Konzentriertes Arbeiten am 'Dilemma Flipping' Foto: StN

Der Aufenthalt der Schüler des Stuttgarter Dillmann-Gymnasiums in Singapur bei der internationalen GALES-Konferenz neigt sich dem Ende - die Schüler aber sind in Höchstform.

"Kapitalismus ist ein guter Diener, aber ein schrecklicher Herrscher"

Der Smog hat sich noch nicht verzogen, noch immer werden sehr hohe Konzentrationen gemessen. Den Aufenthalt an der inzwischen sehr grauen Luft sollen wir tunlichst vermeiden. Ob die verteilten Atemmasken wirklich etwas nutzen, oder eher die Psyche beruhigen sollen, ist auch fraglich. Zum Glück musste aber unser Programm nicht abgesagt werden - sonst hätte auch unser heutiger Referent Dr Tan Lai Yong nicht kommen können. In seinem Vortrag über 'Globalisierung und das Dorf' stellte er die Frage, ob der typisch "westliche" Einfluss wirklich immer der beste ist, oder man nicht vielmehr von den eingeborenen Kulturen lernen und versuchen sollte, die Traditionen nachvollziehen und zu respektieren. Immer wieder provozierte er angestrengtes Nachdenken zum Für und Wider und den besonderen Herausforderungen gut gemeinter Hilfeleistung für Entwicklungsländer mit seinen Beispielen aus fünfzehn Jahren Arbeit als Arzt im ländlichen China. Auch wenn wir danach heftig diskutiert haben, ob es in seinem Vortrag letztlich ein Fazit, einen Aufruf oder eine Nachricht an uns Zuhörer gab oder nicht, war es auf jeden Fall interessant einen so engagierten und spannenden Menschen zu erleben.

Danach stand die gemeinsame Arbeit in unseren Interessensgruppen (SIG) im Vordergrund - eine Erfahrung, die mindestens genauso eindrücklich war, wie die vielen verschiedenen Programmpunkte der letzten Tag. Die Dilemmata des TiltShift Summit 2013 stellen Probleme dar, welche nicht gelöst werden können, sondern bei denen es lediglich zwei oder mehr unterschiedliche Entscheidungsmöglichkeiten gibt, die immer Vor- und Nachteile bieten. Dass es schwer ist, einer somit als ausweglos erscheinenden Situation positive Aspekte abzugewinnen (das Flipping), war uns allen klar - umso engagierter stürzten wir uns heute in die Breakouts, also die Dikussions- und Arbeitsphase.

Unsere SIG wurde aufgeteilt in zwei Gruppen, die jeweils das Problem einer der beiden NGOs unseres Lokaltermins bearbeiten sollte. Dazu wurden die Delegationen aufgeteilt, sodass wirklich in jeder Gruppe eine Mischung der Kulturen vorhanden war - was die Arbeit umso spannender und besser machte!

Das Problem, welches sowohl "Health Serve", wie auch "H.O.M.E" beschäftigt, ist der mangelnde Schutz und die Versicherung der immigrierten Arbeiter in Singapur, beziehungsweise die Durchsetzung bestehender Regeln. Da wir leider nicht einfach die hier geltenden Gesetze nach unserem Gutdünken umgestalten können, mussten wir also einen anderen Weg suchen, Einfluss darauf zu nehmen. Wir einigten uns darauf, dass durch bessere Information der Singapurer über die Arbeitsbedingungen und den daraus resultierenden Schicksalen vieler hier lebenden ausländischen Arbeiter Solidarität generiert werden könnte und so ein gesellschaftlicher Druck zur Verbesserung der Bedingungen aufgebaut werden könnte.

Doch wie nimmt man effektiv Einfluss? Wie erreicht und informiert man die Masse? Wen wollen wir denn überhaupt informieren? Dazu hatten wir viele Ideen, manche verrückter, andere profaner, aber es sind gute Ergebnisse entstanden: So könnten NGOs wie H.O.M.E. verstärkt auf die Zusammenarbeit mit religiösen Gemeinden und Gemeinschaftszentren setzen. So gäbe es mehr Austausch zwischen der Singapurischen Bevölkerung und den Migranten, und die Migranten würden verstärkt integriert. Zudem könnte man die Jugend mehr über dieses Thema aufklären, durch Vorträge oder Diskussionen im Rahmen des Schulunterrichts. Um viele Menschen zu erreichen, haben wir zudem ein Social-Media-Konzept für H.O.M.E erarbeitet: Durch regelmäßige Nutzung von facebook kann man viele Menschen erreichen, mit twitter schnell Themen und Informationen verbreiten - dazu haben wir uns sogar einen Hashtag überlegt: #abroadyethome. Dieser würde im Idealfall eine Debatte wie z.B. #aufschrei auslösen. Aber auch Spendenabende und Werbeplakate wurden als gute Ideen empfunden.

Morgen werden wir in der Abschlusskonferenz unsere Probleme und Lösungsideen nicht nur allen anderen Delegationen vorstellen, sondern auch Vertretern der entsprechenden NGOs. Für diese Präsentationen haben wir den ganzen Nachmittag und Abend mit vielen Diskussionen, Ideen, Mindmaps, Teams, Begeisterung und Freude diskutiert und gearbeitet, und wurden so zu eingeschworenen Teams. Jetzt kommt es noch darauf an, unserer Ergebnisse gut zu präsentieren ... ein bisschen nervös macht uns das schon, nach den vielen guten Rednern der letzten Tage jetzt selber vor einem Hörsaal voller kritischer Zuhörer für unsere Sache zu streiten.

Der Countdown läuft, die Zeit vergeht wie im Flug - morgen schon sind unsere Präsentationen und die Abschlusszeremonie. Und wir haben das Gefühl, als wären wir gerade erst angekommen!