Vor Kurzem sind Ida Cammerers Gäste alle ausgeflogen. Bis zur nächsten Raupensaison bleiben ihr zahlreiche Fotos als Erinnerung. Foto: Marek R. Swadzba/AdobeStock, non

Die 78-Jährige Seniorin pflückt alljährlich Hunderte Raupen, bevor sie dem Mähtod anheimfallen.

Adelberg - Jetzt sind alle ausgeflogen. Hunderte bunte Schmetterlinge hat Ida Cammerer auch in dieser Saison wieder gerettet. „Die Tiere sind ja nützlich. Die brauchen wir doch in unserer Umwelt“, erklärt die 78-Jährige, die in Adelberg früher mit ihrem vor zwei Jahren verstorbenen Mann das Gasthaus Lamm und heute immer noch ein Gästehaus mit Fremdenzimmern betreibt.

Im Juni wird die Nahrungsquelle der Raupen abgemäht

Sie gilt nicht gerade als flatterhafter Mensch, aber dennoch haben es ihr die schillernden Schmetterlinge seit einigen Jahren besonders angetan. „Wir waren früher viel mit dem Hund unterwegs. Und dabei sah man die Raupen immer auf den Brennnesseln sitzen“, sagt sie. Allerdings drohe den Tierchen im Frühsommer häufig Gefahr. „Der erste Heuschnitt wird oft genutzt, um auch die Brennnesseln wegzumachen. Davon ernähren sich aber die Raupen des Tagpfauenauges und des Kleinen Fuchses. Also haben wir irgendwann angefangen, die Brennnesseln mit den Raupen zu pflücken“, erzählt Ida Cammerer. Als erste Behausungen mussten ausgediente Gurkengläser mit gelochten Deckeln herhalten, von denen es aus der ehemaligen Gastronomie noch etliche im Haus gab.

Ein bisschen Wilhelma im Wintergarten

Mittlerweile hat sich Ida Cammerer professionalisiert. Ein Fliegenhaus hat sie sich bauen lassen. Sobald es sich mit den schwarzen Raupen des Tagpfauenauges und den leicht gesprenkelten des Kleinen Fuchses füllt, sorgt sie täglich für frisches Futter aus Brennesselkraut, und ab und an gibt es eine feuchte Dusche für die Raupen aus der Sprühflasche.

„Nach vier Wochen beginnen sie dann damit, sich zu verpuppen. Und dann dauert es noch mal zwei bis vier Wochen, bis sie schlüpfen“, erklärt Cammerer. Dann lässt sie die Schmetterlinge wieder frei. Bei Regenwetter allerdings gewährt sie ihren Schützlingen auch noch länger Asyl. Gefüttert wird dann mit Obst und frisch gepflückten Blumen. „Das ist dann wie in der Wilhelma“, sagt Cammerer. Normalerweise hat sie dann in ihrem Garten noch lange Freude an ihren Zöglingen. „In diesem Jahr ist der Flieder aber schon so früh verblüht, da sind alle schon weg.“

Die Kinder freuen sich am meisten

Im Ort ist Ida Cammerer längst als Schmetterlingsmutter bekannt. Da kommt es schon mal vor, dass ihr auch andere Adelberger einen Strauß Raupen vorbeibringen. Und auch die Kinder des Kindergartens sind regelmäßig im Sommer zu Gast bei Ida Cammerer. Ein Fotoalbum dokumentiert die Erlebnisse mit den Schmetterlingen. Auch seltene Schwalbenschwänze oder den Russischen Bär hat sie schon gehütet. Aber nicht alle Arten kommen ihr ins Haus. „Da gibt es ja auch richtige Schädlinge“, erklärt sie. Den seltenen Totenkopfschwärmer beispielsweise überlässt sie lieber der natürlichen Auslese. Die stattliche große grüne Raupe ernährt sich gerne vom Kartoffellaub, der Falter hat es auf Bienenhonig abgesehen. Damit kennt sich Ida Cammerer aus.

„Mein Großvater hatte Bienen, da habe ich auch mitgeholfen“, erinnert sie sich. Vermutlich stamme auch aus dieser Zeit schon ihre Sicht auf die Insektenwelt. „Das war mir von klein auf präsent, dass auch die kleinsten Tierchen nützlich sind und gebraucht werden“, sagt sie.

Umso mehr freut sie sich, dass bis heute nicht nur ihre Gäste, sondern vor allem die Enkel und die Kindergartenkinder sich am meisten für ihr privates Schmetterlingsraupenasyl begeistern und sie diesen den Blick für die Natur schärfen kann.