Tim Berresheim: „Sachte Plätzen bei Schweinesonne (tcb)“ (Detail, 2017) Foto: Tim Berresheim/Galerie Foto:  

Tim Berresheim geht ein hohes Risiko ein: Wer wie der Absolvent der Düsseldorfer Akademie auf Anspielungen, Verdichtungen und die Überlagerung analoger und digitaler Bildanteile setzt, kann sich leicht verlieren.

Stuttgart - Künstler, Musiker, Label- und Projektraumbetreiber – eine Aufzählung, die Aktualität suggeriert und doch aus einer anderen Zeit zu kommen scheint. Aus der Ära der Ironie, aus der Zeit der Versuche, Abstand zu gewinnen zu der Idee einer durch das Künstler-Ich gewonnenen Kunst. Sigmar Polke hatte die Tür geöffnet, durch die vor allem Martin Kippenberger, Werner Büttner sowie Markus und Albert Oehlen Riesensprünge auf die internationale Bühne machten.

Künstler, Musiker, Label- und Projektraumbetreiber – diesen Stempel trägt nun Tim Berresheim. 1975 in Heinsberg geboren, lebt er in Aachen. Studiert hat er bei Johannes Brus in Braunschweig und bei Albert Oehlen in Düsseldorf. Wichtiger als die Namen sind die mit ihnen verbundene Methodik, das mit ihnen verbundene Verständnis von Kunst.

Offen wird die Bild(er)findung als Ergebnis von Analyse, der Identifikation relevanter Module und deren Verwendung in neuen Zusammenhängen deklariert. Wer wie Berresheim auf Anspielungen, Verdichtungen und die Überlagerung analoger und digitaler Bildanteile setzt, kann sich leicht verlieren. Berresheim aber gewinnt das von ihm initiierte Spiel über die Kunst und deren Geschichte.

Was ist digital, was analog produziert?

„Auf der Pirsch“ heißt – folgerichtig – die zweite Einzelausstellung von Berresheim in der Galerie Reinhard Hauff in Stuttgart (Paulinenstraße 47, Di-Fr 13-18 Uhr ). Ja, da ist einer auf einem Streifzug – weniger durch das Unterholz als durch die Kunstgeschichte. Wer die Möglichkeiten der Collage mit digitalen Mitteln ernst nimmt, landet schnell bei den Multi-Media-Schrittmachern, die im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts unter der Flagge von Dada die Grenzen zwischen Kunst und Leben lächelnd, aber doch mit bitteren Botschaften überschritten. Vor 100 Jahren mittendrin: Max Ernst. Und gerade so, als ob es eines Beweises bedurft hätte, wie weit das Surrerale die Kunst tragen kann, zeigt Berresheim in seinen neuen Arbeiten die von Max Ernst in Hauptwerken der 1940er und 1950er Jahre gerufenen tanzenden Geister als gänzlich gegenwärtige Phantasmen.

Was ist digital, was analog produziert, wie überlagert sich was? Man kann das mit Blick auf Berresheim fragen – und landet doch in der Interpretationsleere. Denn Berresheim eignet sich mit ungemein präzisem Zugriff ebenso das Bildvokabular an, das der Kritiker Wolfgang Max Faust in seiner Bestandsaufnahme„Dies alles gibt es also“ 1982 dokumentierte wie auch die Malerei von Peter Kogler und Jonathan Lasker. Tim Berresheim? Ist, mit allem Ernst der Ironie, ein großer Erzähler der Kunst und ihrer Geschichte – und wird von Reinhard Hauff in einer unbedingt sehenswerten Schau präsentiert.

Stuttgart und die Kunst

Noch mehr Kunsttermine: Der Gestalter Roman Mares und die Fotografin Anne Schuber bitten an diesem Sonntag zwischen 11 und 15 Uhr in das Galeriehaus in Stuttgart (Breitscheidstraße 47). In Marko Schachers Raum für Kunst stellen sie ihr Buchprojekt „erundsie“ vor. Den passenden Rahmen bieten die Ausstellung mit Werken von Justyna Koeke und Roman Mares sowie der in den „Klub Krakow“ verwandelte Galerie-Nebenraum.

Eine spektakuläres Gastspiel ermöglicht die Galerie Abt Art (Rembrandtstraße 18) – eine Schau mit Arbeiten des französischen Künstlers Alain Clément. Mit seinen linearen Figurationen kann Clément noch immer internationalen Rang beanspruchen. Zur Eröffnung an diesem Freitag um 19.30 Uhr spricht Adrienne Braun, Kritikerin der „Stuttgarter Zeitung“.

Auch die Galerie Strzelski (Rotebühlplatz 30) eröffnet an diesem Freitag um 19 Uhr eine neue Schau – mit Bildern von Stefan Wieland.

Eine „Wiederentdeckung“ verspricht die Galerie Valentien für ihren Auftritt auf der Kunstmesse Art Cologne (26. bis 29. April): Zu sehen sein werden Bilder des Esslinger Malers Volker Böhringer.