Der Tatort im Mercedes-Werk: Die Suche nach dem Motiv der tödlichen Schüsse geht weiter. Foto: dpa/Julian Rettig

Der mutmaßliche Todesschütze schweigt. Die Polizei gründet eine 17-köpfige Ermittlungsgruppe Halle, um das Tatmotiv und den Ablauf zu ergründen. Wegen eines Waffendelikts war der Mann bis dato nicht auffällig.

Der 53-jährige Tatverdächtige, der nach den tödlichen Schüssen am Donnerstagmorgen im Sindelfinger Mercedes-Werk in Untersuchungshaft sitzt, hatte die Waffe illegal in Besitz. Und er macht das, was jeder Strafverteidiger seinen Mandanten rät: Nichts sagen. Denn all das könnte später in einem Gerichtsverfahren gegen ihn verwendet werden.

So aber konnte die Ludwigsburger Polizei am Freitag auch nur mitteilen, dass der Beschuldigte keine Angaben zu den Vorwürfen macht. Der türkische Staatsbürger soll seine beiden 44 Jahre alten Landsleute im Streit am Arbeitsplatz erschossen haben. Nun soll eine 17-köpfige Ermittlungsgruppe mit dem Namen Halle mehr Licht ins Dunkel bringen. Auch wenn sich soziale Netzwerke und die brodelnde Gerüchteküche über das Motiv ziemlich einig sind, nämlich ein Streit anlässlich der Türkei-Wahl: „Wir haben hierzu noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen“, betont die Ludwigsburger Polizeisprecherin Yvonne Schächtele. Es werde sozusagen in alle Richtungen ermittelt.

Der Beschuldigte schweigt beim Haftrichter

Am Donnerstag gegen 7.45 Uhr war es in der Produktionshalle Factory 56 auf dem Gelände des Mercedes-Benz-Werks in Sindelfingen zu den tödlichen Schüssen gekommen. Unter Arbeitskollegen eines externen Speditionsdienstleisters war zuvor offenbar ein Streit ausgebrochen. Der 53-Jährige soll die beiden 44 Jahre alten Opfer mit Schüssen niedergestreckt haben, ließ sich danach von Mitarbeitern des Werkschutzes und von der Polizei widerstandslos festnehmen. Einer der beiden 44-Jährigen erlag noch vor Ort seinen Verletzungen. Das zweite Opfer starb wenig später in einem Krankenhaus.

Bei der Vorführung beim Haftrichter am Donnerstagnachmittag im Stuttgarter Amtsgericht machte der Beschuldigte keine Angaben. Einen Haftbefehl gab es, auch wenn Staatsanwaltssprecher Aniello Ambrosio bisher nicht von einem Mord sprechen kann: „Nach derzeitigen Erkenntnissen liegt der dringende Tatverdacht eines Totschlags vor.“ Mordmerkmale wären etwa Heimtücke oder Habgier.

Waffe im illegalen Besitz

Bei der Tatwaffe, die von der Polizei an Ort und Stelle sichergestellt werden konnte, handelt es sich um eine Pistole. Woher die Schusswaffe stammt und wie der 53-Jährige in deren Besitz gekommen ist, wird derzeit ermittelt. Allerdings steht nach behördlicher Prüfung fest: „Der Tatverdächtige, der sich seit Donnerstagnachmittag in Untersuchungshaft befindet, besitzt keine waffenrechtliche Erlaubnis und dürfte die Schusswaffe daher illegal besessen haben“, sagt Polizeisprecherin Schächtele.

Es bleibt weiter ein Geheimnis, ob der 53-Jährige bereits polizeilich auffällig gewesen ist. Darüber könnte es unter anderem in der polizeiinternen Fahndungsdatenbank Polas – kurz für Polizei-Auskunftssystem –, entsprechende Einträge geben. Die Daten dienen auch der Einschätzung der Person eines Verdächtigen. Diese seien aber Teil der Ermittlungen, und darüber könnten deshalb keine Angaben gemacht werden, sagt Staatsanwalt Ambrosio. Und fügt dann doch hinzu: „Wegen eines Waffendelikts jedenfalls ist er bisher nicht auffällig gewesen.“