Timo Werner will nach dem Wechsel-Theater im vergangenen Jahr nur noch nach vorne blicken. Foto: Getty

Nach einer durchwachsenen Saison knöpft Timo Werner nach seiner Vertragsverlängerung in Leipzig wieder an alte Leistungen an. Der Ex-VfB-Spieler will wieder durchstarten – auch bei der DFB-Elf.

Hamburg - Es gehört zu den gängigen Aufwärmübungen, dass Fußballer auch mal rückwärts laufen, ehe sich Blick und Körper wieder nach vorne richten. Bei Timo Werner, diesem geschmeidigen, turboschnellen Angreifer, sieht dieser fließende Übergang von rückwärts auf vorwärts traditionell etwas dynamischer und eleganter aus als bei, sagen wir, Niklas Süle oder Matthias Ginter.

Das Wechseltheater vergessen lassen

Die schnellen Bewegungen des Nationalstürmers beim Training am Mittwoch am Hamburger Millerntor, dort also, wo sich die DFB-Elf auf das EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande im Volkspark an diesem Freitag (20.45 Uhr/RTL) vorbereitet, haben in diesen Tagen aber auch etwas Symbolträchtiges. Denn Timo Werner blickt nicht mehr lange hinter sich. Er dreht sich nach vorne und lässt die Vergangenheit ruhen. Und das im Sauseschritt.

Timo Werner hat nur noch die Zukunft im Sinn.

Lange war alles unklar um dieses einst größte Versprechen des deutschen Fußballs, lange lief Werner weder vor noch zurück, er war irgendwo im Nirgendwo, gefangen zwischen eigenen Interessen und jenen seines ehemals potenziellen neuen Clubs (FC Bayern) und seines aktuellen (RB Leipzig), bei dem Werner nach langem Hin und Her kürzlich seinen Vertrag doch noch bis 2023 verlängert hat.

Aufschwung spürbar

Der ehemalige VfB-Stürmer selbst würde es wohl nie so sagen, er sagte es auch die Tage in Hamburg nicht – aber seitdem er die Signatur aufs Papier gesetzt hat, gibt es auf dem Platz positive Signale. Es läuft wieder bei Werner, die drei Tore, die er zuletzt im Bundesligaspiel bei Borussia Mönchengladbach erzielte, sind ein Sinnbild für den Aufschwung.

Nun, in der Nationalelf, will der Angreifer genauso weitermachen – nachdem er in den Monaten zuvor oft nur zweite Wahl gewesen war und nicht an Marco Reus, Leroy Sané und Serge Gnabry vorbei kam. Jetzt fällt Sané lange verletzt aus, und Werner ist auch unter Joachim Löw plötzlich wieder in einer komfortablen Situation. Denn er ist nicht weniger als eine Art Hoffnungsträger. Auch mit Blick auf die EM 2020, bei der noch niemand weiß, ob Sané bis dahin wieder komplett fit ist.

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Bei Werner gab es in den vergangenen Monaten andere Ungewissheiten, die grundsätzlicherer Natur waren. Das Interesse des FC Bayern war schon länger verbrieft, aber irgendwann machten die Münchner nicht mehr so richtig ernst, sie wollten Leroy Sané holen – und Werner, wenn überhaupt, nur als eine Art Beiwerk. Zumal sie ja wussten, dass sein Vertrag in Leipzig 2020 ausläuft und er dann ablösefrei zu haben wäre.

Zweifel bei den Bayern

Irgendwann aber war in dem ganzen Hickhack sogar zu hören, dass Werners Vertrag mit den Bayern längst ausgehandelt sei – als es dann aber plötzlich keinerlei Signale mehr aus München gegeben habe, soll das Werner-Lager ordentlich verstimmt gewesen sein. Wenig später dann verlängerte der Stürmer seinen Vertrag in Leipzig, inklusive einer Ausstiegsklausel über etwa 30 Millionen Euro. Damit war der für Leipzig drohende ablösefreie Abschied im nächsten Sommer vom Tisch. Dass es aber alles andere als ausgeschlossen ist, dass Werner 2020 nach München wechselt (und die Bayern dann eben eine Ablöse zahlen müssen), steht auf einem anderen Papier.

Löws Rolle bei der Vertragsverlängerung

Die Bayern hatten offenbar leise Zweifel an Werner, was angesichts recht schwankender Leistungen 2019 nicht wirklich überraschte. Jetzt scheint Werner nach geklärtem Vertragsstand wieder auf bestem Wege zu sein, durchzustarten – dass er das weiter in Leipzig tut, hängt auch mit dem Bundestrainer zusammen. Löw habe ihm „zu verstehen gegeben, dass unser neuer Trainer Julian Nagelsmann ein guter Coach ist und ich unter ihm einen weiteren Schritt gehen kann“, sagt Werner, der einige Kritikerstimmen nach der Vertragsverlängerung, wonach er sich den nächsten Schritt zu einem größeren Club nicht zugetraut haben soll, so kontert: „Ich bin doch kein Angsthase, wenn ich bei einem guten, ambitionierten und attraktiven deutschen Club wie RB Leipzig einen Vertrag verlängere. Ich bin 23 Jahre alt und habe immer noch Zeit, irgendwann den großen Schritt zu einem anderen, noch größeren Verein zu gehen“.

Werner merkte, dass sein Weg unter Nagelsmann positiv verlaufen kann: „Er hat signalisiert, dass er auf mich setzt, dass ich großes Potenzial habe und er mich verbessern möchte.“

Timo Werner also ist fast gegangen, um zu bleiben. Nach den beiden EM-Qualifikationsspielen gegen die Niederlande und am Montag in Belfast gegen Nordirland stürmt er wieder in der Bundesliga für RB. Und der nächste Gegner heißt: FC Bayern München.