte Autos
Der 32-Jährige sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Der zuständige Richter erließ Haftbefehl wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge in zwei tateinheitlichen Fällen. Der Inhaftierte arbeitete – das zeigt sein Facebookprofil – früher wohl bei Daimler und besitzt jetzt offenbar eine KfZ-Werkstätte. Er verkauft dort auch Fahrzeuge. Ein Blick auf die Homepage zeigt: Es sind vor allem schnittige Porsche und Mercedes, die auf das Betriebsgelände ein- und ausfahren.
In seinem Instagramprofil postet er regelmäßig Bilder und Videos teurer Wagen. Darunter auch ein Foto eines schwarzen Mercedes. Und zwar genau das Modell, das bei dem tödlichen Unfall beschädigt wurde. Auch Farbe, Felgen und Bauform sind identisch.
Es findet sich zudem ein Reel, dass nicht nur die Leidenschaft für hochmotorisierte Autos zeigt, sondern auch Sequenzen einer Fahrt auf der Autobahn, bei der andere Fahrzeuge durchaus gefährlich geschnitten werden. Darüber hinaus hatte der 32-Jährige, der offenbar auch selbst Vater ist, wohl vor Jahren seinen Führerschein schon einmal längere Zeit verloren. In seinem Facebookprofil postet er 2017 ein Bild mit dem Führerschein in der Hand und kommentiert es selbst mit den Worten „Endlich wieder in meinem Besitz. War ein langer Weg, aber hab es geschafft.“
Am Freitag hatte sich auf Instagram ein Cousin des 32-Jährigen in einem langen Post zu Wort gemeldet. Er verstehe die Betroffenheit und die Erschütterung. Zwei unschuldige junge Leben seien auf tragische Weise ausgelöscht worden. Nichts auf der Welt könne den Schmerz der betroffenen Familien lindern. Ihnen gelte sein Mitgefühl. Doch Hass bringe die Verstorbenen nicht zurück und Beleidigungen linderten das Leid der Familien nicht.
Sein Cousin werde für immer mit „dieser Tragödie“ leben müssen. Was passiert sei, sei niemals seine Absicht gewesen. Er werde mit der Last ein Leben lang leben müssen. Doch jeder mache Fehler. Einige seien tragischer als andere, aber am Ende verdiene jeder, als Mensch behandelt zu werden. „Bitte hört auf, Hass zu verbreiten. Er hilft niemandem. Stattdessen lasst uns innehalten, uns an die Verstorbenen erinnern, Mitgefühl zeigen und aus dieser Tragödie lernen.“
Der Post löst heftige Reaktionen aus. Dem Verfasser wird in den Kommentarspalten unter anderem eine Täter-Opfer-Umkehr vorgehalten und er löscht ihn wieder.
Ist der Fahrer in der Türkei?
Der Fahrer des zweiten Wagens ist weiter auf der Flucht. Sein Mercedes konnte zwar schon am Donnerstagabend nahe der Unfallstelle festgestellt werden, aber von den Insassen fehlt bislang jede Spur. Im Netz wird spekuliert, dass er sich längst in die Türkei abgesetzt hat.
Die Polizei hat am Freitag ein Online-Hinweisportal freigeschaltet, über das nicht nur Zeugenhinweise, sondern auch Dateien wie Bilder, Screenshots sowie Videosequenzen hochgeladen werden können. Das Hinweisportal, das auch anonym genutzt werden kann, ist unter https://bw.hinweisportal.de/ zu erreichen.
Darüber hinaus bittet die Ermittlungsgruppe Urban beim Polizeipräsidium Ludwigsburg Zeugen, sich unter der Telefonnummer 0711/6869-555 oder per E-Mail an stuttgart-vaihingen.vpi@polizei.bwl.de zu melden.