In den vergangenen Monaten haben im Landkreis Ludwigsburg immer wieder Wohnhäuser gebrannt. Kreisbrandmeister Andy Dorroch weiß, wo die Gefahren liegen, wie man richtig reagiert – und warnt vor Fahrradakkus.
Mundelsheim, Ostersonntag: Das Dach eines Einfamilienhauses steht in Flammen. Die Bewohner können sich gerade noch in Sicherheit bringen – mit dem Schrecken, aber unverletzt. Es war nicht der einzige Brand in den vergangenen Monaten im Landkreis: In einer Wohnung der Karlshöhe Ludwigsburg, auf einem Haushof in Eberdingen und auf einem Kirchheimer Bauernhof brannte es ebenfalls.
„Hausbrände sind nach wie vor Ausnahmen“, sagt Ludwigsburgs Kreisbrandmeister Andy Dorroch. Dennoch gebe es unterschätzte Gefahrenquellen, eine Arglosigkeit mit dem Feuer und entscheidende Fehler. Fünf interessante Erkenntnisse aus einem Gespräch mit dem Brandexperten des Landkreises.
1. Feuer ja – aber mit Respekt!
„Ich habe schon ein bisschen Sorge, mit welcher Arglosigkeit Menschen heute mit Feuer umgehen“, sagt Dorroch. Er hat in den vergangenen Jahren beobachtet, wie auf Balkonen gegrillt wird – direkt neben einem Sichtschutz aus Schilf. In Trockenphasen werden Feuer am Waldrand entzündet oder Kamine kaum noch gereinigt.
„Ich will das nicht dramatisieren, aber wir haben den natürlichen Umgang mit Feuer in der Gesellschaft verloren.“ Sein Plädoyer: Feuer ja – aber bewusst. „Ich rate Eltern zum Beispiel, in der Adventszeit gemeinsam mit den Kindern Kerzen anzuzünden. Dabei sollten sie erklären, was gefährlich sein kann – und vorleben, dass man Kerzen löscht, wenn man den Raum verlässt.“
2. Die Gefahr schlummert im Mehrfachstecker
Eine der häufigsten Ursachen für Hausbrände sind überlastete Steckdosen. Immer wieder sieht Dorroch, dass mehrere Mehrfachstecker miteinander verbunden werden – und auf diese Weise viele Geräte über eine einzige Steckdose laufen. „Besonders gefährlich wird es, wenn beispielsweise Waschmaschine und Trockner an einer Steckdose angeschlossen sind und dann auch noch gleichzeitig laufen“, sagt Dorroch.
Der Profi-Tipp: Die Watt-Leistung der Mehrfachsteckdose prüfen – und so wenig Geräte wie möglich gleichzeitig nutzen. „Am besten große Elektrogeräte ganz ausstecken, wenn sie gerade nicht gebraucht werden.“
3. Wenn die Küche zum Brandherd wird
Wer an Brandgefahren in der Küche denkt, hat oft brennendes Fett in Pfannen oder einen überhitzten Ofen im Kopf. Doch laut Dorroch wird eine andere Gefahr häufig übersehen: die Dunstabzugshaube. In deren Filter sammeln sich über die Zeit Fettrückstände – und die sind leicht entzündlich.
Selbst kleine Feuer auf dem Herd können durch den sogenannten Kamineffekt der verschmutzten Haube zu ernsten Bränden führen. Die Filter regelmäßig zu reinigen oder auszutauschen, sei eigentlich selbstverständlich – werde aber viel zu selten gemacht, so Dorroch.
4. Fahrradakku im Auge behalten
Eine neuere Gefahr in Haushalten sind Lithium-Ionen-Akkus, etwa von E-Bikes. „In der Regel sind diese Akkus sicher – aber wenn sie durchgehen, wird es gefährlich.“ In den Akkus kann es zu Überhitzungen oder Kurzschlüssen kommen, die zu Flammen und vor allem zu einer extremen, giftigen Rauchentwicklung führen. „In Kornwestheim hatten wir einen Einsatz, bei dem wir 50 Menschen aus einem Gebäude retten mussten – wegen des Rauchs eines durchgebrannten Akkus.“
Dorroch rät deshalb: Akkus nicht in Wohnzimmern, Fluren oder Treppenhäusern laden – also dort, wo sich Rauch schnell ausbreiten kann. „Und besser nicht über Nacht. Lieber beim Laden ein Auge drauf haben.“
4. Der Fluchtreflex als Gefahr
Es liege in der Natur des Menschen, bei einem Feuer zu flüchten, sagt Dorroch. Genau das sei jedoch der tödlichste Fehler bei einem Hausbrand. Denn die meisten Menschen sterben nicht im Feuer, sondern im Rauch. „In meinen 40 Jahren im Beruf hätten wir vermutlich 99 Prozent der Todesfälle verhindern können, wenn die Menschen in ihren Zimmern geblieben wären.“
Bei starker Rauchentwicklung in Flur oder Treppenhaus sollte man sich in ein Zimmer zur Straßenseite und möglichst weit vom Brandherd zurückziehen – und dann die Feuerwehr rufen. Auch wenn es beängstigend klingt: Wer die Tür schließt und wartet, hat oft die besten Überlebenschancen. „Selbst einfache Zimmertüren halten erstaunlich lange Rauch und Flammen stand“, sagt Dorroch.
5. Türen schließen – Schäden vermeiden
Ist der Fluchtweg frei und gefahrlos, sollte man möglichst viele Türen und Fenster schließen. So kann sich der Rauch nicht weiter im Gebäude ausbreiten, und das Feuer bekommt keinen zusätzlichen Sauerstoff.
„Wir hatten schon viele Einsätze, bei denen eigentlich kleine Brände großen Schaden angerichtet haben – weil Türen offenstanden“, sagt Dorroch. Umgekehrt habe es auch Fälle gegeben, bei denen das Feuer auf einen Raum begrenzt blieb – nur weil die Tür geschlossen war.
6. Ein bisschen Vorbereitung wirkt Wunder
Jede Wohnung ist anders, die perfekte Vorsorge gibt es deshalb nicht. Trotzdem rät Andy Dorroch, sich im Alltag bewusst mit dem Thema auseinanderzusetzen: Welche Gefahrenquellen gibt es? Habe ich genug Rauchmelder? Wo ist ein sicherer Rückzugsraum?„Niemand soll sich verrückt machen“, sagt Dorroch. „Aber ein bisschen mehr Bewusstsein kann im Ernstfall einen großen Unterschied machen – und ist oft sogar beruhigend.“