Die Uniklinik in Freiburg (Archivbild) Foto: dpa

Zwei Mal war der dreijährige Alessio auf der Kinderstation der Freiburger Uniklinik in Behandlung. Dabei wurde festgestellt, dass der Junge aus Titisee-Neustadt misshandelt wurde. Die Klinik erstattete Anzeige. Doch die verlief offenbar im Sande.

Freiburg - Nach dem Prügeltod des dreijährigen Alessio im Schwarzwald sieht das Uniklinikum Freiburg die Verantwortung beim Jugendamt. Der Junge sei in den Sommern 2013 und 2014 wegen des Verdachts der Kindesmisshandlung stationär in Behandlung gewesen. 2014 sei ein „klares Warnsignal“ gegeben worden, sagte die Chefin der Freiburger Kinderklinik, Charlotte Niemeyer, am Mittwoch. Die Klinik habe das Jugendamt informiert, Strafanzeige gestellt und die Behörden davor gewarnt, das Kind zurück in die Familie zu schicken. Warum der Junge trotz Warnungen gestorben ist, sei nun eine Frage, die das Jugendamt beantworten müsse, sagte die Ärztliche Direktorin der Kinder- und Jugendmedizin, Ute Spiekerkötter.

Mit der Weitergabe des Patienten an den Jugendschutz endet den Angaben zufolge der Zuständigkeitsbereich der Klinik. „Deshalb ist jetzt die Aufgabe zu recherchieren: Wie arbeiten wir zusammen, damit für uns eindeutige Fälle nicht so enden?“, sagte Spiekerkötter. „Irgendwas muss schiefgelaufen sein, an irgendeiner Stelle, sonst wäre der Junge nicht verstorben.“ Die Behörden weisen weiterhin jeden Vorwurf zurück. Es sei immer eine Abwägung: „Braucht das Kind jetzt Schutz oder die Familie Unterstützung, um den Erziehungsauftrag durchzuführen“, sagte die Sozialdezernentin des Kreises Breisgau-Hochschwarzwald, Eva-Maria Münzer, am Mittwoch. Die Tat sei nicht abzusehen gewesen, die Eltern hätten kooperiert. Es habe „noch nie einen solchen Fall“ gegeben - und das bei mehr als 200 Kindeswohlgefährdungen pro Jahr, so Münzer.

Der Fall des Jungen ist besonders schwerwiegend

Der Fall des Jungen sei besonders schwerwiegend. Nur sehr selten stelle eine Klinik Strafanzeige, hieß es am Mittwoch. Die Ermittlungen dazu waren im Oktober 2014 eingestellt worden, weil dem in Verdacht geratenen Stiefvater laut Staatsanwaltschaft Freiburg nichts nachgewiesen werden konnte. Der 32 Jahre alte Mann hatte den Dreijährigen am vergangenen Freitag mit schweren Verletzungen zu einem Arzt in Titisee-Neustadt gebracht. In der Praxis starb das Kind. Die Polizei geht davon aus, dass der Mann den Jungen geschlagen hat und ermittelt wegen Totschlags.

„Wir sind zutiefst erschüttert und sprachlos“, sagte der Ärztliche Leiter des Kinderschutzzentrums, Karsten Häffner. Er hatte den Jungen bei seinen beiden Klinikaufenthalten behandelt. Das Kind selbst habe sich im gegenüber nicht zu einem möglichen Missbrauch geäußert. „Bei einem zwei- bis dreijährigen Kind ist nicht allzu viel verbale Kommunikation zu erwarten“, sagte der Arzt. Dennoch seien die Hinweise eindeutig gewesen.