Feldhasen und Kaninchen sind am stärksten von der Krankheit betroffen. Foto: dpa/Boris Roessler

Besonders Hasen und Kaninchen sind von der Krankheit betroffen. Auch Menschen können sich mit dem Bakterium infizieren, das mittlerweile dauerhaft in Baden-Württemberg vorkommt.

Allein das Wort löst bei Menschen Ängste aus: Pest. Im Mittelalter hat die von einem Bakterium verursache Krankheit unzählige Menschen das Leben gekostet. Erst seit der Entdeckung von Antibiotika hat die Krankheit ihren Schrecken verloren.

 

Trotzdem überkommt viele Menschen immer noch ein ungutes Gefühl, wenn sie nun die Meldung des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums lesen: Demnach sind den Gesundheitsämtern im Land im laufenden Jahr bis Ende August 17 Fälle der so genannten Hasenpest gemeldet worden. Ihren Namen verdankt die Krankheit der Tatsache, dass das Beschwerdebild der Erkrankten dem der Pest ähnelt – und es vor allem Hasen und Wildkaninchen sind, die davon betroffen sind.

Tularämie in der Region Stuttgart

Entdeckt wurde die Hasenpest in diesem Jahr in Städten wie Freiburg und Karlsruhe und unter anderem in den Landkreisen Rastatt, Neckar-Odenwald, Hochschwarzwald, Rottweil und Konstanz. Auch in der Region Stuttgart, in den Kreisen Esslingen und Böblingen, sind laut den Behörden kranke oder an Tularämie – so der Fachausdruck für die Hasenpest – verendete Tiere gemeldet worden. Der Rems-Murr-Kreis, Göppingen, Ludwigsburg und Stuttgart selbst sind in diesem Jahr bisher verschont geblieben.

Auslöser der Tularämie ist der Bakterium Francisella tularensis. Es lebt vor allem in Parasiten wie Flöhen, Läusen, Wanzen oder Zecken und wird von ihnen vorrangig auf wild lebende kleine Säugetiere – neben Hasen und Kaninchen auf Mäuse, Ratten und Eichhörnchen – übertragen. Auch Haus- und Nutztiere wie Schafe, Schweine, Rinder, Hunde und Katzen können sich mit der Hasenpest infizieren.

Hasenpest in Baden-Württemberg

In Deutschland tritt Tularämie vergleichsweise seit erst kurzer Zeit auf: Erste Fälle wurden im Jahr 2004 gemeldet. Im Südwesten gibt es einen deutlichen Anstieg der Fälle seit 2016. Seither gehen die Behörden davon aus, dass die Tularämie in ganz Baden-Württemberg endemisch ist, dass der Erreger also dauerhaft vorkommt. Die Zahl der erkrankten Tiere ist zwar überschaubar und in den vergangenen Jahren auch nicht signifikant gestiegen. Allerdings dürfte die Dunkelziffer hoch sein, da nicht alle verendeten Tiere gefunden und untersucht werden.

Das Hauptproblem ist, dass auch Menschen sich mit der Hasenpest infizieren können – und deshalb auch meldepflichtig sind. In diesem Jahr sind bisher elf Fälle von Tularämie im Land gemeldet worden. Menschen infizieren sich meist durch den direkten Kontakt mit den infizierten Tieren – etwa Jäger beim Ausnehmen von Feldhasen oder durch das Einatmen von infiziertem Staub. Aber auch nicht ausreichend erhitztes Wildbret oder Mückenstiche und Zeckenbisse können die Ursache sein. Dabei sind bereits sehr geringe Erregermengen ausreichend, um eine Infektion auszulösen. Zur Risikogruppe zählen neben Jägern auch Waldarbeiter, Outdoor-Sportler und Menschen, die in ländlichen Gebieten wohnen.

Geschwüre und Lungenentzündungen

Erkennen lässt sich die Hasenpest an Fieber, Haut- und Schleimhautveränderungen, massiv angeschwollenen Lymphknoten, Geschwürbildung, Darmerkrankungen und Lungenentzündungen. In der Regel stellt die Krankheit jedoch keine todbringende Gefahr dar und lässt sich mit Antibiotika gut behandeln.

Grund zur Panik besteht also nicht, betont Simone Hotz, die Sprecherin des Landratsamts in Böblingen: „Die Gefährdung für die Bevölkerung ist als extrem gering einzustufen.“ Generell aber gelte, dass man sich von verendeten Tieren fernhalten und die örtlichen Jagdpächter informieren sollte. Diese seien geschult und könnten sich entsprechend schützen.

Hasenpest-Untersuchung in Baden-Württemberg

Auch das Landratsamts Tübingen rät wegen der Übertragungsgefahr auf Menschen, einige Grundregeln zu beachten: Wichtig sei, sagt die Sprecherin Martina Guizetti, kranke oder tote Wildtiere nicht anzufassen. Guizetti: „Da auch Bremsen und Schafzecken die Erkrankung übertragen können, ist ein Mückenschutz sinnvoll.“ Überhaupt nehme man das Thema ernst: Das Tübinger Gesundheitsamt habe die Jägerschaft einbezogen und darum gebeten, auf tote Hasen und Kaninchen zu achten und diese gegebenenfalls zu einer genaueren Untersuchung einzusenden. Im Rems-Murr-Kreis sind 2023 drei Personen an Hasenpest erkrankt, im Kreis Esslingen eine. In Tübingen ist in diesem Jahr ebenfalls eine Person nachweislich an Hasenpest erkrankt. Der Verlauf sei aber milde gewesen, dem Patienten gehe es gut. In Stuttgart ist zuletzt 2021 ein Mensch an Hasenpest erkrankt.

Hasenpest in Baden-Württemberg

Vorkommen
Das Bakterium Francisella tularensis holarctica hat ein breites Wirtsspektrum von mehr als 100 Arten von Säugetieren, Insekten, Vögeln und Amphibien. Beim Feldhasen verläuft die Infektion normalerweise innerhalb von einem bis drei Tagen tödlich.

Übertragung
Menschen infizieren sich meist durch den direkten Kontakt mit infizierten Tieren, durch das Einatmen infizierten Staubs oder über Zecken- und Mückenbissen. Einen regionalen Schwerpunkt gibt es im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Aber auch Orte wie Oberboihingen (Kreis Esslingen) hatten schon Fälle von Hasenpest.