Der Teich hinter der Schwabenlandhalle (im Hintergrund) muss saniert – oder durch einen Miniwald ersetzt werden. Foto: Dirk Herrmann

Die Fraktion der Stadtmacher und der Grünen setzen auf einen Tiny Forest im Park hinter der Schwabenlandhalle – als Ersatz für den bisherigen kleinen See. Im Fellbacher Rathaus hält sich die Forst-Begeisterung allerdings in Grenzen.

Man könnte meinen, die Idee sei brandneu. Vielleicht ist sie allerdings auch schon mehr als zwei Jahrtausende alt? Denn: War es nicht im Jahr 50 vor Christus, als ein Druide mit dem Namen Miraculix in einem Dorf in Gallien ganz normale Eicheln mit einem Zaubertrank behandelte? Und als Asterix eine dieser Eicheln in ein Loch warf, rauschte in Sekundenbruchteilen ein mächtiger Baum in den Himmel. „Flupp“, so die Lautmalerei zu der Szene. „Sagenhaft“, sagt Asterix staunend, während sein Kumpel Obelix trocken entgegnet: „Wieso, das ist eine Eiche wie jede andere. Ich habe gerade zum ersten Mal eine Eiche wachsen sehen. Ich weiß also nicht, mit welcher Geschwindigkeit sie sonst wachsen.“

 

Dank der magischen Fähigkeiten des Miraculix gelingt es den Galliern, den von den fiesen Römern aus Schikane abgeholzten Wald vor ihrem Dorf in Windeseile wieder zu ersetzen. Die Szenerie ausgedacht und umgesetzt haben, Comicfans wissen es, die beiden französischen Genies, der Texter René Goscinny und der Zeichner Albert Uderzo, und zwar im Band „Trabantenstadt“ aus dem Jahr 1974.

Mehr Bäume sollen für Abkühlung sorgen in Fellbach. Foto: Dirk Herrmann

Tiny Forest in Fellbach: Wann wird aus der Wald-Vision Realität?

Doch vielleicht wiederholt sich Geschichte, und aus Fantasie wird Realität – womöglich sogar im Fellbach von heute? So schnell wie zu Cäsars Zeiten geht es heutzutage natürlich nicht. Ähnliche Zauberkräfte wurden seitdem nicht entwickelt, und die Mühlen der Bürokratie mahlen vermutlich nicht schneller als im alten Rom und seinen Vasallenstaaten.

Aber neue Ideen bringen Schwung ins Land. Eine solche Vision haben jetzt die Fellbacher Stadtmacher entwickelt, eine mittlerweile vierköpfige Fraktion, an deren Spitze die frühen CDU-Fraktionsvorsitzenden Simone Lebherz und Jörg Schiller stehen.

Teichsanierung im Fellbacher Stadtpark würde 240 000 Euro kosten

Fellbach müsse konsequent alle Chancen nutzen, „unsere Stadt klimaresilienter zu machen“, hieß es im Gemeinderat. Eine gute Chance hierzu biete sich beim See im Park hinter der Schwabenlandhalle. „Statt für 240 000 Euro den Teich einmal wieder zu sanieren, könnten wir einen sogenannten Tiny Forest anpflanzen – für einen Bruchteil der Kosten“, erklärte Jörg Schiller.

Bei der jüngsten Exkursion des Gemeinderates nach Veitshöchheim in die dortige Lehr- und Versuchsanstalt hätten sich alle Lokalparlamentarier davon überzeugen können, „dass es auf der Allee zwischen den dicht gepflanzten Bäumen erheblich kühler war als in der Sonne“. Durch ein solches kosten- und klimagünstiges Mikrowäldchen ließe sich „eine gute Abkühlmöglichkeit an heißen Sommertagen schaffen“, beispielsweise für die Spielplatzbesucher direkt daneben.

Schiller: „Wir beantragen die Streichung des Teichprojektes und die Anpflanzung eines solchen Miniwaldes – ohne großes Gutachten, ohne langatmige Konzepterstellung. Einfach Bäume pflanzen – da muss man das Rad nicht neu erfinden!“

Tiny Forest soll Fellbach klimaresilienter machen

Ein Wäldchen, das im Stadtpark Abkühlung bringt, dafür erwärmen sich auch die Grünen. Neue Bäume auf dem Vorplatz des F3-Kombibads seien auf Anregung der Fraktion bereits errichtet worden, so Karl Würz in seiner Haushaltsrede. Doch es benötige noch mehr Engagement. Der entsprechende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen: „Wir bitten zu prüfen, ob im Hotelpark hinter dem Hotel Best Western statt des bisherigen und jetzt sanierungsbedürftigen Teichs ein Mikrowald (Tiny Forest) angelegt werden kann.“

Nun, ganz so neu ist die Idee in Fellbach freilich auch nicht. Denn bereits vor gut drei Jahren erklärte SPD-Fraktionschef Andreas Möhlmann: „Wirksamer Klimaschutz wird durch Wald erreicht.“ Sein Appell an die Stadtverwaltung mit OB Zull an der Spitze: „Wir beantragen, dass Sie untersuchen, auf welcher Fläche im Stadtgebiet aufgeforstet werden kann, damit neue Waldflächen als ,Fellbacher Wald‘ angelegt werden können.“ Auf konkrete Vorschläge, wo genau man den neuen Wald denn im Stadtgebiet anpflanzen solle, verzichtete die SPD bewusst: „Wir sind ja keine Förster“, so Möhlmann seinerzeit auf Nachfrage unserer Redaktion.

Reaktion auf Tiny Forest im Fellbacher Rathaus durchwachsen

Die Reaktion im Fellbacher Rathaus auf den sozialdemokratischen Forst-Vorstoß im Spätwinter 2022 fiel eher durchwachsen aus. Angesichts der weitschweifigen, in Schachtelsätze gegossenen Antwort war dies eher eine glatte Abfuhr. Die damalige Erklärung im genauen Wortlaut darf man sich auf der Zunge zergehen lassen: „Die bisherigen Bestrebungen, einen vogel-, insekten- und pflanzenartenfreundlichen Mix an klassischen Landwirtschaftsflächen und extensiv bewirtschafteten Blüh-, Mäh- und Streuobstwiesen – unter anderem auch durch das Zurückdrängen von Verbuschung – zu erhalten und zu gestalten, würden durch die Anlage eines künstlichen Waldes komplett konterkariert.“

Ob dies noch gilt und wie die aktuelle Haltung der Rathausverantwortlichen ist, bleibt vorläufig offen. Große Begeisterung verbreitet die Verwaltung in ihrem Statement eher nicht: Man rege an, die Vorschläge einer alternativen Ausgestaltung und Nutzungsänderung noch in diesem Frühjahr in die Gremien zu bringen – „einschließlich der Einschätzung eines Tiny Forests, also Mikrowäldchens“.

Fellbacher Waldanteil aktuell bei 11,4 Prozent

Dem Statistischen Landesamt zufolge, das seit mittlerweile einem Jahr seinen Sitz in Fellbach ganz in der Nähe des Bahnhofs hat, kommt bei einer Fellbacher Markungsfläche von 2270 Hektar der Wald auf 11,4 Prozent des Gesamtgebiets. Vielleicht werden es also ein paar Hundertstelprozent mehr, wenn der Tiny Wald dann doch kommen sollte.