In Tübingen wird mit Rhesusaffen experimentiert. Foto: dpa/Symbolbild

Versteckt aufgenommene Bilder aus dem Tübinger Max-Planck-Institut zeigen Affen mit blutenden Wunden, einige Tiere müssen sich übergeben oder wirken traumatisiert. Die Aufnahmen bringen Aktualität in eine bekannte Debatte: Wieviel Leid rechtfertigt die Forschung?

Affen mit offenen Wunden, Tiere, die sich übergeben - eine mit versteckter Kamera gefilmte Dokumentation von "Stern TV" bringt das Tübinger Max-Planck-Institut in Erklärungsnot.

Tübingen - Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen steht nach Recherchen des Fernsehmagazins „Stern TV“ wegen Tierversuchen an Affen in der Kritik. Ein Tierschützer hatte sich als Pfleger in das Institut eingeschleust und mit versteckter Kamera Aufnahmen gemacht, die das Magazin am Mittwochabend ausstrahlte. Darauf waren unter anderem Affen mit offenen Wunden zu sehen, einige Tiere übergaben sich, andere zeigten Anzeichen einer Traumatisierung. Das Institut war am Donnerstag zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Auf der Homepage des Instituts heißt es zu den Tierversuchen: „Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik beachtet die gesetzlichen Vorgaben zur Haltung von Versuchstieren und übertrifft sie sogar in mehreren Punkten.“ Die Haltung der Tiere - bei den Versuchen kommen demnach vor allem Rhesusaffen zum Einsatz - werde regelmäßig von den zuständigen Behörden überprüft.

Zudem würden Affen in den kognitiven Neurowissenschaften nur dann eingesetzt, wenn dem Menschen weniger nahe stehende Arten keine Antworten auf die gestellten Fragen geben können.

Auf den Aufnahmen, die auch auf der Webseite von „Stern-TV“ gezeigt werden, sind Affen mit Implantaten am Kopf zu sehen. Eines der Tiere hat einen blutverschmierten Kopf, einem anderen läuft Spucke oder Erbrochenes aus dem Mund.

Der Bund muss klare Vorgaben machen

Die Landesbeauftragte für Tierschutz, Cornelie Jäger, zeigte sich „erschüttert“ von den ausgestrahlten Bildern. Sie unterstrichen den dringenden Diskussionsbedarf bei diesem Thema, teilte Jäger mit. „Wir müssen auf mindestens zwei Ebenen diskutieren - zum einen, ob Experimente an Tieren, die solche Belastungen beinhalten, überhaupt noch genehmigungsfähig sind, und zum anderen, ob man wirklich alle wissenschaftlichen Fragen, die man stellen kann, auch stellen darf.“

Bei der Frage der Genehmigungsfähigkeit gebe das bundesweit geltende Tierschutzgesetz den Rahmen vor, sagte Jäger. Der wissenschaftliche Nutzen müsse dabei größer sein als die Belastungen der Tiere. Der Bund müsse klare Vorgaben für eine umfassende Belastungseinschätzung bei allen Versuchstieren machen, forderte Jäger. „Außerdem muss noch einmal über eine absolute Belastungsobergrenze für die Tiere diskutiert werden, was aber durch die Bundesregierung erfolgen muss.“

Der Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ kritisierte die Versuche als zweckfreie Grundlagenforschung ohne jede klinische Relevanz. „Eine auf reiner Neugier basierende Tierversuchsforschung ist ethisch nicht zu rechtfertigen, blockiert den medizinischen Fortschritt und ist eine immense Verschwendung an Steuergeldern“, teilte die wissenschaftliche Mitarbeiterin Katharina Kühner mit. Der Verein forderte von der grün-roten Landesregierung den Ausstieg aus der Primatenhirnforschung.

Im Südwesten wurden nach Angaben des Wissenschaftsministeriums 2012 mehr als 544 000 Wirbeltiere in Tierversuchen verwendet oder für wissenschaftliche Zwecke getötet. Bundesweit waren es 2012 knapp 3,1 Millionen Tiere, wie aus einer Statistik des Bundesagrarministeriums hervorgeht. Darunter waren mehr als 2,2 Millionen Mäuse, außerdem 418 000 Ratten, 166 000 Fische und 97 000 Kaninchen.