Sieht nicht nur schön aus, sondern wird auch alt: ein Rennrad mit Stahlrahmen und wenig Technik. Foto: Adobe Stock/Bernd Schwabedissen

Wer nicht ständig neue Fahrräder kaufen will, sollte beim Kauf aufpassen: Manche Teile gehen schnell kaputt. Und E-Bikes haben ein entscheidendes Problem. Christoph Preussler aus der Werkstatt Zweileben Bikes in Stuttgart gibt Tipps.

Bei diesem Teil kann man wohl von einem Greis sprechen: Das älteste Fahrrad, das Christoph Preussler je in seiner Werkstatt in Schuss gebracht hat, war Baujahr 1912. Momentan ist sein ältestes Mitglied in der Fahrrad-Familie in Stuttgart Bad Cannstatt 91 Jahre alt, also aus dem Jahr 1932. „Eigentlich haben Fahrräder keine Lebensdauer“, sagt Preussler. Wer sein Rad gut pflege, könne es theoretisch ewig nutzen. „Aber: Ab sieben Jahre nach dem Kauf fährt man auf einem wertlosen Gegenstand herum.“ Dann hätten Fahrräder kaum mehr einen Wiederverkaufswert.

Upcycling in der Fahrradwerkstatt

Christoph Preussler nimmt sich genau dieser Fahrräder an. Eigentlich ist der 2,01 Meter große Mann gelernter Diplom-Grafikdesigner, lange hat er als freier Werbetexter gearbeitet. Doch vor rund sieben Jahren ereilte ihn eine persönliche Krise; eine lange Beziehung endete, das Dasein als Freiberufler belastete ihn immer mehr.

Er jobbte hier und da, mehr oder weniger zufällig begann er damit, alte Räder zu reparieren. Und das, obwohl er selbst nie leidenschaftlich geradelt ist, „mich interessiert an Fahrrädern vor allem der ästhetische Aspekt.“ Inzwischen steht jeder Zentimeter in seiner Werkstatt namens Zweileben Bikes mit alten Fahrrädern voll, an den Wänden hängen Reifen, in den Regalen stapeln sich Ersatzteile – viele davon bekomme man heute gar nicht mehr im Handel, sagt Preussler. Aus diesen alten Rädern und Ersatzteilen baut er wieder nutzbare Fahrräder zusammen. Upcycling also.

So wenig Technik wie möglich

Wenn man ein Fahrrad kauft, das einem lange Freude machen soll, sollte man keines mit Elektroantrieb wählen, rät Christoph Preussler. „Zum einen sind die Unfallzahlen mit Pedelecs relativ hoch, zum anderen wird der Akku oder die ganze Technik irgendwann versagen – und die zu ersetzen kostet dann so viel wie ein neues Fahrrad.“

Stattdessen empfiehlt der Reparierprofi, es so einfach wie möglich zu halten: wenig verbaute Teile, kaum Technik. Dann könne auch weniger kaputt gehen – und man müsste sich nicht alle paar Jahre ein neues Fahrrad kaufen, erläutert er.

Lieber Stahl als Carbon

Deshalb ist Preussler auch kein Fan von Rädern mit Carbonrahmen – obwohl diese aufgrund ihres geringen Gewichts und schicken Aussehens beliebt sind. Doch ein Carbonrahmen könne auch schon bei kleinen Stürzen Verletzungen abbekommen, die man im Zweifel gar nicht direkt bemerke. „Carbonräder sind etwas für Leute, die etwas mehr Geld haben“, findet er. „Das ist dann ein Spaßartikel, der kaputt gehen darf.“

Wem eine lange Haltbarkeit beim Fahrrad wichtig sei, der müsse einen Stahlrahmen wählen, sagt Preussler. Schöner findet er die sowieso, weil sie filigraner als etwa Aluminiumrahmen seien. Und Aluminium gehe leichter kaputt und sei schwerer zu recyceln – also weniger nachhaltig.

Warum Radreparaturen so teuer sind

Auch für die Bremsen hat Christoph Preussler einen Tipp: Zwar würden hydraulische Scheibenbremsen „toll bremsen“, aber man könne sie in der Regel nicht selbst reparieren. Leichter sei dies bei mechanischen Scheibenbremsen, welche ebenfalls einen starken Zug hätten, aber die man eben auch selbst wieder einfädeln könne.

Und warum sind Reparaturen am Fahrrad eigentlich oft so teuer? Schließlich kann man in Fahrradwerkstätten locker mehrere Hundert Euro hinblättern – ähnlich wie beim Auto, dessen Wert aber ja viel höher ist. Auch in einem Fahrrad steckten viele Teile, erläutert Preussler. Und der Hauptkostenfaktor sei die Arbeitszeit – da wäre es egal, ob man an einem Auto oder an einem Fahrrad herumschraube. Er schlägt vor, es anders zu betrachten: „Der Wert besteht im Wert der Fortbewegung.“ Und den habe man sowohl beim Auto als auch beim Fahrrad.