80.000 Euro sind schon an Spenden fürs Tierheim eingegangen Foto: Leif Piechowski

In Stuttgart wird Tierliebe großgeschrieben: Obwohl die finanzielle Notlage des Tierheims Botnang erst vor kurzem bekannt wurde, sind bereits rund 80.000 Euro Spenden eingegangen, um die Schließung zu verhindern.

Stuttgart - In Stuttgart wird Tierliebe großgeschrieben: Obwohl die finanzielle Notlage des Tierheims Botnang erst vor kurzem bekannt wurde, sind bereits rund 80 000 Euro Spenden eingegangen, um die Schließung zu verhindern. Dennoch ist das Tierheim nach wie vor auf die Hilfe der Stadt angewiesen.

Angelika Schmidt-Straube atmet auf. „Ich bin überwältigt von der Großzügigkeit der Stuttgarter“, sagt die Vorsitzende des Tierschutzvereins Stuttgart. Der Verein ist Träger des größten Tierheims in Baden-Württemberg, des Stuttgarter Tierheims in Botnang. Nachdem vor etwa einer Woche bekannt wurde, dass das Tierheim kaum noch finanzielle Reserven hat und sich höchsten noch zwei bis drei Monate über Wasser halten kann, haben Privatleute und Firmen spontan gespendet.

Die laufenden Kosten liegen bei rund 150.000 Euro pro Monat

„Eine Stuttgarterin hat uns 50 000 Euro in Aussicht gestellt. Viele Firmen bieten ihre Unterstützung an“, sagt Schmidt-Straube und freut sich, dass die Spendenhotline heißläuft. Jeder Anruf dort bringt dem Tierheim immerhin knapp fünf Euro ein, so dass inklusive der 50 000-Euro-Spende das Spendenbarometer laut Tierheim bereits bei etwa 80 000 Euro stehen dürfte. Damit ist die Versorgung der Bordercollie-Welpen Alois und Anatol sowie der insgesamt rund 1000 Hunde, Katzen, Hasen und Meerschweinchen, die derzeit im Tierheim auf ein neues Zuhause warten, noch einige Zeit länger sichergestellt.

Aus dem Schneider ist das Stuttgarter Tierheim damit aber längst noch nicht. Die laufenden Kosten liegen bei rund 150 000 Euro pro Monat und summieren sich im Jahr auf rund 1,8 Millionen Euro. „Weil wir kaum geerbt haben, mussten wir erstmals unsere eisernen Reserven angreifen“, sagt Schmidt-Straube. Sie sieht die Stadt in der Pflicht, die ihren Zuschuss trotz steigender Strom-, Tierarzt- und Futterkosten sowie der wachsenden Zahl von Fundtieren seit 2008 bei 200 000 Euro pro Jahr eingefroren hat. „Ohne höhere Zuschüsse sind wir auf Dauer nicht überlebensfähig“, sagt sie.

Nicht nur das Stuttgarter Tierheim kämpft ums Überleben. Auch das Heim in Tübingen steht nach eigenen Angaben im kommenden Jahr vor dem Aus, falls nicht die Stadt eingreift oder eine unerwartete Erbschaft das Fortbestehen sichert. Die Tübinger Tierschützer gehen davon aus, dass jedes zweite Tierheim in der Bundesrepublik von der Insolvenz bedroht ist. „Besser sieht es nur dann aus, wenn zum Beispiel wie in Reutlingen eine hohe Erbschaft gemacht wurde“, sagt André Hermes vom Tierheim in Tübingen. Er plädiert dafür, den Tierheimen die Hundesteuer, die ein Relikt aus dem Mittelalter sei, zukommen zu lassen. „Dann ginge es den Heimen und damit den Tieren gut.“

Den Tierheimen in der Region Stuttgart geht es nicht viel besser

Den Tierheimen in der Region Stuttgart geht es nicht viel besser als denen in Stuttgart und Tübingen. Das Heim in Ludwigsburg hat ein Budget von rund 950 000 Euro. Aus der öffentlichen Hand gibt es pro Einwohner im Kreis Ludwigsburg 0,20 Cent plus zehn Prozent der eingenommenen Hundesteuer pro Jahr. Damit lassen sich nur knapp ein Drittel der Kosten decken. „Wir sind alles andere als auf der sicheren Seite. Sobald die Erbschaften ausgehen, müssen auch wir um unsere Existenz zittern“, sagt Tierheimleiterin Ursula Gericke.

Eberhard Neubrand, Vorsitzender des Tierschutzvereins Göppingen, wirft den Gemeinden ebenfalls Knausrigkeit vor. „Die Kreisgemeinden nehmen rund 800 000 Euro Hundesteuer ein. Davon bekommen wir lediglich zehn Prozent. Damit können wir nur zwölf Prozent unseres Aufwands bestreiten“, sagt er und fordert 1,50 Euro pro Jahr und Einwohner. „Damit könnten wir wirtschaften.“ Von seiner Kritik nimmt Neubrand die Stadt Göppingen aus: „Wenn es eng wird, hilft uns die Stadtveraltung.“

Auf die Unterstützung von Stadtverwaltung und Gemeinderat hofft nun auch das Stuttgarter Tierheim. Die Fraktionen sind sich einig, dass man das Tierheim nicht vor die Hunde gehen lassen darf. „Wir müssen helfen. Es geht nicht, dass die Existenz des Heims von Erbschaften abhängig ist“, sagt zum Beispiel Bernd Klingler, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Gemeinderat, und kann sich vorstellen, einen Betrag vorzuschießen, bis die Finanzierung des Tierheims auf festen Füßen steht. Grüne und CDU haben bereits einen Antrag gestellt, die Situation im Verwaltungsausschuss nach den Pfingstferien zu analysieren. CDU-Stadtrat Philipp Hill hätte sich allerdings gewünscht, dass das Tierheim früher auf seine prekäre Situation aufmerksam gemacht hätte. „Das konnten wir nicht, weil wir nie vorhersagen können, wie hoch unsere Erbschaften sind“, weist Schmidt-Straube die Kritik zurück. Um Planungssicherheit zu haben, hält sie einen Zuschuss zwischen 80 Cent und 1,20 Euro pro Einwohner und Jahr für realistisch.