Wird die Wildsau überfahren, hat der Jäger ein Problem. Foto: dpa

Die Tierkadaverstelle ist geschlossen. Die Ditzinger Einrichtung gilt künftig als Anlaufstelle. Die Jäger sind verärgert.

Gerlingen - Die Katze ist gestorben, der Kanarienvogel hat sein letztes Lied gepfiffen und ein Wildschwein hat auf der Landstraße nach einem Autounfall sein Leben ausgehaucht. Was haben diese Kreaturen gemeinsam? Sie müssen fachgerecht entsorgt werden. Doch die im Gerlinger Bauhof dafür betriebene Stelle ist seit August geschlossen. Sie soll auch nicht erneuert werden – wenn es nach dem Bürgermeister Georg Brenner geht. Erstens kostet dies eine fünfstellige Summe plus Unterhalt. Und zweitens sieht es der Rathauschef auch aus anderen Gründen nicht ein. Er kam aber damit im Verwaltungsausschuss nicht im ersten Anlauf durch.

Die Sammelstelle im Bauhof hatte zwei Kühlboxen, in denen Tierkadaver bis zur Abholung gelagert wurden. Diese Kühlanlage ist defekt. Eine Neueinrichtung koste 20 000 bis 25 000 Euro plus 4000 bis 5000 jährlicher Aufwendungen, führte die Verwaltung aus. Genutzt wurde die Anlage praktisch nur noch von den Jagdpächtern der Stadt – Gerlingen besitzt 800 Hektar Wald, zehn Jäger teilen sich die Reviere. Sie haben auch die Pflicht, überfahrenes Wild abzuholen. Privatleute haben nur selten ihre verstorbenen Haustiere abgegeben.

Keine „handgestrickte Lösung“

„Wir sind nicht zuständig für dieses Angebot“, sagte Brenner im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats. Das sei Sache des Landkreises. Im Ditzinger Bauhof werde eine Sammelstelle betrieben. „Wir können es nicht mehr leisten“, so Brenner. Es gehe nicht nur ums Geld, man müsste auch die Fachkräfte mitsamt Schutzausrüstung vorhalten. Was Mitarbeiter des Bauhofes bisher getan hätten, sei unzumutbar gewesen. Er sehe nicht ein, so Brenner, dass die Stadt eine solche Anlage vorhalte, wenn in zumutbarer Entfernung eine geeignete Einrichtung vorhanden sei. Eine „handgestrickte Lösung“ könne es nicht geben, schon alleine wegen des Gesundheitsschutzes der Mitarbeiter.

Brenner erhielt Zustimmung und Gegenwind von den Stadträte. Die CDU, so Gabriele Badenhausen, finde es nicht zumutbar, die Leute nach Ditzingen zu schicken. Frank Moll (SPD) ist gegenteiliger Meinung – und es sei ja nicht jede Nacht ein Tierkadaver zu entsorgen. Für Martin Maisch (Freie Wähler) kam „da einiges zusammen“. Zum einen habe sich niemand um die Kühlboxen gekümmert. Tote Tiere im Wald zu vergraben, eine legale Alternative zur Entsorgung, sei nicht realistisch. Und schließlich sei es nicht erwünscht gewesen, dass der Bauhof als Ablieferstelle bekannt wurde. Es habe niemand danach gefragt, konterte der Kämmerer Alexander Kern. Man einigte sich darauf, das Thema im Forstausschuss weiter zu besprechen. Zuvor soll ein Gerlinger Tierarzt gefragt werden, ob er seine Kühleinrichtung zur Verfügung stelle.

Jäger sind verärgert

Ein Gerlinger Jäger verließ die Sitzung sichtlich verärgert. Seine Kollegen und er bezahlten hohe Pacht, und jetzt sollten sie auch noch nach Ditzingen fahren, um tote Tiere abzuliefern. Eine nächtliche Bergung nach Unfällen komme etwa zehnmal im Jahr vor. Tiere im Wald zu vergraben sei zu aufwendig – man müsse einen Meter in die Tiefe und treffe meist auf Fels. Der Sprecher der Gerlinger Jäger, Hans-Paul Eulenbruch, hatte schriftlich darauf verwiesen, die von der Stadt genannten Investitionen seien deutlich zu hoch. Eine ähnliche Lösung wie bisher komme auf 4000 bis 5000 Euro. Wildabfälle sollten auch aus medizinischen Gründen „nur kurz transportiert und sauber entsorgt werden“. Die Jäger müssten etwa 150 Mal im Jahr die Sammelstelle aufsuchen. Sie seien enttäuscht und unzufrieden, wenn die Gerlinger Anlage geschlossen werde.

In der Sammelstelle im Ditzinger Bauhof an der Leonberger Straße können während der Öffnungszeiten (montags bis donnerstags 7 bis 16 Uhr und freitags 7 bis 12 Uhr) verstorbene Haustiere in einer Box abgelegt werden. Diese würden regelmäßig geleert, sagte der Rathaussprecher Guido Braun. Die Sammelstelle sei auch für die Bevölkerung aus Gerlingen und Korntal-Münchingen geöffnet. Jäger, die Wild als Opfer von Autounfällen anlieferten, hätten einen Schlüssel. Weitere Sammelstellen gibt es in Ludwigsburg, Vaihingen/Enz und Marbach. Der Landkreis übernimmt die Kosten der Abholung mit gut 10 000 Euro pro Jahr. Zudem verwies ein Sprecher auf private Tierfriedhöfe und -krematorien und die Möglichkeit, tote Haustiere auf dem eigenen Grundstück zu vergraben.