Die stellvertretende Leiterin Nicole Fischer mit einem ihrer Schützlinge im Tierheim Erlach Foto: Gottfried Stoppel

Die Tierheime im Rems-Murr-Kreis haben die Coronazeit gut überstanden. Einige der Tiere sind schwer vermittelbare Kandidaten – sie warten in Erlach und Schorndorf auf neue Menschen.

Ein paar Pfund zu viel – diese Beschreibung ist bei Aike noch recht untertrieben. Die Parson-Russel-Terrierhündin ist früher einmal auf Jagden mitgelaufen und eigentlich ein munterer Charakter, doch angesichts ihres starken Übergewichts kommt sie jetzt recht schnell aus der Puste. „Sie war lebensgefährlich fettleibig“, erzählt Andrea Braun, Pflegerin im Tierheim Erlach. Ihr Herrchen sei an Demenz erkrankt, „er hat sich schlicht nicht daran erinnert, ob er sie schon gefüttert hatte“. Jetzt wartet Aike zusammen mit anderen Tieren im Tierheim auf ein neues Zuhause.

Die Tierheime im Rems-Murr-Kreis haben die Coronakrise recht gut überstanden. Eine Welle von abgegebenen Tieren, vor allem angeblichen Rassehunden zweifelhafter Herkunft, wie sie beispielsweise in Ludwigsburg zu bemerken war, haben die meist kleineren Einrichtungen hier nicht erlebt. In Winnenden beispielsweise scheinen in der Coronazeit eher Kleintiere abgegeben worden zu sein. Auch im Tierheim in Schorndorf ist derzeit eher wenig los. Wobei Sabine Hermann, die Vorsitzende des Schorndorfer Tierschutzvereins, betont: „Ich könnte mir vorstellen, dass wir Tierheime die Coronazeit noch nicht ganz ausgestanden haben.“ Denn die Zeit mit Urlaub, vielen Terminen und Veranstaltungen, also Gründen, ein Tier abzugeben, gehe erst jetzt wieder richtig los.

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In den Tierheimen des Kreises warten dennoch einige schwer zu vermittelnden Tiere auf ein neues Zuhause. Verdient hätten sie es allemal. Denn oft haben die Tiere eine traurige Hintergrundgeschichte. Die Besitzerin der beiden Katzen Sattelite und Sternchen beispielsweise war gestorben. Sie und die beiden Katzen wurden erst nach mehreren Tagen in der Wohnung gefunden, als die Polizei die Türe öffnete. „Sie sind bis heute ein bisschen traumatisiert und auch nicht mehr ganz jung“, sagt Hermann. Auch Penny, fast 13 Jahre alt, ist eine eher schüchterne Katze, die ein ruhiges Zuhause braucht – und geduldige Menschen, die ihr etwas Zeit geben, bevor sie sich kraulen lässt.

Nicht nur Katzen leben derzeit im Tierheim Schorndorf: Nach einer Beschlagnahmung von fast 20 Wellensittichen warten noch vier der Vögel, die nur paarweise vergeben werden, auf ein neues Zuhause. „Der Besitzer ist in den Strafvollzug gekommen“, sagt Sabine Hermann.

Besichtigungen im Tierheim oft nur nach Vereinbarung

Auch das Tierheim in Erlach, das vom Tierschutzverein Backnang und Umgebung betrieben wird, hat die Coronazeit recht gut überstanden, erzählt Nicole Fischer, die stellvertretende Leiterin. „Wir haben jetzt nur Besichtigungen nach Terminvereinbarung – und auch für die Tiere geht es so viel entspannter zu.“ Die Zahl der Tiere, die zur Hochzeit der Pandemie abgegeben wurde, sei nicht außergewöhnlich hoch gewesen. Die Fragen, denen sich Interessenten für eines der Tiere stellen müssen, haben sich teilweise aber gewandelt. „Wir haken nach, ob es einen Plan B gibt, wenn irgendwann kein Homeoffice mehr möglich sein sollte“, sagt Fischer. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Vierbeiner irgendwann wieder im Heim landen.

Egal, ob in den Heimen gerade viel oder wenig los ist: Immer wieder gibt es unter den Bewohnern solche Kandidaten, die niemand so wirklich haben möchte. „Oft kann man gar nicht sagen, woran es liegt“, sagt Sabine Hermann vom Tierheim Schorndorf. Manchmal seien die Tiere nicht die Verschmustesten, schon älter oder einfach schüchtern. „Aber weil wir ein kleines Tierheim sind und es oft nicht so viel Auswahl an jüngeren, hübscheren Tieren gibt, stehen die Chancen bei uns aber ganz gut, dass auch solche Kandidaten ein neues Zuhause finden“, sagt Sabine Hermann zuversichtlich.

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