Bei der Tischtennis-WM spielt sich Annett Kaufmann von der SV Böblingen mit starken Leistungen in den Vordergrund, auch wenn es nur wenige Siege gibt. Für Wirbel sorgt der Videobeweis.
Aus in Runde eins, Runde zwei und im Achtelfinale – was auf den ersten Blick nach einem enttäuschenden Wettbewerb aussieht, lässt sich bei genauerer Betrachtung doch etwas besser darstellen. „Ich bin insgesamt sehr stolz auf meine Leistungen“, bilanziert Annett Kaufmann. Der deutsche Tischtennis-Shootingstar von der SV Böblingen hat schließlich bei der Weltmeisterschaft in Doha untermauert, dass mit ihr zu rechnen ist.
Im Einzel dominierte sie in der ersten Runde beim 4:0 gegen die Vietnamesin Wing Lam Ng. Doch bereits im nächsten Duell wartete mit Chen Xingtong die Weltranglistendritte. Kaufmann versteckte sich nicht – im Gegenteil: Der erste Durchgang ging mit 11:9 an die 18-Jährige. „Ich habe viele Sachen, die ich geübt habe, sehr gut angewendet und umgesetzt“, schildert sie.
So entwickelte sich ein packendes Duell, in dem die favorisierte Chinesin mächtig zu kämpfen hatte. „Sie war sehr nervös und zittrig.“ Das konnte Kaufmann allerdings nicht nutzen und lag stattdessen mit 1:3-Sätzen in Rückstand. „Sie hat versucht, meinen Rhythmus mit allen Mitteln zu brechen.“ Im fünften Abschnitt gelang ihr selbst mit 11:9 der Anschluss, und auch danach ließ sich die Teenagerin trotz eines 4:9-Rückstand nicht entmutigen. Beim 9:9 war wieder alles drin, doch Chen behielt letztlich mit 11:9 die Oberhand. „Hätte ich vielleicht hier und da noch ein Fünkchen Glück gehabt, hätte ich gewinnen können“, haderte die Unterlegene. „Das Match motiviert mich aber, denn das Training hat sich ausgezahlt.“
Etwas besser lief es im Doppel an der Seite von Xiona Shan. Einem 3:1-Erfolg zum Auftakt folgte ein 3:0. Im Achtelfinale ging es gegen Shin Yubin/Ryu Hanna, vor zwei Jahren WM-Finalistinnen. Nach einem knappen 8:11 im ersten ging der zweite klar mit 4:11 in die Binsen. „Die Südkoreanerinnen waren echt gut. Da hat man gemerkt, dass sie schon ewig zusammenspielen“, so Annett Kaufmann. Zwar konnten sie und ihre Partnerin den dritten Durchgang mit 11:4 für sich entscheiden, doch nach dem 6:11 war ihr Aus besiegelt. „Wir hätten gerne mehr erreicht, aber uns hat die Spiel- und Trainingspraxis gefehlt“, musste Kaufmann feststellen. „Wir wussten nicht blind, was der andere macht. Das kann man aber auch nicht erwarten, denn wir konnten vorher kaum üben.“
Die fehlende Eingespieltheit machte ihr auch im Mixed mit Patrick Franziska zu schaffen. Trotz einer 7:3-Führung im ersten Abschnitt verloren die beiden noch mit 8:11 gegen die Franzosen Simon Gauzy/Prithika Pavade. „Das lag teils an Eigenfehlern, teils hat Gauzy sensationell gespielt“, konstatierte Kaufmann. Beim 11:8 im zweiten Satz lief es jedoch besser.
Dabei ließ sich das deutsche Duo auch nicht von einer Situation aus der Ruhe bringen, die für Wirbel sorgte. Eine Angabe von Pavade überquerte nicht die Mittellinie, sofort wurde der frisch eingeführte Videobeweis gefordert. Doch die Schiedsrichterin verweigerte diesen, da es keinen Kamerawinkel aus der Vogelperspektive gab. „Ich war schon sehr sauer“, schimpft die Bundesligaspielerin vom SV DJK Kolbermoor, die im Einzelsport noch für die SV Böblingen an den Start geht. „Man hat es aus jedem anderen Kamerawinkel sehen können.“ Sie hofft nun, dass sich das neue System verbessert. „Es gibt noch viele Baustellen“, nickt sie.
Sportlich gab es dann den nächsten Rückschlag. Wieder verspielten Kaufmann/Franziska einen 7:3-Vorsprung. Davon erholten sie sich nicht mehr. Nach 9:11 ging der vierte Durchgang mit 7:11 verloren. „Man hat mehr erwartet, aber es war eine wichtige Lektion für uns“, erklärte Annett Kaufmann ehrlich.
Zunächst steht für sie Entspannung auf dem Programm, ehe ab Donnerstag die Vorbereitung auf die deutsche Meisterschaft Anfang Juni beginnt. Dabei wird sie nicht nur im Einzel, sondern auch im Doppel mit Yuan Wan an den Start gehen – in beiden Wettbewerben als Titelverteidigerin.