Die Haselmaus ist keine Maus, sondern die kleine Verwandte des Siebenschläfers. Foto: NABU

Eine teure, gut gemeinte Brücke erzürnt Naturschützer in Bayern.

München - Zurzeit schläft sie, eingerollt in Laub und Moos; nichts ahnt sie von ihrem Glück, das auch ihr Unglück sein könnte. Sie hat nämlich Karriere gemacht in den letzten Wochen, die kleine Haselmaus, die in Brehms Tierleben als „eines der niedlichsten, anmutigsten und behendesten Geschöpfe“ unter den Nagetieren bezeichnet wird. Dem (zuzüglich Schwanz) daumenlangen Tierchen hat man im bayerischen Vilshofen eine zwanzig Meter lange, sieben Meter hohe, knapp 100 000 Euro teure Brücke gewidmet. Das edelstählerne Monstrum soll es der Haselmaus ermöglichen, die neue dreispurige Ortsumgehung gefahrlos zu queren. Der Nager vom Typ Bilch steht auf der Roten Liste; sichtlich seltener geworden ist die Haselmaus in den Artenschutz-Karten seit zwanzig Jahren. Wenn jetzt auch noch Autos mitten durchs Wohngebiet rauschen . . .

Das Staatliche Bauamt Passau verteidigt sich

Und doch ist es genau die Brücke, die örtliche Naturschützer auf die Palme bringt. „Total daneben gegangen! Für die Katz!“, urteilt Helgard Gillitzer vom Vilshofener Bund Naturschutz. Denn auf der anderen Seite der Straße wird, wo vordem Nuss- und andere haselmausfreundliche Sträucher wuchsen, zurzeit ein Wohngebiet aus dem Boden gestampft. Was also soll das Mäuschen sich dort holen außer einem Riesenfrust? Das Staatliche Bauamt Passau verteidigt sich: Es gebe jenseits der Straße – allen menschlichen Wohnhöhlen aus Ziegel und Beton zum Trotz – immer noch „Haselmauslebensräume“, und das Gesetz befehle eben zu verbinden, was die Straße zerschneide. „Die Behörde und die Wohnbaufirmen haben nicht miteinander geredet, und sie haben geglaubt, uns nicht zu brauchen“, schimpft dagegen die Naturschützerin Gillitzer.

Und außerdem: Ein Tierchen, das sonst am liebsten nur hurtig von Ast zu Ästchen hüpft, wie kommt das auf einen stählernen Laufsteg vom Typ Katzenbrücke? Ganz einfach, entgegnet das Staatliche Bauamt: Wir legen Reisig als „Leitern“ in die Pfeiler; an die Straßendämme pflanzen wir Kletterbäume – und wenn die Mäuschen im März aufwachen, finden sie alles in bester Ordnung. „Wir betreten Neuland“, freut sich die Behörde, und Naturschützerin Gillitzer hofft, dass man bei der zweiten Brücke besser nachdenkt. Die steht nämlich noch aus.