Den Hunden im Tierheim Botnang ist’s egal, ob Stadt und Tierschutzverein einen neuen oder modifizierten Vertrag abschließen – Hauptsache, das Tierheim bleibt bestehen. Foto: Leif Piechowski

Die Finanzierung des Tierheims Botnang ist weiter ungewiss. Die Stadt fordert konkrete Zahlen, wenn sie mehr Geld geben soll. Der Tierschutzverein betrachtet den Vertrag mit der Stadt indes als gekündigt und will einen neuen. Sollte die Stadt sich querstellen, will der Verein vor Gericht ziehen.

Stuttgart - Am Wochenende wird im Tierheim Botnang das alljährliche Sommerfest begangen. Grund zum Feiern gibt es in diesem Jahr allerdings nicht. Denn der Tierschutzverein Stuttgart (TSV), der Träger des Tierheims Botnang ist, befindet sich in einer finanziellen Notlage. Nun steht auch noch ein Streit mit der Stadt ins Haus – notfalls auch vor Gericht.

Der Tierschutzverein sieht die Stadt in der Pflicht, dem Tierheim aus der prekären Lage zu helfen. Derzeit bekommt das Tierheim jährlich 200 000 Euro Aufwandsentschädigung von der Stadt – im Gegenzug beherbergt es alle herrenlosen Tiere. Somit ist das Tierheim Dienstleister der Stadt Stuttgart, die gesetzlich dazu verpflichtet ist, die Tiere unterzubringen.

Den Vertrag mit der Stadt, der seit gut 20 Jahren besteht und immer auf fünf Jahre festgeschrieben ist, hat das Tierheim nun auf den 31. Dezember 2013 gekündigt.

„Dieser Vertrag kann nicht so einfach gekündigt werden“, sagt Hermann Karpf, der Referent von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer. „Anfang 2010 wurde der Vertrag neu festgelegt, er läuft nun bis zum 1. Januar 2015.“

Verein denkt nicht daran, geforderte Unterlagen herauszugeben

Die Stadt fordert, dass das Tierheim seine finanzielle Situation „vollständig offenlegt“. Schairer hat in einem Schreiben das Tierheim um die notwendigen Unterlagen gebeten – am besten bis zum 5. Juli. „Wir wollen schnellstmöglich und noch vor der Sommerpause in Gespräche eintreten können, um eine Lösung zu finden“, sagt Karpf.

Wie eine solche Lösung aussehen könnte? „Wenn uns das Tierheim plausibel darlegt, dass es von den 200 000 Euro, die die Stadt gibt, bereits das meiste ausgegeben hat, dann muss eine Hochrechnung gemacht und eine Vorlage eingereicht werden. Der Gemeinderat entscheidet dann, ob die Stadt Geld nachschießt“, sagt Karpf. Schließlich handle es sich um Steuergelder, die gewissenhaft ausgegeben werden müssten.

Doch Angelika Schmidt-Straube, die Vorsitzende des Tierschutzvereins, denkt gar nicht daran, der Stadt die geforderten Unterlagen zu liefern. „Aus unserer Sicht ist die Kündigung des Vertrags vollzogen“, sagt sie.

In einem Schreiben von Martin Pechmann, Tierschutzbeauftragter des TSV Stuttgart, an die Stadt, das unserer Zeitung vorliegt, schreibt dieser, dass es sich bei der Vereinbarung zwischen der Stadt Stuttgart und dem TSV um einen Vertrag ohne geregelte Kündigungsfristen handle. „Daher kam eine Kündigung nach Paragraf 624 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit einer Frist von sechs Monaten in Betracht“, schreibt Pechmann. Von dieser Position abzuweichen ist der Tierschutzverein nicht bereit. Notfalls will man sogar gegen die Stadt klagen: „Sollte die Stadtverwaltung die Kündigung zum 31. Dezember 2013 zurückweisen, muss sich der Tierschutzverein überlegen, ob er mit der Stadt den gerichtlichen Weg beschreitet“, steht in dem Schreiben vom 10. Juni zur aktuellen Situation des Heims zu lesen.

Mehr als 200.000 Euro Spenden gesammelt

„Wir stellen die Bedingungen, weil wir der Dienstleister sind“, sagt Schmidt-Straube. Sie fordert die Stadt auf, auf eine der neuen Vertragsmöglichkeiten einzugehen, die der Tierschutzverein vorgelegt hat – oder selbst einen Vorschlag zu machen. Die beiden Vorschläge des Tierschutzvereins finden sich ebenfalls in dem Brief von Pechmann.

Das erste Angebot schlägt eine „jährliche Pauschale in Höhe von 500 000 Euro (ohne die Anlieferung der Tiere, die durch den städtischen Tiernotdienst und somit auf Kosten der Stadt erfolgt) bzw. eine jährliche Pauschale in Höhe von 600 000 Euro inklusive Anlieferung“ vor. Das zweite Angebot geht von einer „jährlichen Kopfpauschale von 0,77 Euro pro Einwohner (entspricht 472 000 Euro) ohne Anlieferung bei einer jährlichen Steigerung von 1 Cent bzw. eine jährliche Kopfpauschale von 0,93 Euro (570 000 Euro) inklusive Anlieferung“ aus.

Wenn die Stadt nicht auf diese Vertragsmöglichkeiten eingehen sollte oder selbst ein Angebot unterbreite, dann solle sie unter den jetzigen Bedingungen „doch das Angebot ausschreiben und schauen, ob sie jemanden findet, der es günstiger macht“, so Schmidt-Straube.

Derzeit laufe zudem noch – unabhängig vom Vertrag – eine Zuschussanfrage des Tierschutzvereins an die Stadt: „Dafür haben wir natürlich alle Unterlagen beigelegt – die Bilanzen von 2009 bis 2012“, sagt Schmidt-Straube. Glücklich ist die Vorsitzende des Tierschutzvereins über die Solidarität der Bürger. „Wir haben mehr als 200 000 Euro an Spenden sammeln können“, sagt sie. Auch rund 20 neue Mitglieder konnte man gewinnen.