Vor dem Spott der „Titanic“ war auch die Zonen-Gaby nicht sicher. Foto: Archiv

Das Satiriker-Trio Titanic Boygroup beleidigt sein Publikum am Montag in den Stuttgarter Wagenhallen.

S-Nord - Sie kommen nach Dings. Sie treten immer in Dings auf, egal, wo sie gerade sind. Und sie sind immer froh, dass sie morgen wieder abfahren dürfen aus Dings, während diejenigen, die vor ihnen sitzen, verdammt sind zu bleiben. Ihr Publikum samt seiner Heimatstadt zu kränken, gehört zu ihrem Konzept. Dass Prominenz zu beleidigen, vor allem Polit-Prominenz, ebenso zum Konzept gehört, ist gerichtlich festgestellt. Mal zahlten sie 10 000 Euro an Kurt Beck, mal 40 000 Mark an Björn Engholm. Willkommen, Titanic Boygroup, in der Stadt, die Stuttgart heißt und dem Kulturzentrum, das Wagenhallen heißt.

Abwarten, ob den drei von der Stunkstelle dazu Abwertendes einfällt. Entschuldigung, nicht den drei von der Stunkstelle, den „drei abgefuckten Altstars“. So nennen sie sich selbst, gewissermaßen vorsorglich – wer austeilt, muss auch einstecken. Die Titanic Boygroup, das sind Martin Sonneborn, Thomas Gsella und Oliver Maria Schmitt. In ihrem Lebenslauf haben sie gemeinsam, dass sie alle einst Chefredakteure des Satiremagazins „Titanic“ waren. Sie selbst nennen es Faktenmagazin.

Nun denn. Die Fakten sind dann, dass „Titanic“ nicht mit dem Bild von Kurt Beck aufrief: „Knallt ihn ab“. Fakt ist, dass die Redaktion bedauerlicherweise das Foto von Kurt Beck mit dem des seinerzeit in Bayern gefürchteten Bären Bruno verwechselte. Sie sind die einzigen, die konsequent beklagen, dass im Jahr 1989 „Horden zerlumpter Gestalten die einwandfrei funktionierende Ostgrenze Westdeutschlands einrissen“ und Zonen-Gaby durch die Lücken in den Westen eindrang.

Jeder zehnte Titel wird verboten

Sie waren es, die als Nachfolgerin von Helmut Kohl dessen Tochter direkt ins Amt der Bundeskanzlerin katapultieren wollten, die sie nur „das Merkel“ nennen. Damals war die Zeit noch nicht reif, beziehungsweise Angela Merkels Gesicht, denn: „Sie sah scheiße aus, deshalb mussten wir auf eine sozialdemokratische Zwischenlösung setzen, deren Namen heute jeder vergessen hat“. So sagt es Sonneborn auf der Bühne. Übrigens droht die gedruckte „Titanic“ Monat für Monat von der Schräglage in den Untergang zu gleiten: Im Schnitt wird jeder zehnte Titel des Magazins gerichtlich verboten.

In wessen Humor derlei Polemik passt, der sollte sich tatsächlich diesen Montag in die Wagenhallen begeben, denn die Titanic Boygroup ist nach fünfzehn gemeinsamen Jahren auf der Bühne, also fünfzehn Jahren voller „Ruhm, Weiber und Rückenschmerzen“ auf Abschiedstournee. Mit der tröstet das Trio seine Anhänger darüber hinweg, dass es sich trennen will. Das allerdings schon eine ganze Weile. Verbrieft ist, dass die Titanic Boygroup vor fast auf den Tag genau drei Monaten in Dings, also Alsfeld, im Autohaus Deisenroth auftraten, als ein Programmpunkt der Reihe „Der Vulkan lässt lesen“. Sofern sich ein Nachfolger-Trio findet, dürfte das durchaus als Vorlage für eine Spottsatire taugen.

Zukunft der Boygroup-Mitglieder

Das rund 200minütige aktuelle Programm passt zum Thema Abschiedstournee. Zu ihm gehört ein Rückblick auf die mehr als 30 Jahre Titanic genauso wie ein Querschnitt durch das sonstige Wirken der drei Herren. In diesem Sinne wird – ungeachtet von Trennung oder nicht – von den drei Boygroup-Mitgliedern im inzwischen gesetzten Alter auch künftig Satirisches und Beleidigendes zu hören sein. Zuvorderst von Martin Sonneborn, den insbesondere als Gründer und Vorsitzenden der Titanic-Partei „Die Partei“ auch Medien beachten, denen Satire für gewöhnlich so fern liegt wie die Forderung, die Mauer wieder aufzubauen.

Thomas Gsella wird weiterhin Bösartigkeiten in Lyrik verpacken, wie zuletzt seine Spottlieder von den peinlichsten Klischees über Deutsche in Europa. Und er wird mit einiger Gewissheit dafür weitere Preise verliehen bekommen, bevor er fertig damit ist, die bisherigen „der Größe nach zu sortieren“. Das ist seine erklärte Absicht für die Rentenzeit nach der Boygroup. Oliver Maria Schmitt war zwar bisher damit beschäftigt, als Oberbürgermeister von Frankfurt zu kandidieren, hat aber ungeachtet dessen längst andere Zukunftspläne entworfen. Er droht, „packende Gesellschaftsromane über Sex mit Zahnprothesen und Inkontinenzmitteln“ zu schreiben.

Der Auftritt der Titanic Boygroup in den Wagenhallen am Inneren Nordbahnhof beginnt um 20 Uhr.