Timo Werner (20) bejubelt seine Tore künftig für RB Leipzig Foto: dpa

Timo Werner sagt zum VfB Stuttgart Servus, verteilt aber nicht seine obligatorischen Kusshändchen. Dafür ist das Verhältnis inzwischen zu sehr abgekühlt.

Stuttgart/Leipzig - Das Wehklagen an der Basis hält sich in Grenzen, und das überrascht angesichts der Fakten dann doch ein wenig. Timo Werner, seit seinem achten Lebensjahr in Diensten der Roten und eines der größten Talente, die der Verein in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat, kehrt seinem VfB den Rücken. Und wechselt zu RB Leipzig, jenem Club also, der bei den meisten Fans ähnliche Assoziationen hervorruft wie das aktuelle Sommerwetter.

Der bei solchen Transfers übliche Aufschrei blieb jedoch aus. Es überwiegt das wohlige Empfinden angesichts einer Ablöse, die knapp über zehn Millionen Euro liegen wird und sich je nach sportlichem Erfolg des Spielers und Vereins auf 15 Millionen erhöhen könnte. Ein gutes Geschäft, lautet der Tenor. Und auch bei Werner selbst und beim Club aus Cannstatt hält sich der Abschiedsschmerz in überschaubaren Grenzen.

Er wollte eigentlich nie woanders spielen

„Ich kann mir nicht vorstellen, woanders als beim VfB zu spielen“ – dieses Treuebekenntnis vor zwei Jahren, so ehrlich es damals auch gemeint war, löste sich im Laufe der abgelaufenen Saison im Wunsch nach einem schleunigen Tapetenwechsel auf. Der 20-Jährige war es leid, ständig zum Sündenbock gestempelt zu werden – erst von Trainer Alexander Zorniger ( Küsschen-Affäre), später von den Arrivierten in der Mannschaft. Und nicht zuletzt der Fans. Jetzt zieht der Junge aus Stuttgart-Münster den Schussstrich und verabschiedet sich aus seiner Heimat – ganz ohne Kusshand. Auch wenn der Transfer wegen letzter zu klärender Details als noch nicht perfekt gilt. Er soll im Laufe dieser Woche verkündet werden.

In Leipzig trifft Werner auf eine funktionierende Mannschaft, ein intaktes Umfeld und viele alte Bekannte. Auf Frieder Schrof, den langjährigen Jugendleiter in Cannstatt und jetzigen Leipziger Nachwuchschef zum Beispiel. Er und nicht zuletzt Sportchef Ralf Rangnick haben dem U-21-Nationalspieler die glänzenden Perspektiven aufgezeigt, die sich dem Aufsteiger mit dem Red-Bull-Imperium im Rücken bieten. Spätestens im zweiten Jahr Bundesliga soll die Europa- League anvisiert werden. Wer Rangnick kennt, weiß, dass er nur Spieler unter seine Fittiche nimmt, von deren Entwicklungspotenzial (woran bei Werner in Stuttgart zuletzt gezweifelt wurde) er überzeugt ist. Meistens liegt der Sportchef damit richtig.

VfB plant mit Simon Terodde als Nachfolger

Zum Selbstläufer dürfte die Sache beim Aufsteiger für Timo Werner aber nicht werden. Die Konkurrenz im Angriff mit Davie Selke und Yussuf Poulsen wird dem Neuling alles abverlangen. Dennoch ist sein Umfeld überzeugt, dass der Wechsel sportlich passt. Das Spiel des neues Trainers Ralph Hasenhüttl mit frühem Pressing und sich bietenden Räumen sei perfekt auf den schnellen Stürmer zugeschnitten.

Also so ziemlich das Gegenteil von dem, was die Offensivabteilung des VfB in der kommenden Zweitligasaison erwarten dürfte, nämlich vor allem tief stehende Gegner. Der VfB ist bei seiner Suche nach dafür geeignetem Personal ebenfalls einen Schritt weiter: Der Transfer mit Zweitligatorschützenkönig Simon Terodde vom VfL Bochum steht kurz vor dem Abschluss.