Nur noch Einzelteile statt ein Auto: Im Juli 2009 verlor ein junger Raser auf der König-Karls-Brücke sein Leben. Foto: Thomas Hörner

Typisch junge Autofahrer: Heißspornig bringen sie sich und andere als rücksichtslose Raser in höchste Gefahr. Das denken viele nach dem jüngsten tödlichen Unfall in Stuttgart. Es ist nicht das erste Drama.

Stuttgart - Lange Zeit schien Stuttgart von tödlichen Unfälle durch junge Raser verschont zu werden. Wenn es folgenschwer krachte, passierte es meist in der Region – etwa vergangene Woche in Murr (Kreis Ludwigsburg) oder zu Jahresbeginn bei einer Massenkarambolage in Aichtal (Kreis Esslingen), als junge Menschen am Steuer tödliche Autounfälle auslösten. Seit acht Jahren hatte es in Stuttgart keinen vergleichbaren Fall mehr gegeben – davor indes waren nach einer Unfallserie Forderungen nach mehr Blitzern und Polizeivideostreifen als Prävention laut geworden.

Freilich – den bis dato letzten tödlichen Autounfall mit jungen Fahrern hätte man an jener abgelegenen Stelle nie erwartet: In der Zazenhäuser Straße in Zuffenhausenraste am 23. März 2011 ein Ford Mondeo gegen einen Baum. Die Insassen, zwei junge Männer aus Zuffenhausen, wurden nur 18 und 20 Jahre alt. Man sprach von einem Wettrennen mit einem Kumpel, als der 20-jährige Fahrer gegen 22.30 Uhr die Kontrolle über den 150-PS-Wagen seines Vaters verlor. Dabei soll er auch Passanten in höchste Gefahr gebracht haben.

Weiterhin Raserbrennpunkt: Schwanenplatztunnel

Es war ebenfalls mitten in der Nacht, als ein 24-jähriger BMW-Fahrer am 1. August 2010 auf der Heilbronner Straße im Norden eilig stadteinwärts fuhr, eine Kolonne überholte und auf Höhe Türlenstraße über eine rote Ampel fuhr. Bei der Kollision kam der 46-jährige Beifahrer des gegnerischen Fahrzeugs ums Leben.

Der Ruf nach politischen Konsequenzen wurde im Jahr 2009 besonders laut – nach einem dramatischen Unfall am 6. Juli auf der König-Karls-Brücke in Bad Cannstatt. Ein 21-jähriger Golf-Fahrer war auf der B 14 durch den Schwanenplatztunnel so schnell unterwegs, dass sein Wagen nach einer Schleuderfahrt und dem Aufprall gegen einen Lichtmast zerrissen wurde.

Jährlich verunglücken 1500 junge Erwachsene

Damals wurde eine stationäre Blitzeranlage im Tunnel geplant, um die Raser in der Röhre auszubremsen. Denn der Unfall auf der König-Karls-Brücke war trauriger Höhepunkt eines allgemeinen Problems: In der Nacht, ohne Staus, wurde dort mit bis zu 170 statt 50 Kilometer pro Stunde gerast.

Nun, zehn Jahre später, ist die geplante Tempoüberwachungsanlage mit schwarzem Blitz noch immer nicht installiert – und die Polizei behilft sich weiter mit mobilen Messungen. Erst Mitte Januar dieses Jahres wurde im Tunnel ein Raser mit 131 „Sachen“ erwischt.

Den höchsten Blutzoll unter jungen Fahrern gab es 2004 und 2005 mit insgesamt vier Todesopfern. In dieser Zeit verunglückten jährlich zwischen 1600 und 2000 junge Erwachsene im Stuttgarter Straßenverkehr. Diese Zahl ist zuletzt auf etwa 1500 gesunken. Immerhin ein Lichtblick – allerdings nur ein statistischer.