„Der Preis für Hundewelpen ist während Corona sprunghaft angestiegen“, sagt die Tierheim-Leiterin. Foto: dpa/David Ebener

Während der Pandemie sind vielen Menschen angebliche Rasse-Hunde für teures Geld angedreht worden. Nicht wenige davon landeten im Tierheim – weil die neuen Besitzer überfordert waren. Für die Tiere in der Bildergalerie wird jetzt ein Zuhause gesucht.

Ursula Gericke ist eine Freundin klarer Worte. „Von Idioten für Idioten“, sagt die Leiterin des Ludwigsburger Tierheims über die Dinge, die sie in den vergangenen zwei Jahren verstärkt erlebt hat. Es geht um die vielen Menschen, die sich während der Pandemie Hunde angeschafft haben. Oft aus zweifelhaften Quellen und für viel Geld. Anders ausgedrückt: „Von skrupellosen Betrügern an naive Leute, die glauben, alles richtig gemacht zu haben“, so die Tierheim-Leiterin.

2000 bis 3000 Euro für einen Hundewelpen

Der Hunde-Boom kam mit der Ausgangssperre. „So verrückt das klingt“, sagt Ursula Gericke. Die Aussicht darauf, dann wenigstens mit dem Hund raus zu dürfen, hat wohl beflügelt. Zwar habe auch das Tierheim in dieser Zeit – so wie auch jetzt – viele Hunde vermittelt. Aber viele Menschen seien eben an kriminelle oder halbkriminelle Vermittler aus dem Ausland hereingefallen. „Der Preis für Hundewelpen ist sprunghaft gestiegen“, sagt sie. 2000 bis 3000 Euro zahlen die Leute für angebliche Rassehunde „mit irgendeiner rührseligen Geschichte“, die sich fast alle als Mischlinge entpuppten.

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Beispiele hat die Tierheim-Leiterin genügend. Der angebliche Labrador Anton ohne Papiere für 2500 Euro, der einfach ein großer, schwarzer Mischling war: „Sehr wachsam, sehr wild und ungebremst, aber voller Angst, null sensibilisiert auf Außenreize und für die Familie kaum an der Leine zu führen“, beschreibt Gericke.

Oder der vermeintliche Ungarische Vizsla, ein Familienhund, der „für immens viel Geld irgendwo im Osten bei einem so genannten Züchter in der Garage gekauft wurde“. Das böse Erwachen kam zuhause. Das Tier war bissig, sprang den Familienmitgliedern an den Hals. „Die waren total verzweifelt“, sagt Gericke, die mit ihren Mitarbeitern das Problem schnell erkannt hat.

„Das war ein völlig normaler Jagdhund, der viel zu jung von der Mutter und seinen Geschwistern weggenommen wurde. Da hat einfach alles gefehlt, was Hunde in ihrer Sozialisierungsphase so mitbekommen.“ Nach sechs Wochen bei einer Kollegin, die sich intensiv gekümmert hat, konnte das Tier inzwischen vermittelt werden.

„Die Familie steht Kopf“

Viele haben sich in den vergangenen zwei Jahren im Tierheim in Ludwigsburg gemeldet: Sie kommen mit ihrem Hund nicht klar, „der Haussegen hängt schief, die Familie steht Kopf“. Die Geschichten ähneln sich alle, sagt die Tierheim-Leiterin. Für die allermeisten habe man inzwischen einen neuen Platz gefunden. „Aber das braucht Zeit und Einsatz.“ Eine ehrenamtliche Kollegin habe zum Beispiel einen Welpen nach dem anderen bei sich zuhause gehabt – um sie ein stückweit zu sozialisieren.

Wichtig ist Ursula Gericke, dass sich Menschen, die damit liebäugeln, ein Tier zu kaufen, das wirklich sehr gut überlegen. „Es muss klar sein, dass es mit Tier ein anderes Leben ist als zuvor“, betont sie. Habe ich die Zeit dazu? Was passiert mit dem Vierbeiner, wenn ich acht Stunden bei der Arbeit bin? Wohin mit dem Tier, wenn ich in Urlaub oder ins Kino will? Und so weiter. „Es ist auch nicht jedermanns Ding, dreimal am Tag Gassi zu gehen.“ Hinzu komme: So ein Tier kostet – und nicht wenig: Tierarzt, Ausbildung, Futter, Steuer . . .

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Und alle Hundebesitzer müssen sich bewusst machen: Das Tier muss ausgebildet werden. Ein Hund kann nicht „Sitz“ und „Platz“ von Anfang an. „Das scheint vielen nicht klar zu sein“, sagt Gericke. Ein Hund müsse Situationen kennenlernen, muss an kleine Kinder oder alte Menschen gewöhnt werden, er muss stubenrein gemacht werden. „Manchmal“, sagt die Tierheim-Leiterin, „habe ich das Gefühl, dass manchen Leuten da heute jedes Bauchgefühl fehlt.“

Wer sich für einen Hund entscheidet, muss dann noch entscheiden, welches Tier das richtige ist. Hierbei hilft die Homepage des Tierheims Ludwigsburg. Unter www.tierheim-lb.de gibt es schon einmal viele Tiere zu sehen. Wer wirklich Interesse hat, kann einen Termin ausmachen.